Den Bauern fehlt das Heu für ihre Tiere

Julia Heiri | 
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Wie die meisten Viehbauern musste auch Christoph Graf für seine Tiere zusätzliches Futter kaufen. Bild: Selwyn Hoffmann

Die Trockenheit in diesem Sommer hat Auswirkungen für die Viehbauern: Auf ihren Wiesen ist zu wenig Gras gewachsen. Für den Winter steht nur die Hälfte der üblichen Heumenge zur Verfügung.

Vertrocknete Wiesen und Felder, braun statt grün, Herbstfarben mitten im Sommer. Die Bilder des Hitzesommers 2018 haben sich eingeprägt. Seine Auswirkungen halten an, auch in der Viehwirtschaft. «Wir haben definitiv weniger Futter als in anderen Jahren», sagt Michael Pfister, Betriebsleiter des Rummelenhofs in Hallau. Wegen der Trockenheit sei weniger Gras gewachsen, und es habe viel weniger Futter eingelagert werden können als im Normalfall, so Pfister. «Regional, aber auch überregional, haben wir eine klare Futterknappheit», erklärt Christoph Graf, Präsident des Schaffhauser Bauernverbandes. Praktisch alle Betriebe mit Viehhaltung seien davon betroffen.

Fünfschnitternte unmöglich

Normalerweise werde das Heu mindestens fünfmal pro Jahr eingebracht, sagt Graf. Auf seinem Hof in Ramsen hält der Landwirt ungefähr 50 Tiere im Stall. Das Gras wird entweder getrocknet und im Heustock gelagert oder zu Silage verarbeitet. Das gelagerte Futter dient mehr­heitlich als Vorrat für die kalte Jahreszeit. «Dieses Jahr waren nur knapp drei statt der üblichen fünf Schnitte möglich», sagt Graf: «Zwei gute Schnitte im Frühling und im Frühsommer und ein letzter Mitte Juni, der aber ziemlich karg war, also nur etwa ein Viertel eines normalen Schnitts.» Danach sei es bis Mitte Oktober zu trocken gewesen, so Graf. «Der vierte und der fünfte Schnitt fielen ganz aus, die Wiesen waren braun, es gab nichts mehr zum ­Mähen.» Insgesamt seien nur 40 bis 50 Prozent einer normalen Ernte eingebracht worden. Natürlich könnten diese Zahlen auch variieren, die Heuernte sei abhängig von der Lage der jeweiligen Wiesen und der dort wachsenden Pflanzenarten, so Graf.

«Wir hoffen, dass derartige Bedingungen die Ausnahme bleiben.»

Christoph Graf, Präsident Schaffhauser Bauernverband

Michael Pfister setzt nun vermehrt auf die Luzerne. Dabei handelt es sich um eine besonders widerstandsfähige Kleeart, die dank tiefer Pfahlwurzeln auch in niederschlagsarmen Verhältnissen gut gedeihen kann. Die Luzerne wird hauptsächlich zur Futterproduktion auf ackerfähigem Land angebaut und zu Silage verarbeitet. Als Nebeneffekt versorgt sie die Böden mit Stickstoff. «Mit solchen Kunstwiesen kann man die schlechte Heuernte etwas auffangen», so Pfister. Es gebe aber immer wieder Landwirte, die wegen der zunehmenden Trockenphasen im Sommer von der Viehwirtschaft auf reinen Ackerbau umstiegen. Für ihn selbst komme dies nicht infrage, da sich die von ihm bewirtschaftete Fläche zu einem wesentlichen Teil in Hanglage befinde und Ackerbau in steilem Gelände nicht möglich sei.

Laut Christoph Graf sind solche Voraussetzungen im Kanton Schaffhausen eher die Ausnahme als die Regel. «Aus diesem Grund ist Schaffhausen im Vergleich mit Appenzell oder der Innerschweiz eher ein Ackerbaukanton», so Graf. «Bezogen auf den aktuellen Futtermangel ist Schaffhausen deswegen auch nicht so stark betroffen, wie andere Kantone, in welchen traditionellerweise viel mehr Viehzucht und Viehhaltung betrieben wird.»

Laut Graf sei man es als Landwirt in Schaffhausen gewohnt, dass die Sommer auch mal zu trocken sein könnten. Man stelle sich darauf ein und schaue, dass man genügend Vorräte anlege. «Dieses Jahr aber sprengt den Rahmen», sagt Graf. «Man hat dann im Grunde zwei Möglichkeiten: Entweder man reduziert den Tierbestand oder man kauft das fehlende ­Futter zu.»

Keine Notschlachtungen

Da die Trockenheit in diesem Sommer kein regionales Phänomen gewesen sei, seien durch die grössere Nachfrage nach Futter auch die Preise gestiegen, so Graf. Der Preis für Heu liege im Moment 20 bis 25 Prozent über dem üblichen, bei etwa 35 Franken pro 100 Kilogramm. «Futterzukäufe können enorm ins Geld gehen, da legt man schnell ein paar 1000 Franken hin», sagt Graf. Die Überlegung, Futter zu kaufen, sei vor allem betriebswirtschaftlicher Natur. In seinem Fall sei eine Mischrechnung daraus geworden. Er habe glücklicherweise eine gute Menge Futter vom letzten Jahr übrig gehabt und noch etwas zugekauft. Zudem habe er zwei Kühe schlachten lassen. Graf relativiert aber: «Das klingt jetzt vielleicht drastisch, aber in solchen Fällen sind das alte Tiere, die letztlich bloss zwei, drei Monate früher als ohnehin geplant geschlachtet werden.» Auch Pfister hat sich von einer Kuh verabschiedet. «Das passiert natürlich nicht von einem Tag auf den anderen», betont er, «oft sucht man auch einfach keinen Ersatz für eine Kuh, die bereits krank ist.» Auch wenn die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehe, sei es für einen Landwirt trotzdem eine emotionale Angelegenheit, ein Tier abzugeben, so Pfister. «Es sind ja unsere Tiere, mit denen wir tagtäglich zusammenarbeiten.» Auch Graf betont: «Dies als Notschlachtung zu bezeichnen, wäre übertrieben.»

Grundsätzlich könne die Schaffhauser Landwirtschaft einen Sommer wie den diesjährigen gut überstehen, so Graf. Aber: «Wir hoffen, dass derartige Bedingungen die Ausnahme bleiben.» Würden diese zur Normalität, läge bald einiges im Argen.

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