Leerwohnungen: Hallau national weit vorn
Im Kanton Schaffhausen stehen rund 2,5 Prozent aller Wohnungen leer. In den letzten Jahren ist hier der Leerwohnungsbestand schweizweit klar am stärksten gewachsen.
Schon lange stand Wohnungssuchenden keine derart grosse Auswahl mehr zur Verfügung wie derzeit. Die Zahl der Leerwohnungen hat weiter zugenommen. Am 1. Juni waren im Kanton Schaffhausen 2,47 Prozent aller Wohnungen nicht bewohnt. Das bedeutet, dass 1036 Wohneinheiten leer standen. Seit über 15 Jahren war die Leerwohnungsziffer nicht mehr so hoch. Die neusten Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass sich Schaffhausen mit seiner Zunahme im nationalen Trend bewegt. Schweizweit hat der Leerwohnungsbestand gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen. National waren 1,62 Prozent aller Wohnungen am Stichtag nicht bewohnt.
Im Kantonsvergleich weist der Kanton Solothurn die höchste Leerwohnungsziffer auf (2,98 Prozent). Schweizweit auf Rang zwei liegt der Kanton Aargau (2,65 Prozent), auf drei der Kanton Jura (2,56 Prozent). Gleich dahinter reiht sich Schaffhausen ein, das im Vergleich zum Vorjahr um zwei Plätze nach vorn gerückt ist. Betrachtet man aber die Entwicklung des Leerwohnungsbestands seit 2014, dann belegt der Kanton Schaffhausen den ersten Rang: Die Leerwohnungsziffer stieg hier mit 1,32 Prozent am stärksten an. Zwischen 2011 und 2017 habe sich der Leerwohnungsbestand im Kanton Schaffhausen verdoppelt, sagte Immobilienexperte Stefan Klaiber bereits im April.
Hallaus Leerbestand steigt
Schweizweit zu den Gemeinden mit dem höchsten erfassten Leerwohnungsbestand gehört Hallau. Mit 11,18 Prozent leeren Wohnungen belegt die Klettgauer Gemeinde national den vierten Platz, mehr als jede zehnte Wohnung steht also leer. Die Gemeinde mit den meisten leeren Wohnungen in der ganzen Schweiz ist Huttwil im Kanton Bern (14,68 Prozent).
Im Schaffhauser Vergleich löst Hallau durch sein Mehr an leeren Wohnungen Neunkirch ab, das bei der letzten Erhebung im Januar 2018 noch den höchsten Leerwohnungsbestand im Kanton Schaffhausen hatte (13,4 Prozent).
Ganz anders als in Hallau, wo sich in der Leerwohnungsziffer nun verschiedene im 2018 realisierte Neubauten niederschlagen, hat der Bestand an Leerwohnungen beim einstigen kantonalen Spitzenreiter massiv abgenommen. In Neunkirch waren am 1. Juni nur noch 2,4 Prozent aller Wohnungen leer. Wie kann das sein? Stephan Gasser, Baureferent der Gemeinde, sagt: «Drei grössere Überbauungen wurden im Laufe dieses Jahres abgeschlossen und fanden regen Anklang bei Mietern.» Will heissen, dass ein grosser Teil der Neubauten nun vermietet ist. «Dass im Städtli zurzeit aber viele Wohnungen nicht vermietet sind, ist nicht von der Hand zu weisen», so Gasser weiter. Und im Städtli vermutet der Gemeinderat einen weiteren Grund, weshalb die Ziffer so stark nach unten gegangen sei: «Es gibt im Städtli eine ‹Dunkelziffer› an Leerwohnungen.» Denn einen Rückgang der nicht bewohnten Wohnungen um zehn Prozent halte er für unwahrscheinlich, sagt Gasser.
Altbauten geraten unter Druck
Anhand der Altstadt von Neunkirch lässt sich ein weiteres Phänomen zeigen, das sich im Zusammenhang mit der Investitionsfreudigkeit institutioneller Anleger akzentuiert: Altbauten geraten zunehmend unter Druck. Dahinter sieht Immobilienexperte Daniel Schlehan eine Machtverschiebung zugunsten der Mieter. «Die Auswahl wird grösser, und man interessiert sich eher für Neubauten mit hohem Ausbaustandard», sagt er. «So entscheiden sich auch immer mehr junge Leute dazu, eine neue 5,5-Zimmer-Wohnung für beispielsweise 2500 Franken Monatsmiete als Wohngemeinschaft zu mieten.»
«Grössere Player können Liegenschaften problemlos während fünf Jahren leer stehen lassen.»
Daniel Schlehan, Immobilienexperte
Für Schlehan ist klar, dass der Leerwohnungsbestand in den kommenden Jahren weiter ansteigen wird. Insbesondere, wenn die Negativzinsen der Nationalbank aufrechterhalten werden. «Grössere Player wie Pensionskassen können Liegenschaften problemlos während fünf Jahren leer stehen lassen», sagt er. Diese institutionellen Anleger hätten zudem kein Interesse an Investitionen von ein bis zwei Millionen Franken, sondern bräuchten Grundstücke für Anlagen von zehn Millionen Franken.
Neuhausen zukünftig im Fokus
Damit liegen Landreserven, die insbesondere noch in den Landgemeinden im Kanton Schaffhausen vorhanden sind, im Fokus der Investoren. Klaiber warnt aber davor, wegen kurzfristig stark ansteigender Leerwohnungsziffern in Landgemeinden in Panik zu geraten. «Die Bewegungen sind stärker, weil die absolute Zahl an Wohnungen viel kleiner ist», sagt er. Eine Akzentuierung sieht er in Neuhausen kommen, wo ebenfalls viele Neubauten geplant sind. «Hier wird die Frage sein, wie das verdaut wird», so Klaiber. Eines ist für ihn klar: Die Herausforderungen für die Vermieter steigen. «Sie dürfen nicht mehr verwalten, sondern müssen ihre Liegenschaften vermarkten», sagt Klaiber.