«Ich würde aber nicht sagen, das Stammertal sei in Frauenhand»

Mark Gasser | 
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Beatrice Ammann wurde gestern souverän zur Gemeindepräsidentin der neuen Gemeinde Stammheim gewählt. Bild: Mark Gasser

Die beiden Kandidatinnen fürs Gemeinde- und Schulpräsidium setzten sich in Stammheim gegen Männer durch.

Die ersten Präsidialwahlen der ab 2019 neu fusionierten Gemeinde Stammheim wurden erst in der zweiten Runde entschieden – sowohl beim neu gebildeten Gemeinderat als auch bei der Schulpflege. Die ehemals eigenständige Schulpflege wird neu als Kommission in der Einheitsgemeinde fungieren.

Beim knappen ersten Wahlgang am 23. September war der bisherige Oberstammer Gemeinderat Langhart (SVP) zwar bei der Wahl ins Präsidium mit 469 Stimmen seiner bisherigen Gemeinderatskollegin Beatrice Ammann ­(parteilos) um eine Nasenlänge, nämlich um zwei Stimmen, voraus. Doch sie erhielt dafür 54 Stimmen mehr als Gemeinderätin. Die Affiche für den gestrigen zweiten Wahlgang des Präsidiums liess ein knappes Ergebnis erwarten. Es wurde aber eine klare Angelegenheit: Die zweifache Mutter Beatrice Ammann (56), die seit 2002 im Gemeinderat Oberstammheim politisiert, setzte sich mit 605 zu 520 Stimmen für Langhart durch. 63 Stimmzettel wurden leer eingeworfen, 16 Stimmen erhielten vereinzelte. Die Stimmbeteiligung lag bei gut 65 Prozent.

«Ich bin erfreut und auch ein wenig überrascht. Ich selber hatte auch ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet», meint die designierte neue Gemeindepräsidentin der ab 2019 fusionierten Gemeinde Stammheim. Sie ist damit notabene die erste Gemeindepräsidentin überhaupt im Stammertal. Ihren Wahlsieg feierte sie privat mit einem Apéro zu Hause in Oberstammheim, wo ihr zahlreiche Bekannte und Behördenkollegen gratulierten. Unter ihnen war auch Hansruedi Langhart (55), ihr Konkurrent und bisheriger Gemeinderatskollege in Oberstammheim, der mit seiner Frau vorbeigekommen sei, um zu gratulieren. «Das habe ich ausserordentlich geschätzt», sagt Beatrice Ammann.

Auch die zweite Wahl entschied eine Frau

Dank der neu gewählten Schulpräsidentin, welche auch Einsitz nimmt im Gemeinderat, besteht die sechsköpfige Behörde damit aus drei Frauen. Denn die Kampfwahl ums Schulpflegepräsidium entschied ebenfalls eine Frau für sich: Die Guntalingerin Anita Fleury (60) holte im zweiten Wahlgang, als das absolute Mehr zählte, fast doppelt so viele Stimmen (712) wie Konkurrent Lorenzo Galvan (361). Als Grund für ihre Kandidatur gab sie damals an, die Auswahl fürs Präsidium sei – mit zwei Männern im ersten Wahlgang, nach dem Christoph Frei ausschied – zu männerlastig.

Nun trat nach dem zweiten Wahlgang also das Gegenteil ein: Die wichtigen kommunalpolitischen Positionen haben per 1. Januar 2019 zwei Frauen inne: Beatrice Ammann und Anita Fleury. Die dritte Frau im Gemeinderat ist die bisherige Waltalinger Gemeinderätin Ilona Diriwächter. Doch Ammann relativiert: «Ich würde nicht sagen, das Stammertal ist in Frauenhand. Der Gemeinderat besteht zu 50 Prozent aus Männern und Frauen, und als Präsidentin sehe ich mich als Primus inter Pares. Geschäfte und Politik werden im Gremium miteinander erledigt – nach dem Kollegialitätsprinzip und im Kollegium.»

Lange wird die Verschnaufpause im zu Ende gehenden Jahr nicht. Als nächstes stehe die Organisation der traditionell erst im neuen Jahr, nämlich am 2. Januar, stattfindenden Gemeindeversammlung bevor. Diese gelte es, inklusive Budget für die neue Gemeinde Stammheim vorzubereiten. Zudem müssten noch im alten Jahr die Ressorts im Gemeinderat verteilt werden, dasselbe gilt laut Anita Fleury für die Schulpflege. Und auch in Sachen Verwaltung – die ja neu zentral in Unterstammheim ihr Domizil hat – kommt einiges auf die Behörden zu: So müssten die ab 2019 geltenden Öffnungszeiten und die Mitarbeiter kommuniziert werden (wer nimmt fortan welche Funktion ein?). Immerhin: Das meiste Personal auf der neuen Verwaltung ist im Stammertal schon bekannt.

Fleury, die erst seit vier Jahren in der Schulpflege ist und erst seit 2010 im Stammertal lebt, wird neu die Schnittstelle zwischen Gemeinderat und Schulpflege sein. «Ich versuchte daher, den Stimmbürgern zu signalisieren, dass ich wirklich Zeit habe fürs Amt», sagt Fleury. «Denn es ist eine Unbekannte, wie viel Zeit das Doppelamt benötigt.» Sie übernimmt als Sekundarschullehrerin Vikariate in den Kantonen Zürich und Thurgau, «vorzugsweise kürzere», wie sie sagt. «Das hat auch den Vorteil, dass ich so in verschiedene Schulen blicken kann.» Auch ihre Wahl ist ein Novum: An eine Frau als Schulpräsidentin im Stammertal könne sie sich nicht erinnern.

Nun freue sie sich, das Erarbeitete aus der Schulpflege im Gemeinderat einbringen zu können. «Und ich bin sehr gespannt darauf, wie das im Gemeinderat ist, und bin offen für Neues, daher reizt mich die Aufgabe sehr.» Ihr Credo: Man könne viele Missverständnisse und Konflikte vermeiden durch gute Kommunikation.

Im Beitrag von Radio Munot hören Sie, was die neugewählte Gemeindepräsidentin Beatrice Ammann zu ihrer Wahl zu sagen hat und was sie jetzt vor hat.

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