Brisante Fragen zum Chroobach und Volksbegehren zur Windkraft
Ein Nein der Standortgemeinde zum geplanten Windpark Chroobach wäre nicht sakrosankt. Und die SVP startet eine Volksinitiative.
Windpark Chroobach: Erste politische Entscheide stehen an
Das Windkraftprojekt Chroobach steht vor einem Jahr der Entscheidungen. Das 2012 mit Vorabklärungen in Angriff genommene Projekt hat in den beiden vergangenen Jahren schwerpunktmässig eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchlaufen. Diese ist Voraussetzung dafür, dass für die auf dem Chroobach geplanten vier Grossturbinen eine Nutzungsplanungsrevision durch die Gemeinde Hemishofen vorgenommen werden kann. Die Gemeindeversammlung der Standortgemeinde muss einer Zonenplanänderung zustimmen, damit dort ein konkretes Bauprojekt eingereicht werden kann. Die zweite Voraussetzung ist die Festsetzung des Standorts Chroobach als Winkraftgebiet im kantonalen Richtplan.
Die Vernehmlassung zur Änderung des Kapitels Wind im kantonalen Richtplan ist Ende 2017 abgeschlossen worden. Über 1000 schriftliche Einwendungen waren gegen das Vorhaben eingegangen (die SN berichteten). Die Richtplanrevision geht anschliessend zum Bundesamt für Umwelt und Verkehr zur Prüfung. Gibt das Uvek grünes Licht, entscheidet der Schaffhauser Kantonsrat über die Änderungen. Laut Insidern wird dies im Laufe de Aprils soweit sein. Sagt das Kantonsparlament ja, kann de Antrag für die Zonenplanänderung in Hemishofen gestellt werden. (lbb)
In der Windenergiefrage gerät im Kanton Schaffhausen in diesem Jahr einiges in Bewegung. Nicht nur werden eine Reihe politischer Weichen gestellt (siehe Artikel unten links), auch beim weit fortgeschrittenen Windparkprojekt auf dem Chroobach fallen definitive Entscheide. Und gestern hat nun die SVP eine kantonale Volksinitiative für Mitbestimmung bei Energieanlagen zur Vorprüfung eingereicht – der erste derartige Vorstoss im ganzen Land.
Zuletzt umstritten war beim Chroobach-Projekt die Frage gewesen, ob die Entscheidung einer Standortgemeinde zum Windpark sakrosankt wäre. Dazu gibt es der- zeit unterschiedliche Auffassungen. Ist ein «Njet» Hemishofens zur Nutzung der Windkraft auf ihrem Hausberg Chroobach ein endgültiges «Njet»? Darüber streiten zurzeit die Experten. «Nein, aber ...» lautet die vorläufige Antwort.
Wer hat das letzte Wort?
Die Frage aufgeworfen hatte im November der Ramsemer Gemeindepräsident und SVP-Kantonsrat Josef Würms. Nach Abschluss aller Vorarbeiten und einer Reihe politischer Entscheide müsste seine Nachbargemeinde Hemishofen, auf deren Gebiet vier Windturbinen von 200 Metern Höhe errichtet werden sollen, einer Nutzungsplanungsänderung zustimmen. Diese Anpassung des Zonenplans ist entscheidend – erteilt die Gemeindeversammlung dem Vorhaben eine Absage, ist das Projekt faktisch am Ende. So jedenfalls schien es bislang. In einer Anfrage im Kantonsparlament wollte Würms unter anderem wissen, ob die Gemeindeautonomie wirklich gewährleistet sei und die Gemeinde wirklich das letzte Wort habe.
In seiner Antwort schrieb der Regierungsrat – gestützt auf das Baugesetz: «Gegen eine allfällige Nichtanhandnahme der notwendigen Planungsmassnahmen (der Zonenplanänderung durch die Standortgemeinde, Anm. d. Redaktion) könnten sich legitimierte Akteure wie z. B. Grundeigentümer oder Baurechtsinhaber auf dem Rechtsmittelweg zur Wehr setzen. Wird die Planung an die Hand genommen, aber vom zuständigen Organ abgelehnt, steht den legitimierten Betroffenen ebenfalls der Rechtsmittelweg offen.»
Projektgemeinschaft könnte klagen
Im Klartext: Gegen einen allfälligen negativen Entscheid der Gemeindeversammlung zum Umzonungsplan können sich «legitimierte Betroffene» zur Wehr setzen. Für Würms war daher klar: «Die Gemeindeautonomie kann also ausgehebelt werden» (SN vom 5. Januar 2018).
Doch wer wären diese «legitimierten Akteure»? Auf Anfrage der SN hat das Baudepartement die Aussage präzisiert. Beim Grundeigentümer der betreffenden Waldstücke auf der Gemarkung Hemishofens, auf denen beim Bau des Windparks gegen 20 000 Quadratmeter gerodet werden müssten, handelt es sich um die Stadt Stein am Rhein. Diese hat nach Auskunft des Departements die entsprechenden Grundstücke schon vor längerer Zeit im Baurecht an die Projektgemeinschaft Chroobach Windenergie abgegeben. Diese ist deshalb der Baurechtsinhaber und also berechtigt, gegen ein Nein der Gemeinde zu klagen.
Waadt: Gemeinde bodigte Projekt
«Das ist nicht anders als bei jedem anderen Baugesuch im Kanton», sagt der Baudirektor, Regierungsrat Martin Kessler. Gegen die ablehnende Haltung der Gemeinde könnten die Windpark-Projektgemeinschaft im Prinzip bis vor Bundesgericht ziehen. Der Inhaber eines selbständigen, dauernden Baurechts kann wie ein Eigentümer handeln, kann also auch Rechtsmittel ergreifen gegen die Nutzungsplanung der Gemeinde. Er kann auch prüfen lassen, ob die Gemeinde zu Recht oder zu Unrecht auf eine Planung verzichtet.
Fazit: Ein Zug durch die Instanzen wäre theoretisch möglich. Kessler sagt aber: «Das wäre ein sehr langer und sehr steiniger Weg. Die Projektträger müssten sich sehr genau überlegen, ob sie diesen Weg beschreiten wollen.» Der Kanton als Hauptaktionär des am Projekt massgeblich beteiligten EKS würde hier ein Wörtchen mitreden – und sich dabei vermutlich auf Erfahrungen in anderen Kantonen stützen. Kessler verweist auf das Projekt Mollendruz in der Waadt. Während zehn Jahren hatte eine Gesellschaft am Projekt eines Windparks gearbeitet. Vorletzte Woche sagte eine der betroffenen Gemeinden Nein zum Umzonungsplan, mit 20 zu 11 Stimmen. Dieser Entscheid lasse laut der Projektgemeinschaft die Realisierung des Windparks höchst ungewiss erscheinen, hiess es in den Medien.
Mitten in einer entscheidenden Phase im Windkraftprojekt Choobach kommt nun auch noch die kantonale Volksinitiative der SVP für zwingende Mitbestimmung der Bevölkerung bei Grosswindanlagen. Im Kanton stehen dieses Jahr also ein paar turbulente Debatten bevor.