Kälte in Schaffhausen: Ab wann würde nichts mehr gehen?

Ralph Denzel | 
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Ab welchen frostigen Temperaturen geht in Schaffhausen nichts mehr? Bild: Pixabay

Schaffhausen friert derzeit bei frostigen Temperaturen. Diese machen aber noch kaum Probleme – wir erklären, ab wann die Kälte wirklich schwerwiegende Folgen haben könnte.

Derzeit ist es kalt draussen - noch nicht so extrem, dass man wirklich von sibirischen Temperaturen sprechen kann, aber doch so kalt, dass man sich nur dick eingepackt vor die Tür wagt. Cedric Sütterlin von Meteonews Schweiz sagt: «Selbst minus 10 Grad wären für diese Jahreszeit keine Seltenheit.» Doch nicht nur im Alltag sind wir froh, dass es noch nicht so kalt ist. Richtig tiefe Temperaturen auch viele Probleme mit sich – an ganz unterschiedlichen Orten.

 

Kann das Trinkwasser einfrieren?

SH Power ist in Schaffhausen auch für die Wasserversorgung zuständig. Bild: zVg

Ein grosses Problem bei frostigen Temperaturen sind zum Beispiel eingefrorene Leitungen. Können zum Beispiel Trinkwasserleitungen zufrieren? Marco Nart, Mediensprecher von SH Power, kann beruhigen: «Das gepumpte Grundwasser hat eine Temperatur von 12 Grad Celsius und unsere Wassernetze befinden sich unterhalb der Frostgrenze, in einer Tiefe von 1,2 Meter. Auch bei Minustemperaturen besteht somit keine Gefahr, dass das Wasser in unseren Netzen einfriert.»

Anders sehe es natürlich bei Wasserleitungen im Freien oder in unbeheizten Gebäuden aus - also beispielsweise beim Wasserhahn im Garten oder im unbeheizten Gartenhäuschen. Ab 0 Grad Celsius friere das Wasser dort ein, erklärt Marco Nart. Daher sollten Haus- und Gartenbesitzer solche Leitungen den Winter hindurch ausser Betrieb nehmen. Macht man das nicht, können diese zufrieren und im schlimmsten Fall sogar platzen – mit schwerwiegenden Folgen für die Hausbesitzer.

Wenn auf den Strassen nichts mehr geht

Wenn es Winter wird in Schaffhausen - wie geht es auf den Strassen weiter?

Wenn es draussen kalt wird, werden Autofahrten oft zu einer Tortur: Der Boden kann so durchgefroren sein, dass sich Eis und Glätte auf den Strassen bilden. In so einem Fall ist in der Stadt Schaffhausen das Tiefbauamt gefordert. Dieses hat knapp 800 Tonnen Salz - auch als Reserve für den Kanton - eingelagert. Laut Oliver Baur, Ressortleiter des Tiefbauamtes, stehen insgesamt zehn Fahrzeuge für den Winterdienst parat. Wenn es dann schneit und die Strassen vereist sind, wird nach Dringlichkeitsstufen gepfadet. «Die Dringlichkeitsstufen regeln die Wichtigkeit des betrachteten Strassenabschnitts bezogen auf das gesamte Verkehrssystem», so Oliver Baur.

Welche Strassen zuerst geräumt werden, ist klar geregelt. Bild: Selwyn Hoffmann

Zuerst werden die Kantonsstrassen, Hauptstrassen und Strassen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, geräumt. Auch öffentliche Zufahrten zu Bahnhöfen, Spitäler, Polizei und Feuerwehrgebäuden haben Priorität. Danach folgen Sammelstrassen, also solche die «den Verkehr von Quartierstrassen in die Hauptverkehrsstrassen ableiten» sowie Strassen und Fussgängerverbindungen zu Schulhäusern, Industrie- und Gewerbeanlagen und wichtige Fahrradverbindungen. Zuletzt werden dann Quartierstrassen und «alle übrigen Strassen, Gehwege und Verkehrsflächen, die im Winter unterhalten werden müssen» geräumt.

Wer mit Bus und Bahn unterwegs ist, kennt solche Probleme hingegen nur peripher. Carmen Müller von den Verkehrsbetrieben Schaffhausen weiss aber: «Die Kälte geht auch an den Verkehrsbetrieben Schaffhausen nicht spurlos vorbei.» Denn wenn die Strassen nicht geräumt sind, entscheiden sich mehr Leute dafür, auf Bus und Bahn auszuweichen. «Schlechte Strassenverhältnisse ergeben auch mehr Fahrgäste», so Carmen Müller. Das führt wieder zu einem anderen Problem: «Bei den regionalen Linien verkaufen die Chauffeure und Chauffeusen bei schlechtem Wetter mehr Billette und dies führt ab und zu zu Verspätungen.» Wenn die Strassenverhältnisse zu schlecht werden, müssen teilweise sogar Fahrten ausfallen, was allerdings nicht so oft vorkomme. Trotzdem: «Die Sicherheit unserer Fahrgäste steht an erster Stelle», erklärt Carmen Müller.

Wenn die Temperaturen dann weiter fallen, können auch die Oberleitungen für den Trolleybus vereisen. «Die Depotdienstmitarbeiter fahren während den Wintermonaten in der Nacht mit einem Oberleitungsenteisungsfahrzeug die gesamte Strecke der Linie 1 ab und tragen präventiv ein Frostschutzmittel auf den Fahrdraht auf.» Allerdings: «Wenn die Temperaturen aber stärker im Minus sind, reicht das leider nicht immer.» Im schlimmsten Fall müssen die Trolleybusse mit dem Dieselnotaggregat fahren.

Leute, die regelmässig mit Bus oder Bahn unterwegs sind, haben sicher schon oft die Blitze gesehen, die bei winterlichen Temperaturen an den Oberleitungen entstehen. «Das geschieht, wenn aufgrund einer Eisschicht der Kontakt von der Oberleitung zum Bus unterbrochen wird», erklärt Carmen Müller. Katharina Balande, Mediensprecherin der SBB, ergänzt: «Die Lichtblitze bei unseren Zügen sind vor allem am Morgen zu beobachten. Wenn der Stromabnehmer der ersten Züge an den Kupferdraht gedrückt wird, entstehen aufgrund des Eises kurze Übertragungslücken.» Dabei wird das festgefrorene Wasser durch den Stromabnehmer quasi «weggedrückt». Daher sieht man das auch meistens nur bei den ersten Fahrten, denn «aufgrund des dichten Taktfahrplans im weiteren Verlauf des Tages kann sich in der Regel nichts mehr ablagern», so Katharina Balande.

Eine Gefahr geht davon jedoch nicht aus, wie Carmen Müller erklärt: «Es sieht spektakulär aus, ist aber für die Passagiere völlig ungefährlich.»

Auch bei den Schweizerischen Bundesbahnen ändert sich der Arbeitsalltag, wenn eine Kältewelle zuschlägt. «Die Kälte kann unter anderem für vereiste Weichen sorgen», so Katharina Balande. Daher habe man «an den neuralgischen Punkten der Hauptlinien Weichenheizungen». Diese können Weichen bei Temperaturen bis zu -20 Grad wieder auftauen. Allerdings können bei solchen Temperaturen auch Probleme durch gefrorene Wasserleitungen und Vereisungen beim Rollmaterial auftreten – was wiederum zu Verspätungen führen kann.

Oft genug kommt es auch vor, dass sich ein Aufenthalt an einem Bahnhof zur regelrechten Schlitterpartie entwickelt. Dies kommt vor allem bei nicht so stark frequentierten Bahnhöfen vor. Ein Beispiel ist der Bahnhof Jestetten: Dieser wird von der SBB betrieben, ist aber laut  Passagieren regelmässig vereist und schwer zu betreten. Eigentlich sollte das nicht sein, wie Katharina Balande erklärt: «Bei einem gesamtschweizerischen Wintereinbruch sind bei der SBB circa 360 Mitarbeitende im Einsatz, die sich um die Schneeräumung von Signalen, Gleisen, Weichen, Barrieren aber auch auf Perrons und so weiter kümmern.»

«Dann könnten die Maschinen keinen Strom mehr produzieren»

Den Stromleitungen macht die Kälte keine Probleme.

Eines will man bei der Kälte sicher nicht: Im Dunkeln sitzen. Wie ist aber die Stromversorgung in der Region gewährleistet? So wird viel Strom zum Beispiel durch die Turbinen beim Rheinfall erzeugt. «In kalten Wintern kann es vorkommen, dass beim Kraftwerk Eisschollen angeschwemmt werden», sagt Marco Nart, Mediensprecher von SH Power. Allerdings könne das Eis nicht in die Turbinen gelangen und diese irgendwie beschädigen. Auch die Gefahr, dass zum Beispiel Mechaniken einfrieren, ist eigentlich kaum gegeben. «Sensible Stellen, wie die Mechanik zum Öffnen und Schliessen der Wehre, sind beheizt und somit vor einem Einfrieren geschützt», erklärt Marco Nart.

Kann also auch bei beliebig tiefen Temperaturen Strom produziert werden? Theoretisch ja, aber: «Im rein hypothetischen Fall, dass der Rhein komplett zufriert, müssten die Maschinen ausgeschaltet werden und könnten keinen Strom mehr produzieren», erklärt Marco Nart. Aber: «So etwas ist in der Geschichte des Kraftwerks auch in langen, kalten Wintern nie vorgekommen.»

Für die Oberleitungen besteht hingegen keine Gefahr: «Kälte ist für Stromleitungen kein Problem.»

«Die Kälte bei Einsätzen kann uns vor gesundheitliche Probleme stellen»

Der Winter ist auch für die Feuerwehrmänner und Frauen in Schaffhausen eine harte Zeit.

Es ist eine Horrorvorstellung: Stellen Sie sich vor, Sie rufen die Feuerwehr, diese kommt auch, aber sie kann Ihnen nicht helfen – ist diese Gefahr realistisch?

Für Kommandant Peter Müller von der Feuerwehr Schaffhausen und seine Kollegen stellt die Kälte ein ganz anderes Problem dar: «Die Kälte kann für die Einsatzkräfte zum gesundheitlichen Problem werden.» Bei Einsätzen verliert ein «Angehöriger der Feuerwehr sehr viel Flüssigkeit und ist dementsprechend durchgeschwitzt», erklärt Peter Müller. Es ist daher wichtig, dass die Feuerwehrleute sich in einem beheizten Fahrzeug oder Raum aufhalten können, bis sie wieder eingesetzt werden können.»

Zurück zur Gefahr, dass die Feuerwehr nicht helfen kann: Diese ist nicht gegeben, denn auch hier ist vorgesorgt worden. So erklärt Peter Müller: «Das Wasser in den Hydranten kann nicht gefrieren, da die Leitungen frostsicher verlegt sind.» In den Tanks der Fahrzeuge könnte das allerdings vorkommen. Dies wird vermieden, in dem die Feuerwehrfahrzeuge in beheizten Magazinen stationiert werden, um ein Gefrieren des Wassers zu vermeiden. Schwieriger wird es hingegen auf Einsätzen, denn dort kann das benutzte Wasser ebenfalls gefrieren. «Bei Einsätzen kann es vorkommen, dass Löschwasser am Boden oder Gebäude gefriert und die Einsatzstelle mit Auftausalz behandelt werden muss.» Auch in den Schläuchen kann es vorkommen, dass das Wasser gefriert, allerdings könne man dem entgegenwirken, indem man immer ein bisschen Wasser durch die Schläuche laufen lässt.

Tiefe Temperaturen können auch Vorteile haben

Die Stadtgärtnerei von Grün Schaffhausen. Bild: Selwyn Hoffmann

Wer arbeitet schon gerne bei den kalten Temperaturen draussen? Die Mitarbeiter von Grün Schaffhausen. Zumindest, wenn man ihrem Bereichsleiter Felix Guhl glauben darf. «Die tiefen Temperaturen sind für die Forstarbeiten von Vorteil», erklärt er. «Der Boden ist gefroren und dadurch druckstabiler. Bei Fäll- und Pflegearbeiten im Wald gibt es dadurch keine Bodenschäden.»

Allerdings ändern sich die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter von Grün Schaffhausen auch während der kalten Jahreszeit: «Unsere Gärtner können bei gefrorenen Boden keine Bodenbearbeitungsarbeiten ausführen», weiss Felix Guhl. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Leute in dieser Zeit einen ruhigeren Job haben. Denn durch die kalten Temperaturen kommt es teilweise zu Frostschäden. «Gehölzschnitt, Reparaturen an Spielgeräten und zum Beispiel das Streichen von Sitzbänken gibt uns viel Winterarbeit.»

Im Winter muss Grün Schaffhausen auch viel an Spielplätzen machen. Bild: Ralph Denzel

Für die einheimische Flora und Fauna hat der Winter hingegen keine grossen Nachteile laut Guhl. «Die einheimischen Pflanzen in den Grünanlagen und Wäldern sind an kalte Temperaturen angepasst. Auch länger anhaltende Minustemperaturen sind kein Problem.» Erst, wenn über Wochen die Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt liegen, können einige Pflanzen hier Probleme bekommen.

In den Gärtnereibetrieben der Stadt werden indessen, wenn die Temperaturen enorm tief sinken, «die Glasscheiben bei den niederen Treibbeetkästen mit einer Matte abgedeckt». Das verhindert, dass die Pflanzen erfrieren. Für kälteempfindliche Pflanzen, wie Oleander, Lorbeer, Palmen und ähnliches, gibt es «seit Anfang November in der frostfreien Orangerie» einen Platz. Die Rosen im Rosengarten sind hingegen «mit Tannenästen abgedeckt, dies ist jedoch ein Schutz gegen Spätfrost». Die Beschattung soll vor allem das «zu frühe Austreiben verhindern».

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