Abschiedsparty für «Lollipop»: Freunde nehmen Abschied von Heinz Möckli

Rund hundert Freunde des kürzlich verstorbenen Originals Heinz «Lollipop» Möckli kamen am Freitagabend zu dessen Abschiedsfeier ins «Orient».
Bald schon könnte ein Bänkli am Lindli an den kürzlich verstorbenen Heinz Möckli, besser bekannt als «Lollipop», erinnern. Ein Bänkli zum Ausruhen für alle. Und eventuell liesse sich gleich daneben auch eine Gedenktafel für ihn aufstellen. An den Kosten soll es nicht scheitern. Schliesslich wird das Sparschwein neben der Eingangstüre im Orient-Musikklub fleissig gefüttert. Heinz scheint der Verwendungszweck zu gefallen. Fröhlich lacht er von einem wandfüllenden Schwarz-Weiss-Poster auf die eintreffenden Gäste.
Er trägt Hemd und Krawatte, lange Haare, Vollbart und Pilotenbrille. Vor dem Foto brennen Kerzen und ein Gästebuch ist auch da. Eine Frau nimmt den Kugelschreiber. Sie überlegt kurz und schreibt «Deine Freundin für immer und ewig – Renate» auf eine leere Seite. Dann drückt sie einen Kuss auf ihre Handfläche und legt sie dem Mann auf dem Bild auf den Mund. «Ohne Heinz ist Schaffhausen jetzt ein Stück kälter. Viele vermissen ihn sehr», sagt ihr Begleiter.
Ein Stück Schaffhausen
Heinz Möckli kam 1953 auf die Welt. Werkzeugmacher hat er gelernt. Lebenskünstler wurde er. In einem Interview erklärte er, warum er immer so liebenswürdig sei und auf persönlichen Besitz pfeife: «Ich bin halt eine alte Seele. Vielleicht habe ich deshalb so einen speziellen Lebensweg.» Zeitlebens war Heinz auf die eigenen Füsse gestellt. Selbstbewusst lief er immer barfuss, auch im Winter. Irgendwie schlug er sich durch, ohne Alkohol und Sozialhilfe. Die Geschichten, die jetzt an dieser Abschiedsfeier über ihn erzählt werden, ähneln sich stark.

«Er hat nie gejammert oder gemeckert. Aber er hat immer geholfen. Wenn zwei aneinandergerieten, warf er sich mit Lollipops dazwischen, um Frieden zu stiften. Dabei lief er auch schon mal in eine Faust», wissen einige Gäste zu berichten. «Ein Anker im Nachtleben. Immer auf der Seite der Schwächeren und unermüdlicher Beschützer der Frauen», fügen die anderen hinzu. Die guten Worte über Heinz fliegen hinauf zu den bunten Lollipops aus Luftballons, mischen sich mit Disconebel, kommen immer wieder. Wie Echos. Als Heinz Möckli kürzlich nach langer Krankheit verstarb, stand das Herz Schaffhausens für einen Moment still. Lollipop hatte viele Freunde. Wer es sich einrichten konnte, ist jetzt hier an dieser Abschiedsfeier. Ansprachen gibt es keine.
Aus den Lautsprechern tönt Musik aus den 70er-Jahren in gemässigter Lautstärke, denn schliesslich will man sich ja über Heinz unterhalten, will sein buntes Leben noch einmal Revue passieren lassen. Es riecht nach Popcorn. Karin Stoll und David Bekic, der Mann mit dem festen Händedruck, stehen mit ihrem Team hinter der Bar. Bier und Wasser laufen am besten.

Metin Demiral hat den Abschiedsanlass organisiert. Viele Jahre lang betrieb er den Musikklub Orient. Mit Heinz verband ihn eine lange Freundschaft. «Er hat unglaublich vielen Menschen etwas bedeutet, nicht nur im Nachtleben und auf der Gass.» Am Abschiedsanlass arbeiten alle gratis. Für Equipment und das Reinigungsinstitut steht «Null» auf der Rechnung, erklärt er und berichtet dann, dass Heinz im engsten Familienkreis am Lindli dem Rhein übergeben wurde. «Das Lindli war sein Zuhause», sagt er.
Eine Legende
Und immer mehr Gäste kommen in den Klub. Eine Frau hat sich – in Erinnerung an Heinz – den Stängel eines Lollipops durch ein Loch im Ohrläppchen gesteckt. Vor Ort ist auch Stevie in Lederjacke und «Pink Floyd»-Shirt. Er kannte Heinz schon, als dieser noch Converse-Sneaker ohne Bändel trug. «Er war der Liebste von ganz Schaffhausen», sagt Stevie. An der Bar sitzt Hansueli «Yeti», barfuss in Flipflops. Er erinnert sich, dass Heinz gelegentlich auch Gestrandete in seinem roten Mini mit aufgemalten Flammen am Radkasten nach Hause chauffierte.
«Ich bin Heinz Möckli nie begegnet. Aber meine Mama erzählt, er soll immer allen geholfen haben.»
Marcus kennt Heinz vom Zivilschutz. Er erzählt, dass Heinz unglaublich fleissig war und sogar mit ihm völlig legal gedealt habe: «Ich gab ihm Gummibärli. Er gab mir Lollipops.» Legenden entstehen, wenn Geschichten über Generationen weitergereicht werden. «Ich bin Heinz Möckli nie begegnet. Aber meine Mama erzählt, er soll immer allen geholfen haben», sagt der achtjährige Finn Emil Fleischmann aus Schaffhausen.