Wie Sie Ihrem Kind beweisen können, dass es den Samichlaus wirklich gibt

Ralph Denzel | 
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Was, wenn das Kind nicht mehr an den Samichlaus glaubt? Wir haben Lösungen. Bild: Key

Was, wenn das Kind heute plötzlich zwischen Nüssen und Mandarinen die heikle Frage stellt: «Gibt es den Samichlaus überhaupt?» Keine Sorge: Wir haben ein paar Antworten für Sie parat.

Heute kommt er wieder mit seinem Rauschebart, seiner roten Bischofsmütze und seinem dicken Buch, welches bei Kindern meist mehr Ehrfurcht auslöst als jede Standpauke der Eltern: Der Samichlaus ist unterwegs.

Heute Abend wird er wieder viele Kinder und Familien besuchen – und dabei vielleicht die lieben Kleinen am Ende des Abends mit der brennenden Frage zurücklassen: «Mami, Papi, git's de Samichlaus überhaupt?» Schliesslich hat man ja auch schon öfter von Freunden und Freundinnen gehört, dass der gute Gabenbringer mit der augenscheinlichen Abneigung gegenüber Rasierern gar nicht existiert und in Wirklichkeit die Eltern für die Kinder die Stiefel mit Nüssen, Süssigkeiten oder Geschenken füllen.

Also, was machen Sie? Sind Sie bereit für das Gespräch, das irgendwie doch etwas kindliche Unschuld zerstören wird, oder wollen Sie diese noch eine Weile erhalten? Wenn Sie diesen Artikel lesen, dann suchen Sie gerade eine Möglichkeit, die Existenz des Samichlaus zu verteidigen – wir helfen Ihnen gerne dabei.

Der Samichlaus existierte wirklich

Der Samichlaus basiert auf der Geschichte des Bischofs von Myra, welcher wirklich lebte: Seine Gebeine werden noch heute, unter anderem in Freiburg, als Reliquien verehrt. Für Sie bedeutet das: Suchen Sie sich einen dicken Wälzer, in dem die Geschichte des «ersten» Samichlaus festgehalten ist und legen Sie ihrem Kind einen entsprechenden Bildbeweis vor. Sollte es bereits lesen können, versichern Sie einfach, dass das alles so drinsteht wie Sie es sagen und schlagen Sie das Buch schnell wieder zu. Sonst könnte der Nachwuchs nämlich nachlesen, dass es zwei «echte» Samichläuse gegeben haben könnte: Einmal den Bischof von Myra aus dem Jahr 350, oder aber auch Bischof von Pinora, welcher ein Kloster in Myra gegründet hat.

Nikolaus von Myra, Darstellung als russische Ikone von Alexa Petrow, 1294. Bild: Wikimedia

Für Sie ist aber nur relevant: Sie können Ihrem Kind ein Buch hinlegen, darauf zeigen und sagen: Hier steht es, da war der Samichlaus das erste Mal unterwegs. Heikle Anschlussfrage: «Aber Mami, Papi: Ist er dann nicht schon steinalt?» Einfache Antwort: «Darum hat er auch so einen langen Bart.»

Wer eine Adresse hat, muss auch existieren

Wenn das Kind noch nicht überzeugt ist, haben Sie noch einen weiteren Trumpf in der Hand: Sie zeigen ihm einfach, dass der Samichlaus auch angeschrieben werden kann. «Schau mal hier: Der Samichlaus hat eine Postadresse. Die bekommt man nur, wenn man wirklich existiert. Wir haben ja schliesslich auch eine.» Ihr Kind ist argumentativ schachmatt gesetzt. Wenn es dann die Adresse wissen will: Theoretisch können Sie auch einfach eine Adresse erfinden, denn: Die Post erhält jedes Jahr 16‘000 Briefe - alle adressiert an den Samichlaus, das Christkind oder den Weihnachtsmann. Ein Spezialteam in Chiasso beantwortet diese fortlaufend. Wenn Ihr Kind also sogar ein Antwortschreiben des Samichlaus bekommt, dann muss das doch einfach stimmen!

Warum gibt es immer einen anderen Samichlaus?

Überall sieht man ihn derzeit, den Samichlaus – aber warum ist der denn nicht immer so schön angezogen, wie wenn er die Familien besucht? Das passt doch nicht! Und warum klingt er so anders?

Die Antwort: Der Samichlaus wechselt einfach auch mal seine Kleidung. Sein schickes Gewand, welches ihn so berühmt macht, trägt er nur, wenn er zu artigen Kindern kommt. Sieht ihr Kind also einen Samichlaus, der gerade in irgendeinem Kaufhaus oder sonstwo die kindliche Illusion zu zerstören droht, handelt es sich im Zweifel nur um den Samichlaus in seiner Freizeit. Darum sieht der Bart auch nicht so wallend und schön aus wie normal und auch sein Mantel wirkt irgendwie weniger prächtig. Auch der Samichlaus ist mal gerne legerer unterwegs.

Und die Frage mit der Stimme: Der Samichlaus ist dauernd bei kalten Temperaturen im Freien unterwegs. Da wird man halt mal krank und klingt etwas anders.

Wir sind sparsam, der Samichlaus nicht

Die Rechnungen türmen sich, gerne gerade zur Weihnachtszeit, immer höher und höher. Ein Hoch da auf die kindliche Naivität, die Wörter wie «Zahlungsverzug» oder «Mahnung» noch nicht kennt. Um die Illusion vom Samichlaus aufrecht zu erhalten, ist es aber vielleicht ein guter Zeitpunkt, diese Wörter auch mal dem Nachwuchs beizubringen, denn: Wir haben kein Geld für Geschenke zum Samichlaus – sprich, wenn du was in deinem Stiefel findest, dann muss das von ihm gewesen sein.

Legen Sie Ihrem Kind diesen Brief vor

Wenn alles andere versagt, dann lesen Sie Ihrem Kind einfach den Leitartikel vor, den ein Redaktor der New York Sun im Jahr 1897 geschrieben hat als ein Mädchen die Zeitung fragte: Gibt es einen Weihnachtsmann? Dieser Brief machte weltweit Schlagzeilen und schaffte es im gleichen Jahr auch in die SN – nur als Plädoyer für den Samichlaus, anstatt des Weihnachtsmannes. Wenn dieser Ihr Kind nicht überzeugt, dann können wir wohl auch nicht mehr helfen.

Virginia, deine kleinen Freunde haben unrecht. Sie sind beeinflusst von der Skepsis eines skeptischen Zeitalters. Sie glauben an nichts, das sie nicht sehen. Sie glauben, dass nichts sein kann, was ihr kleiner Verstand nicht fassen kann. Der Verstand, Virginia, sei er nun von Erwachsenen oder Kindern, ist immer klein. In diesem unserem gro ssen Universum ist der Mensch vom Intellekt her ein blosses Insekt, eine Ameise, verglichen mit der grenzenlosen Welt über ihm, gemessen an der Intelligenz, die zum Begreifen der Gesamtheit von Wahrheit und Wissen fähig ist.

Ja, Virginia, es gibt einen Samichlaus. Er existiert so zweifellos wie Liebe und Grosszügigkeit und Zuneigung bestehen, und du weisst, dass sie reichlich vorhanden sind und deinem Leben seine höchste Schönheit und Freude geben. O weh! Wie öde wäre die Welt, wenn es keinen Samichlaus gäbe. Sie wäre so öde, als wenn es dort keine Virginias gäbe. Es gäbe dann keinen kindlichen Glauben, keine Poesie, keine Romantik, die diese Existenz erträglich machen. Wir hätten keine Freude ausser durch die Sinne und den Anblick. Das ewige Licht, mit dem die Kindheit die Welt erfüllt, wäre ausgelöscht.

Nicht an den Samichlaus glauben! Du könntest ebenso gut nicht an Elfen glauben! [...] Die wirklichsten Dinge in der Welt sind jene, die weder Kinder noch Erwachsene sehen können. Sahst du jemals Elfen auf dem Rasen tanzen? Selbstverständlich nicht, aber das ist kein Beweis dafür, dass sie nicht dort sind. Niemand kann die ungesehenen und unsichtbaren Wunder der Welt begreifen oder sie sich vorstellen.

Du kannst die Babyrassel auseinanderreissen und nachsehen, was darin die Geräusche erzeugt; aber die unsichtbare Welt ist von einem Schleier bedeckt, den nicht der stärkste Mann, noch nicht einmal die gemeinsame Stärke aller stärksten Männer aller Zeiten, auseinanderreissen könnte. Nur Glaube, Phantasie, Poesie, Liebe, Romantik können diesen Vorhang beiseiteschieben und die übernatürliche Schönheit und den Glanz dahinter betrachten und beschreiben. Ist das alles wahr? Ach, Virginia, in der ganzen Welt ist nichts sonst wahrer und beständiger.

Kein Samichlaus! Gott sei Dank lebt er, und er lebt auf ewig. Noch in tausend Jahren, Virginia, nein, noch in zehnmal zehntausend Jahren wird er fortfahren, das Herz der Kindheit zu erfreuen.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen heute einen schönen Besuch vom Samichlaus und dass vor allem Ihre Kinder noch lange Freude an ihm haben.

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