Ein Opfer der Digitalisierung

Manuel von Burg | 
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Mit der Umstellung von der analogen auf die internetbasierende IP-Telefonie ist auch das Faxgerät betroffen. Die Swisscom kann die reibungslose Verwendung nicht mehr garantieren. Symbolbild Pixabay

In Apotheken, am Gericht und im Spital spielt der Fax immer noch eine wichtige Rolle. Im Zuge der Digitalisierung stellen sich nun aber Probleme: Die Zuverlässigkeit ist nicht mehr gewährleistet.

Der Telekommunikationsanbieter Swisscom stellt seit vier Jahren nach und nach von der herkömmliche Festnetztelefonie auf das Internet Protokoll (IP) um. Die Swisscom begründet diesen Schritt damit, dass sich «die heutigen Kundenbedürfnisse mit der bisherigen über 100-jährigen Festnetztelefonie nicht mehr erfüllen» lassen würden. Mit der Umstellung auf die IP-Telefonie könne man beispielsweise einen Filter gegen Werbeanrufe, das Anzeigen des Namens bei einem eingehenden Anruf oder das individuelle Sperren von unerwünschten Nummern durchführen. Laut Swisscom sind bereits 1.6 Millionen Kunden und damit drei Viertel aller Nutzer umgestiegen. In Schaffhausen erfolgte der Umstieg Anfang 2018.

Von der Umstellung von analoger auf internetbasierter Telefonie ist aber auch ein Gerät betroffen, das bis heute in vielen Arztpraxen, Apotheken, Gerichtsräumen und vor allem im Spital zum Einsatz kommt: Der Fax. Grundsätzlich kann das analoge Faxgerät beim Wechsel auf die IP-Telefonie zwar noch weiter verwendet werden, es erreicht aber laut Swisscom «nicht mehr den gleichen Zuverlässigkeitsgrad.» Wenn der Faxdienst 2018 aus der Grundversorgung der Swisscom entfällt, könne eine Garantie für die zuverlässige Übertragung von Faxnachrichten nicht mehr gegeben werden. 

Spitäler Schaffhausen sichern sich ab

In den Spitälern Schaffhausen stehen heute noch ungefähr 100 Faxgeräte, die mehrmals täglich benutzt werden, wie Theo Moser, Leiter der Informatik Spitäler Schaffhausen, bestätigt. «Bis jetzt ist es immer noch das Kommunikationsmittel zwischen Hausärzten und dem Spital», so Moser. Der Vorteil sei, dass das Faxgerät eine gewisse Sicherheit vermittle: «Wenn die Übermittlung eines Dokuments nicht klappt, bekommt man eine Fehlermeldung, was bei einem E-Mail-Verkehr nicht der Fall ist.» Trotzdem sind die Faxgeräte natürlich auch fehleranfällig: «Wenn man eine falsche Nummer angibt, kommt das Fax auch nicht an». Ebenso kritisch steht er dem Argument gegenüber, dass die Übermittlung von sensiblen Patientendaten per Fax sicherer sei als per E-Mail: «Falls kriminelle Energie vorhanden ist und das Gerät im Eingangsbereich steht, kann ein Fax problemlos gestohlen werden.» Dies sieht auch Daniel Lüscher, Direktor der Spitäler Schaffhausen, so: «Die Faxgeräte stehen oft in einem Gang, wo jeder Zugang hat. Deshalb könnte es auch vorkommen, dass jemand das Fax anschaut und wieder zurücklegt.». 

Die Umstellung auf IP-Telefonie erfolgte bei den Spitälern Schaffhausen bereits vor vier Wochen und dies laut Moser ohne grössere Probleme. Einzig im März ist es zu einem Unterbruch der Telefonie gekommen, der nach kurzer Zeit aber behoben werden konnte (shn.ch berichtete)

Da die Kommunikation via Faxgerät aufgrund des Ausstiegs aus der analogen Telefonie der Grundversorgungskonzessionärin Swisscom und anderen Betreibern nicht mehr garantiert wird, setzt man zudem auf ein anderes System: Mit «HIN Mail» ist man einer schweizweiten Plattform beigetreten, deren E-Mail-Verkehr mit einem hohem Verschlüsselungsgrad versehen ist, der garantiert, dass die Patienteninformationen nur für Berechtigte einsehbar sind. Einziges Problem dabei sei, dass noch nicht alle anderen Praxen auf dieses System umgestiegen sind und somit auch nicht untereinander kommuniziert werden kann. Dies sei die Herausforderung, welche sich jetzt noch stelle. Erschwerend komme hinzu, dass man nicht wisse, wie weit die anderen Praxen mit der Umstellung seien: «Raus gehen die Informationen auf jeden Fall. Ob aber der Empfänger technisch bereit ist, ist eine andere Frage», so Moser. 

Schwierigkeiten in der Bahnhofsapotheke

Dieses Problem kennt auch Lea Bolliger, stellvertretende Geschäftsführerin der Bahnhofsapotheke in Schaffhausen. Als eine der ersten Apotheken in Schaffhausen hatten sie bereits im letzten Jahr auf die IP-Telefonie umgestellt. Das Problem: Ihre Empfänger waren noch nicht auf dem selben Stand. «Wir konnten ihnen nichts schicken und sie uns auch nicht», so Bolliger. Die Kommunikation habe kaum funktioniert, es sei ein grosses Problem gewesen. Erst zu Anfang dieses Jahres sei es besser geworden, wahrscheinlich deshalb, weil viele ebenfalls auf die IP-Telefonie umgestiegen seien. 

Beliebt beim Hausarzt und im Gericht

Noch so lange wie möglich am Fax festhalten möchte der Präsident des Schaffhauser Hausarztvereins Martin Bösch. «Das Faxgerät, das bei uns noch täglich im Einsatz ist, ist unkompliziert und zuverlässig», erklärt der Beringer Doktor. Dazu hätten die übermittelten Meldungen Dokumentencharakter, das heisst die Unterschrift auf einem Rezept ist gültig. Auch in Böschs Praxis wurde bereits auf die IP-Telefonie umgestellt. «Wenn die Swisscom wie angedroht das Faxprotokoll nicht mehr übermittelt, müssten wir auf verschlüsselte E-Mails umsteigen, was für uns einen zeitlichen Mehraufwand bedeuten würde», so Bösch. 

Für keine grossen Probleme sorgt die Umstellung bisher am Schaffhauser Kantonsgericht, wo das Faxgerät täglich ein bis zwei mal benutzt wird. «Wir benutzen den Fax nach wie vor für dringliche Zustellungen wie bei Haftfällen oder Grundbuchanweisungen», erklärt der leitende Gerichtsschreiber Ralph Heydecker auf Anfrage. Der Kanton hätte bereits vor längerer Zeit auf IP-Betrieb umgestellt und es gebe bei kantonsinternen Fax-Zustellungen keine Probleme. Bei externen Faxzustellungen werden beim Kantonsgericht die Empfänger vorab informiert. «So können wir sofort reagieren, wenn ein Problem auftaucht», ergänzt Heydecker.

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