Zu Besuch auf dem «Zwingli»-Filmset

Darina Schweizer  | 
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Bei minus elf Grad führte Regisseur Stefan Haupt gestern durch die «Zwingli»-Schauplätze. Wie die Schauspieler in den nächsten Tag schlottern werden, konnte man hautnah miterleben.

In seinem bis oben zugeknöpften Anorak öffnet Regisseur Stefan Haupt die Abschrankung zum «Zwingli»-Filmset. Neugierige Journalistenaugen spähen in den Hof des Klosters Sankt Georgen. Dort stehen zurzeit überall Holztische mit Schmiedewerkzeugen, rostigen Scheren und Nägeln herum. «Ist das ein Mittelaltermarkt?», fragt eine verirrte Touristin. «Nein, das ist ein Filmset», ruft ihr einer der Helfer zu, die gerade dabei sind, die Szenerie in Kisten zu verpacken und abzutransportieren.

Der Schauplatz im Hof des Klosters soll nämlich nicht mehr lange so bleiben. In den nächsten Tagen – schliesslich ist heute Drehbeginn – soll hier ein Fischmarkt mit über 80 Fischen aufgebaut werden. Und wieder einige Tage später werden 13 Pferde durch den Hof galoppieren, um in den Zweiten Kappelerkrieg zu ziehen. «Sogar die Pferdeäpfel, die dort drüben bereitliegen, sind echt», erzählt Stefan Haupt und lacht. «Alles soll möglichst real werden.» Wirklich alles dann aber doch nicht.

Die Filmkulisse in Stein am Rhein. Bild: Selwyn Hoffmann

Über den Eingang der Rhigass ist eine mit Häusern bedruckte Blache gespannt, auf die verschiedene Motive projiziert werden. «Ganze Prozessionszüge werden so virtuell um die Ecke biegen», erzählt Stefan Haupt. «Ausserdem verleiht sie dem ganzen Drehplatz eine Tiefe.» Was damit gemeint ist, wird klar, sobald man den Kopf vom Eingang der Rhigass zum gegenüberliegenden Kloster wendet. Eine rund 40 Meter lange Gasse entsteht: die Zürcher Kirchgasse. Und das ohne gross nachzuhelfen und Kulissen aufzubauen. Stefan Haupt haucht ein begeistertes «Herrlich!» in die eiskalte Luft und schaut seinem sichtbaren Atem nach, der in den Himmel steigt. Den Atem der Schauspieler wird man in den nächsten Tagen ebenfalls sehen können – auch auf der Kamera. «Zum Glück kam Zwingli im Januar in Zürich an, dann passt das», sagt Haupt. Die «russische Peitsche» hat aber auch Nachteile. Sie verlangt den über 100 Schauspielern und Statisten in den nächsten Tagen einiges ab.

Heizsocken gegen die Kälte

«Für die Schauspieler haben wir Heizsocken organisiert. Nur in den ungeheizten Schuhen der Statisten wird es eiskalt», sagt Produzentin Anne Walser. Da müsse man darauf achten, nicht zu lange in der Kälte zu stehen und sich mit warmen Getränken zu wärmen. Noch kälter hat es da nur einer: der Täufer, der im vier Grad kalten Rhein beziehungsweise in der Limmat ertränkt wird. Beim Gedanken daran sind die Besucher gleich froh, einen Blick ins «wärmere» Innere des Klosters zu werfen.

«Unser deutscher Kameramann sagt jedes Mal: ‹Ich kann es nicht fassen, dass wir hier ­hereindürfen.›»

Stefan Haupt, Regisseur «Zwingli»

Im fünf Grad kalten Zwingli-Wohnzimmer ist es schon um einiges gemütlicher. Hier werden bald Zwinglis Arbeitstisch und seine Büchersammlung hineingestellt. Der Reformator besass nämlich über 300 Bücher. «Das war ein Vermögen», sagt Stefan Haupt. «Ein Buch kostete damals so viel wie eine Kuh.» Ebenfalls etwas zu staunen gibt’s im Bischofszimmer, einem mit wunderschönen Wandmalereien verzierten Raum, in dem einem von allen Seiten edle Ritter entgegenblicken. «Unser deutscher Kameramann sagt jedes Mal, bevor er das Zimmer betritt: ‹Ich kann es nicht fassen, dass wir hier hereindürfen›», so Stefan Haupt.

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