Der Wille, sich zusammenzuraufen

Am Mittwoch stellten Redaktoren von drei Zeitungen zwölf Kandidatinnen und Kandidaten für die neue Einheitsgemeinde Stammheim vor.
Wenn aus drei Politischen sowie einer Schulgemeinde, die alle ihre eigenen Behörden hatten, plötzlich eine einzige Gemeinde wird, dann ist das eine grosse politische und menschliche Herausforderung. Kein Wunder daher, dass am Mittwochabend sich eine grosse Schar Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im Saal des «Schwerts» in Oberstammheim einfand, um die Kandidierenden für den neuen Gemeinderat und für die Schulpflege der Einheitsgemeinde Stammheim kennenzulernen. Es geht dabei um die Wahl der neu zu bildenden Behörden für die ab 2019 fusionierte Gemeinde, und der erste Wahlgang findet am 23. September 2018 statt.
Eingeladen zu diesem Anlass hatten die drei Regionalzeitungen «Schaffhauser Nachrichten», «Andelfinger Zeitung» und «Der Landbote». Aus den jeweiligen Redaktionen stammten auch die Moderatoren, die die Kandidaten präsentierten und ihnen auf den Zahn fühlten. Spannend ist die Ausgangslage vor allem auch deshalb, weil sowohl um das Gemeindepräsidium wie auch das Präsidium der Schulpflege Kampfwahlen entbrannt sind: Beatrice Ammann (parteilos) und Hans-Rudolf Langhart-Mathis (SVP) wollen beide dieses Amt. Und beim Schulpflegepräsidium sind es sogar drei, nämlich Anita Fleury, Lorenzo Galvan sowie Christoph Frei, alle drei bisherige oder ehemalige Mitglieder der Schulbehörde. Letzterer war an diesem Abend allerdings abwesend.
Zwei Routiniers wollen das Präsidium
Dann ergriff Jakob Bächtold, stellvertretender Chefredaktor des «Landboten», das Wort und umriss den Geist des Abends so: «Es soll etwas zusammenwachsen, und es ist ein lebendiges Zeichen der Demokratie, dass es so viele Kandidaten gibt.» In der Tat waren zwölf von insgesamt 16 für den Gemeinderat (total 9 Kandidierende) sowie die Schulpflege (7) anwesend. Das Spektrum der Kandidierenden reichte von politisch rechts bis links mit – ganz gemäss der Normalverteilung – den meisten in der Mitte und altersmässig von 30 bis gut 60 Jahren.
Beatrice Ammann wäre eine Gemeindepräsidentin mit grosser Erfahrung, denn sie sitzt schon seit 16 Jahren im Gemeinderat Oberstammheim. Durch ihr Votum «mit Kommunikation kommt man weit» signalisierte sie mit einem Satz das, worum es in der neuen Behörde geht: sich zusammenzufinden. Sie musste sich allerdings von Silvia Müller, Redaktorin bei der «Andelfinger Zeitung», fragen lassen, warum sie sich erst so spät, nach Ablauf der ersten Nominationsfrist, für ihre Kandidatur entschieden habe. Antwort: «Ich habe erwartet, dass sich einer der bisherigen Gemeindepräsidenten zur Verfügung stellt.»
«Etwas besser machen ist nicht so schwer wie vieles richtig machen.»
Fabian Kühner, Gemeinderatskandidat
Auch ihr Konkurrent, Hans-Rudolf Langhart, ist politisch kein unbeschriebenes Blatt, denn er sass zwölf Jahre im Gemeinderat Oberstammheim. Er ist der einzige der Kandidaten, der sein ganzes Leben im Stammertal verbracht hat. Langhart erwies sich als Sachpolitiker, als er auf die Frage, wie er als allfälliger Gemeindepräsident und SVPler mit den vielen Parteilosen und eher linksliberalen Kräften im Gemeinderat umgehen würde, sagte: «Die Parteizugehörigkeit spielt in der Gemeinde nicht eine so grosse Rolle.»
Alle Kandidierenden präsentierten sich im Übrigen kompetent, und ihr Engagement zum Wohle des Stammertals wurde in allen Voten deutlich. Dieses Wohl scheint indes bereits recht gross zu sein, denn auf die Moderatorenfrage, wo sie denn Verbesserungspotenzial sehen würden, stellte sich heraus, dass alle fanden: «Alles ist bereits ziemlich gut.» Am prägnantesten brachte den Sachverhalt Fabian Kühner, Gemeinderatskandidat aus Waltalingen, auf den Punkt: «Etwas besser machen ist nicht so schwer wie vieles richtig machen.»
Publikum kritischer als die Kandidaten
Das Publikum, das nach der Kandidatenkür Gelegenheit bekam, Fragen schriftlich einzureichen, sah die Sache etwas differenzierter und wies auf Mängel hin bei der Gemeindekoordination, der Hausarztversorgung oder beim Immobilienkonzept. Und im Hinblick auf ein künftiges Wachstum verleitete eine Frage zu folgendem Votum von Gemeinderatskandidat Martin Farner-Schmid aus Guntalingen: «Wir können kein Bauland mehr einzonen, wir müssen auskommen mit dem, was wir haben.» Im Übrigen befürworten alle Kandidierenden – bis auf den Grünen Thomas Feer – ein mässiges Wachstum, insbesondere innerhalb der vorhandenen Bauzone.
Das Kräfteverhältnis zwischen künftiger «Regierung» und dem Volk fasste Beatrice Ammann folgendermassen zusammen: «Sie» – und sie zeigte dabei ins Publikum – «sind der Chef. Wir können nicht einfach regieren.» Dennoch ist das Ziel des neuen Gremiums – gemäss Fabian Kühner – «sich zusammenraufen, so schnell wie möglich operativ werden und Lokomotive zu sein». Dann würden die Leute auch zu den Versammlungen des Gemeinderats der neuen Einheitsgemeinde kommen.
Kampfwahl ums Schulpflegepräsidium
Die Kandidierenden für die Schulpflege sowie deren Kandidaten fürs Präsidium nahmen wiederum Silvia Müller sowie Mark Gasser, Weinland-Redaktor bei den «Schaffhauser Nachrichten», unter die Lupe.
Auch in der Schulpflege kommt es zu einer Kampfwahl ums Präsidium, hier hat man sogar die Wahl zwischen einer Frau und zwei Männern, zwischen der gestandenen Sekundarlehrerin Anita Fleury, Christoph Frei und dem international tätigen Lorenzo Galvan, der schulische Präsidialerfahrung als Präsident der Musikschule Andelfingen gesammelt hat.
Moderator Gasser legte bei den beiden (von vier) anwesenden Schulpflegekandidaten den Finger schnell auf den wundesten Punkt: die Kompetenz der Schulpflege in der Einheitsgemeinde. Denn was die Möglichkeit angeht, selbständig Entscheidungen zu treffen, geht der Schulpflege einiges verloren. Aber auch hier lief es letztlich auf einen Konsens zugunsten der Zukunft und vor allem der Kinder hinaus: «Wir wollen zusammenarbeiten», sagte Markus Schneider aus Waltalingen, und Thomas Erzberger aus Oberstammheim hob die Qualität der Schule im Stammertal heraus, die bei externen Bewertungen stets gute Noten bekommen habe. «Das soll so bleiben.»