Wenn man an Weihnachten im Gefängnis sitzt

Ralph Denzel | 
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Wie ist es, über die Feiertage im Gefängnis zu sein? Bild: Selwyn Hoffmann

Wenn in wenigen Wochen Weihnachten ist, werden viele Menschen nicht bei ihren Familien feiern. Einige davon nicht, weil sie hinter Gefängnismauern sitzen. Wie läuft das in Schaffhausen ab?

Die Weihnachtszeit ist da. Seit Freitag leuchtet die Altstadt, die Lichter des Baums auf dem Fronwagplatz glänzen, die Menschen schlürfen gemeinsam Glühwein und kommen langsam in festliche Stimmung. Es ist eine besinnliche Zeit, die man gerne begeht. Es gibt aber auch Menschen, für die die Weihnachtszeit alles andere als besinnlich und angenehm ist. Zum Beispiel, wenn sie im Kantonsgefängnis sitzen. Wir haben mit dem Gefängnisdirektor Lorenz Ammann gesprochen, was Weihnachten hinter Gittern für die Häftlinge bedeutet.

Alleine mit dem Gedanken

Während der Weihnachtszeit haben viele Menschen das Bedürfnis, Zeit mit ihren Liebsten zu verbringen. In dieser Zeit möchten viel an einem Ort sein, der ihnen vertraut ist und an dem man sich wohlfühlt. Das ist hinter den alten Mauern den Kantonsgefängnisses per se schwierig. Wer, zum Beispiel im Zuge der Besichtigungsmöglichkeit zur Abstimmung über das Sicherheitszentrum, hinter die Mauern geschaut hat, wird verstehen, warum. Die Räume sind mit kaltem Licht geflutet, die Wände dick. Jedes Fenster ist mit schweren Stahlgittern gesichert. Gleichzeitig hat man teilweise einen direkten Blick auf die Weihnachtsbeleuchtung, die derzeit die Altstadt beleuchtet.

Das, ebenso wie das Wissen, dass die Weihnachtszeit ansteht, führt dazu, dass die Gefangenen melancholischer und nachdenklicher werden, wie Gefängnisdirektor Lorenz Ammann weiss. Das liegt auch daran, «dass die Insassen durch die Feiertage nicht arbeiten können und somit mehr Zeit, alleine in ihren Zellen verbringen müssen.» Es komme allerdings auch darauf an, welche Religion die Insassen haben: «Da wir Insassen aus den unterschiedlichsten Ländern haben und somit auch nicht alle der gleichen Religion angehören, ist für viele von ihnen Weihnachten nichts Bewegendes.»

Für diese sei dann eben eher die Belastung durch das Nichtstun schwierig, wie Lorenz Ammann sagt. Allerdings: «Natürlich gibt es auch immer Insassen, die durch ihren Glauben und ihre Sozialisation emotional in ein Loch fallen.» Dann erinnern sich diese «an schöne oder auch unschöne Weihnachtszeit-Erlebnisse in ihrer Freiheit.» Das belaste die Insassen zusätzlich. Generell machten sie sich dann auch Gedanken über ihr Leben, «was sie alles erreicht oder eben auch nicht erreicht haben und was sie von ihrem Leben noch erwarten oder beziehungsweise nicht mehr erwarten können.» 

Wärter kümmern sich mit Gesprächen

Es liege hierbei auch bei den Wärtern und dem Personal, auf die Insassen einzugehen, wie Lorenz Ammann sagt. «Da über die Weihnachtstage die meisten Büros geschlossen sind und in der Regel auch die Rechtsanwälte ihre freien Tage geniessen, haben wir etwas mehr Zeit, mit diesen betroffenen Insassen Gespräche zu führen und ihnen somit besser über diese Tage hinweg zu helfen.»

Das ist teilweise auch nötig, denn auch wenn die Feiertage anstehen, ändert sich laut Erfahrung der Gefängnisleitung nichts am Besucherverhalten von Angehörigen. «Die Feiertage haben auf die Besuche keine Auswirkung», sagt Ammann. Wer sonst keinen Besuch bekommt, bleibt in der Regel auch an Weihnachten alleine. 

Keine Weihnachtsstimmung – aus Sicherheitsgründen

Was, wenn aber ein Häftling Weihnachststimmung in seiner Zelle haben will? Hier greifen für ihn die gleichen - sehr strengen - Sicherheitsbeschränkungen wie im Rest des Gefängnisses. Das bedeutet: «Aus Sicherheitsgründen haben wir keine Weihnachtsdeko.» Wenn ein Angehöriger dem Inhaftierten eine Freude machen will, gelten auch in der Weihnachtszeit die gleichen Bestimmungen, was die Häftlinge von «Draussen» erhalten dürfen. In den höchstens eine Stunde dauernden Besuchen, länger ist nicht gestattet, dürfen Freunde und Familien viele Gegenstände, die typisch für die Weihnachtszeit wären, aus Sicherheitsgründen nicht abgeben. Darunter fallen unter anderem Dinge wie Nüsse mit Schalen, selbsthergestellte Kuchen und Speisen, oder auch Kerzen.

Ganz spurlos geht Weihnachten aber dennoch nicht an den Insassen vorbei, auch hinter Stacheldraht und dicken Mauern findet so etwas wie ein Weihnachtsfest statt. Lorenz Ammann: «Wie an Ostern findet auch an Weihnachten ein gemeinsamer Gottesdienst und Nachtessen statt.» Zudem bekommt jeder Insasse ein «Säckli» mit nützlichem Inhalt.

Auf Nüsse, Weihnachtsgebäck oder echten Kerzenschein müssen die Insassen allerdings warten, bis sie wieder entlassen werden.

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