Geht nicht um persönliche Befindlichkeiten

Daniel F. Koch | 
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Ein Trainer, der leidet: Axel Thoma, Cheftrainer des FC Schaffhausen, hat derzeit nichts zu lachen. Seine Mannschaft ist Tabellenletzter. Bild Michael Kessler

Am Sonntag um 15 Uhr muss der FC Schaffhausen auf der Winterthurer Schützenwiese zum Regionalderby antreten. FCS-Trainer und Sportchef Axel Thoma spricht über die Ursachen des Niedergangs.

Axel Thoma, viele Fussballinteressierte in Schaffhausen fragen sich, was mit dem FCS los ist?

Axel Thoma: Es finden sich typische Verhaltensmuster von Spielern in einer sportlichen Misere. Da passieren Fehler und werden Spiele verloren, die man unter normalen Bedingungen gewinnen kann. Sie trainieren gut, sind in den Partien engagiert und geben immer alles. Nur dass am Ende derzeit nichts für uns herausspringt. Doch wir arbeiten daran, um aus dieser Negativspirale herauszukommen. Wir haben mit unseren finanziellen Möglichkeiten die Mannschaft weitgehend zusammengehalten, aber die Konkurrenz in der Liga hat expandiert.

Der Niedergang Ihres Teams hat ­dramatische Formen angenommen (seit elf Ligaspielen keinen Sieg mehr). Worin sehen Sie die Ursachen, dass der FCS – nach dem zweiten Spieltag immerhin noch Leader – mittlerweile mit einem Punkt Rückstand auf Chiasso Letzter der Challenge League ist?

Thoma: Grundsätzlich ist anzumerken, dass diese Liga noch nie so stark war. Die meisten Gegner konnten ihre Möglichkeiten erhöhen. Zu Saisonbeginn konnten wir unbekümmert auftreten und diese Differenz moralisch kompensieren. Dies kann kurzfristig effektiv sein, wird aber auf Dauer nicht Bestand haben können. Man merkt, dass unsere Substanz im Moment begrenzt ist.

Gegen den FC Aarau sprach nach der Pause alles für den FCS. Die Mannschaft hatte einen 0:1-Rückstand in eine 2:1-Führung umgewandelt und schien das Momentum auf ihrer Seite zu haben. Doch innerhalb von acht ­Minuten geriet man nach dilettantischen Abwehrfehlern in Rückstand. Wie kann so etwas passieren?

Thoma: Genau das war exemplarisch für die Verhaltensmuster, die ich angesprochen habe. Die Spieler gehen hoch motiviert zur Sache, ein schwerer Eigenfehler sorgt dann dafür, dass die Verunsicherung um sich greift und die im Training eingeübten und funktionierenden Automatismen plötzlich nicht mehr greifen. Das ganze Gebilde ist dann zu fragil. Wie gegen Aarau, als die Spieler zehn Minuten nicht auf der Höhe des Geschehens waren, und wir das Spiel aus der Hand gaben. Allerdings habe ich danach wieder eine Reaktion gesehen. Die Mannschaft hat sich bemüht, es aber nicht mehr geschafft noch etwas zu bewegen. Das war einfach schade, weil sich die ­Spieler um ein Erfolgserlebnis gebrach haben.

Bis zur Winterpause stehen noch drei Partien auf dem Programm. Am Sonntag das Derby in Winterthur, danach das Kellerduell gegen den Vorletzten Chiasso auf der Breite und das Auswärtsspiel beim FC Wohlen. Was liegt da noch drin?

Thoma: Wir werden in jedem Spiel versuchen, die maximale Punktzahl zu erreichen. Parallel dazu müssen wir die Planung für die Rückrunde machen. Es gibt Lösungen, um aus dieser Situation herauszukommen. Dazu müsste die Mannschaft punktuell verstärkt werden. Ausserdem muss die Rückrundenvorbereitung sehr intensiv ausfallen.

Ist diese Mannschaft überhaupt konkurrenzfähig?

Thoma: Unter gewissen Voraussetzungen ist sie es. Allerdings müssen wir aufgrund der vorher genannten Gründe für einen Erfolg mindestens 110 Prozent Einsatz bringen, um in der Liga mithalten zu können. Das ist aber für die Spieler nicht konstant möglich. Darum gibt es in den Spielen solche Phasen, die uns letztlich den Sieg kosten.

Das grosse übergeordnete Thema beim FC Schaffhausen ist die Fertigstellung des neuen Stadions, des Lipo-Parks. Ist das die Ursache, dass man die sportliche Entwicklung aus den Augen zu verlieren scheint?

Thoma: Wir sind doch alle froh, dass es Aniello Fontana gelungen ist, gegen alle Widerstände diesen schmucken Fussballtempel für Schaffhausen zu realisieren. Im Zuge dieser Neuerung müsste man natürlich auch den Club neu aufstellen, weitere Unterstützung aus der Region gewinnen und die sportlichen Strukturen modernisieren. Dass der Lipo Park ne­gative Auswirkungen auf die sport­liche Entwicklung hat, lasse ich nicht gelten.

In der Winterpause soll über die ­Zukunft gesprochen werden. Die Gesetze der Branche besagen, dass nach einer solch langen Negativserie das schwächste Glied, der Trainer, ausgewechselt wird. Sie sind auch noch Sportchef. Haben Sie Angst um Ihren Job?

Thoma: Das ist für mich kein Thema, weil ich nach vorn schaue, Lösungen parat habe und weitere suche, um aus der momentanen Situation heraus­zukommen. Diese im Fussballbusiness üblichen Diskussionen bringen ja nichts. Wir kennen die Probleme, wissen, wo wir ansetzen müssen, und hoffen auf Unterstützung. Dann bringen wir den Club auch wieder nach vorn. Und nur darum geht es. Nicht um persönliche Befindlichkeiten.

Wie könnte die Lösung aussehen, um den FCS in der Liga zu halten und den Super-GAU, das heisst, Abstieg in die Promotion League, mit einem neuen Stadion zu vermeiden?

Thoma: Ich habe bereits Ideen entwickelt und Vorschläge gemacht, wie man alles auf eine neue Basis stellen könnte. Es geht um die Vernetzung des Vereins sowie das Treffen innovativer und kostengünstiger Massnahmen. Ich hoffe, dass wir das umsetzen können. Dann kann es für den FCS bald wieder aufwärtsgehen.

Regioderby - Eine heisse Partie in jeder Beziehung

«Der Derby-Charakter wird dem Spiel eine zusätzliche, eigene Dynamik verleihen – das hat die Vergangenheit ­immer wieder gezeigt. Alles in allem ist es ein 6-Punkte-Derby. Für die Fans sind dies beste Voraussetzungen für einen packenden Fussball-Sonntagskrimi. Tatort Schützenwiese», so wirbt Andreas Mösli, der Geschäftsführer des FC Winterthur, für das Nachbarschaftsduell am Sonntag um 15 Uhr auf der Schützenwiese zwischen dem Gastgeber und dem FC Schaffhausen. Beide Teams wollen, ja müssen sogar Punkte einfahren, wollen sie in der Schlussphase dieses Jahres ihre Position verbessern. Winterthurs Trainer Sven Christ hatte am Montag das TV-Spiel zwischen dem FCS und dem FC Aarau (2:3) live auf der Breite beobachtet und gesehen, wo beim Tabellenletzten die Defizite liegen.

Letzter Punktgewinn am 22. 9.

Während die Winterthurer als Favoriten in das Regionalderby gehen und darauf hoffen, dass ihnen ihr Pu­blikum, der FCW hat im Schnitt 2600 Besucher in den Heimspielen (der FCS etwas mehr als 1600), lautstark hilft, reist der Schaffhauser Tross doch mit Hoffnungen in die Nachbarstadt. Immerhin konnte das Team letztmals gegen Winterthur punkten. Das war am 22. September der Fall. Seither ­haben die FCS-Spieler jedes Mal den Platz als Verlierer verlassen. Das soll sich am Sonntag ändern. Ein Vorhaben, das durchaus realistisch ist. Fast jedesmal, wenn im Nachbarschaftsderby die Favoritenrolle so eindeutig war wie jetzt, konnte der Aussenseiter am Ende ein Erfolgserlebnis feiern, auch wenn die letzten beiden Nachbarschaftsvergleiche jeweils 2:2 endeten.

Bei aller Rivalität bleibt zu hoffen, dass die beiden Fanlager, die sich nicht unbedingt freundschaftlich gegenüberstehen, friedlich bleiben und sich auf Gesangsduelle im Stadion beschränken. Dann können sich alle ­Zuschauer (und auch die Sicherheitskräfte) auf ein spannendes und hoffentlich hochklassiges Derby freuen. Und das soll der Bessere (oder der Glücklichere) gewinnen.(dfk)

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