«Er schaute mich treuherzig an und meinte, er sei immer barfuss» – Heinz Möcklis Weggefährten erinnern sich zurück

Fabian Babic | 
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Heinz Möckli in seinem Wohnwagen, wo er lebte. Der Schaffhauser pflegte einen minimalistischen Lebensstil. Bild: Annick Ramp

Nach schwerer Krankheit ist Heinz Möckli, ein Urgestein des Schaffhauser Nachtlebens, verstorben. Weggefährten blicken zurück und geben Anekdoten über den barfüssigen Mann zum Besten.

«Schaffhausen ohne dich kann ich mir fast nicht vorstellen.»

«Du hast jede Party zu etwas Besonderem gemacht.»

«Ein grosser Verlust für Schaffhausen.»

Zahlreiche Menschen bekunden auf Facebook ihre Trauer nach dem Tod von Heinz Möckli. Einige von ihnen teilen Anekdoten, wie die stadtbekannte Figur ihnen geholfen hat – ob mit einer Heimfahrt, einem guten Rat oder beim Zügeln. Andere bedanken sich für die vielen Schleckstängel, die er freigiebig verteilt hat.

Es zeigt sich: Möckli hat seine Spuren in Schaffhausen hinterlassen. Obwohl er von Freunden und Wegbegleitern als ruhiger, manchmal in sich gekehrter Mensch bezeichnet wird, war Möckli dennoch auffällig. Die Haare und der Bart: lang. Im Mundwinkel meistens ein Stumpen. Und Schuhe an den Füssen gab es so gut wie nie zu sehen.

Schiffe bauen mit Giorgio Behr

Geboren im Jahr 1953, wuchs Möckli in den 50er- und 60er-Jahren an der Bockrietstrasse in Schaffhausen auf. Schräg gegenüber lebte Giorgio Behr, der in seiner Kindheit eine Freundschaft zu Möckli pflegte. «Ich war sehr überrascht und traurig über den Tod von Heinz. Ich hätte ihn gerne im Spital besucht, aber ich habe nichts von seiner Krankheit gewusst», sagt der Schaffhauser Unternehmer zu den SN. Möckli verstarb am Sonntag nach schwerer Krankheit im Kantonsspital.

Behr mag sich noch gut an die Zeit mit Möckli erinnern: «Aus der gemeinsamen Jugend bleibt mir besonders eine Sache in guter Erinnerung: Wir haben oft zusammen gebastelt und Holzschiffe gebaut. Dafür haben wir einfache Materialien wie Kork und Nägel genutzt und anschliessend die Schiffe im Wasser getestet. Das war eine schöne Zeit.»

Lindli-Nachtruhe in der Hängematte

Die Wege gingen auseinander. Während Behr sich zum erfolgreichen Unternehmer mauserte, machte Möckli eine Lehre zum Werkzeugmacher. Bekannt wurde Möckli durch seine stete Präsenz im Schaffhauser Nachtleben. Metin Demiral, der viele Jahre den Musikklub Orient betrieben hat, lernte ihn 1974 kennen. «Schon damals haben ihn alle gekannt», sagt Demiral. «Vor allem für seine Hilfsbereitschaft war er bekannt. Er hat mich früher oft nach Hause nach Ramsen gefahren. Damals sind alle, die nachts in Schaffhausen gestrandet waren, bei Heinz gelandet. Man wusste: Heinz bringt sie sicher nach Hause.»

Zwischen Demiral und Möckli entwickelte sich eine enge Freundschaft. «Heinz hatte einen wirklich tollen Humor. Er hat Leute gerne zum Lachen gebracht.» Später war Demiral Arbeitgeber für Möckli. Über 25 Jahre sei Möckli Springer gewesen. Vor allem habe er sich um das Recycling gekümmert.

«Ich habe immer gestaunt, dass er jeden Sommer am Lindli in seiner Hängematte übernachtet hat.»

Luciano Di Fabrizio, ehemaliger Beizer

Allerdings hatte Möckli auch einen inoffiziellen Job im Nachtleben: Er hat oft zwischen zerstrittenen Parteien geschlichtet. «Er hat immer versucht, für Ordnung zu sorgen», so Demiral. Auch Luciano Di Fabrizio, der Ex-Geschäftsführer des Cuba Clubs und der Eckhaus Bar, war froh um Möcklis Präsenz. «Er hat vielen Leuten geholfen. Er ist dazwischengegangen, wenn es Streit gab, und stand immer auf der Seite der Schwächeren.» Di Fabrizio behalte ihn als «zuvorkommende und liebenswürdige» Person in Erinnerung.

Von Möcklis eigenwilligem, minimalistischem Lebensstil war Di Fabrizio beeindruckt. «Ich habe immer gestaunt, dass er jeden Sommer am Lindli in seiner Hängematte übernachtet hat. Dabei habe ich mir gedacht, eigentlich macht er es genau richtig.»

Möckli und die Stiefelpflicht

Auf dem Rhein, wo Möckli ab und an mit Ruderboot unterwegs war, hatte auch der Schaffhauser Freizeitkapitän Roland Saurer mit ihm zu tun. «Er war ein toller, gutmütiger Typ.» Besonders in Erinnerung bleiben ihm die gemeinsamen Zivilschutz-Einsätze, vor allem ein bestimmter. Saurer, der Ausbildungsleiter war, erzählt von einem Freiwilligen-Einsatz im Urnerland, der sich 1994 ereignet hat: Auf schwierigem, felsigem Gelände musste eine Wasserleitung hoch oben am Berg verlegt werden, eine anspruchsvolle Aufgabe. Als bei der Tenuekontrolle die Zivilschützer in Reih und Glied standen, glaubte Saurer, ihn treffe der Schlag. «Da stand jemand einfach barfuss rum und wollte so zum Einsatz!»

«Er fand es eben auch toll, sich selbst in Szene zu setzen.»

Metin Demiral, ehemaliger Orient-Betreiber

Dieser Jemand war Heinz Möckli. «Nachdem ich zuerst einmal leer schlucken musste, habe ich zu Heinz gesagt, dass das so nicht gehe. Er schaute mich aber nur treuherzig an und meinte, er sei immer barfuss und könne so auch arbeiten.» Saurer konnte dies aber nicht zulassen und erklärte Möckli, entweder fasse er nun die Stiefel oder trete die Rückreise nach Schaffhausen an. «Mit leicht geneigtem Kopf und schelmischem Lächeln ging er weg und kam schliesslich doch mit Stiefeln an den Füssen wieder zurück.»

Balanceakt im Orient

Auch sein langjähriger Weggefährte Demiral weiss von wagemutigen Anekdoten zu berichten: Als es auf der Estrade im Orient noch entlang des Geländers Tische für die Gäste gab, war es Möcklis Aufgabe diese abzuräumen. «Dann hatte Heinz eine tollkühne Idee: Anstatt sich durch die Menschenmenge durchzudrängen, balancierte er auf dem Geländer neben den Tischen.»

Vom Geländer aus hätte er in die Tiefe stürzen und sich verletzen können, passiert sei das glücklicherweise nie. Auch weil Demiral die Aktion unterbunden hat. «Nur mit Mühe und Not konnte ich Heinz davon überzeugen, das sein zu lassen. Er fand es eben auch toll, sich selbst in Szene zu setzen. Diese Seite hatte er auch an sich.»

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