Böötler auf dem Rhein: «Wir erleben jeden Tag kritische Situationen»

Ralph Denzel | 
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Böötlifahrer unterschätzen oft genug die Gefahren von den Kursschiffen auf dem Rhein. Bild: Pixabay/Montage RD

So gut wie täglich kommt es auf dem Rhein zu gefährlichen Situationen zwischen Böötlern und Schiffen der URh. Vor allem das derzeitige Niedrigwasser sorgt für zusätzliche Gefahren.

Die Temperaturen steigen und steigen – und damit auch die Sehnsucht der Leute, eine Abkühlung von der Hitze zu finden. Ein Glück, dass wir den Rhein direkt vor der Haustür haben. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden: Auch dieser birgt Gefahren – die leider oft genug fahrlässig ignoriert werden.

Vor allem Hobbykapitäne von Gummibooten oder anderen Schwimmgeräten vergessen dies oft. Bestes Beispiel ist der Unfall, vor sich vor einigen Wochen im Rhein ereignete, als ein Böötli-Kapitän mit einer Wiffe kollidierte und gerettet werden musste. Aber auch in der Facebookgruppe «Du bist ein Schaffhauser/in, wenn du…» kommt es immer wieder zu Meldungen, wonach Leichtsinn gepaart mit Unwissenheit zu gefährlichen Situationen auf dem Rhein führt. Oberkapitän Urs Thaler von der Schweizerischen Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein AG (URh): «Wir erleben jeden praktisch jeden Tag kritische Situationen.»

Unwissen und unterschätze Gefahren

Wie kommt es aber, dass immer mehr Böötlifahrer in heikle Situationen kommen? Urs Thaler: «Oft wird die Kraft der Strömung unterschätzt und zu spät reagiert.» Dann kann es gefährlich werden. Sei es, dass man nicht mehr schnell genug ans Ufer kommt oder nicht mehr rechtzeitig navigieren kann. Zudem: «Viele Situationen entstehen auch durch übermässige Hitze oder Alkoholeinwirkung», so der erfahrene Kapitän. Besonders problematisch sind dabei für ihn die «Gummibootfahrer», oder «die Leute, die sich mit diesen Gummitieren den Rhein runter treiben lassen und nicht einmal Ruder dabei haben und sich somit auch nicht aus der Gefahrenzone bringen können.»

Lobend erwähnt er jedoch die Boote mit Maschinenantrieb und die Weidlingfahrer. «Mit denen haben wir eigentlich kaum oder nur sehr selten Probleme. Sie kennen die örtlichen Gegebenheiten und haben die nötige Erfahrung auf dem Rhein.»

«Unmöglich zu manövrieren»

Aber nicht nur die Unkenntnis mancher Böötli-Kapitäne ist problematisch: Auch die Ideen, auf die manche kommen, lassen die Verantwortlichen von der URh den Kopf schütteln. So erleben die Kapitäne auf dem Rhein immer wieder, dass mehrere Gummiboote zusammengebunden werden, damit diese nicht voneinander abtreiben. «Das Zusammenbinden diverser Gummiboote ist sehr gefährlich und macht es unmöglich, ein Manöver zu fahren.» Das ist aber dringend notwendig, denn: Vor allem «ein grosses Schiff hat einen grösseren Tiefgang und ist an die Fahrrinne gebunden». Bei Niedrigwasser, was der Rhein derzeit führt, gibt es für Schiffe nur sehr wenig Spielraum. Zwar ist «aus technischer Sicht die Manövrierfähigkeit eines Schiffs bei Niederwasser nicht betroffen», so Herbert Rispy, Geschäftsführer der URh, aber: «Bei wenig Wasser müssen die grösseren Schiffe sehr exakt die Fahrrinne befahren und haben daher kaum mehr die Möglichkeit auszuweichen.» Das liegt dann an den Böötlifahrern – sofern diese das können.

Besonders oft treten die gefährlichen Situationen an bestimmten Stellen auf, wie Kapitän Thaler weiss. «Die eigentlich sehr heiklen Stellen im Rhein sind für uns die Passagen um die Hemmishofer Brücke, die Bibermühle und die Brückendurchfahrt bei Diessenhofen mit dem anschliessenden Wendemanöver.» Besonders schlimm und unverständlich für den Kapitän: «Das Schlimme ist immer, wenn unachtsame Eltern noch ihre Kinder in solche Gefahren bringen.» 

Niedrigwasser schränkt die Schiffe ein

Auch für die Kapitäne auf den Kursschiffen ist es nicht einfach, zu manövrieren. «Ist eine Gefahr erkannt, wird sofort reagiert. Das ist ein Teil der täglichen Routine, die gerade bei uns von den Schiffführern sehr viel an Können abverlangt», so Herbert Rispy. «Der Rhein bei uns ist ein wirklich sehr einzigartiger Flussabschnitt, der aber auch seine Gefahren in sich hat.» Das Problem dabei ist, welche Möglichkeiten dem Schiffführer zur Verfügung stünden, ergänzt Oberkapitän Urs Thaler, denn: «Um Auszuweichen braucht es den nötigen Raum mit entsprechender Wassertiefe und der Raum muss auch noch frei sein.»

Ist das nicht gegeben, gibt es keine Möglichkeit für ein Ausweichmanöver. Was viele Leute zudem vergessen: Der Bremsweg eines Schiffes ist, ähnlich wie bei einem Auto, unterschiedlich lang – und: «Es kann aber auch sein, dass gar kein Stopmanöver mehr eingeleitet werden kann. Zum Beispiel unmittelbar vor Brückendurchfahrten oder anderen schwierig zu befahrenden Passagen, von denen es im Rhein genügend hat.» Dann liegt es wieder an den den Böötlern, dass sie vorausschauend fahren und sich nicht in Gefahr begeben. Denn auch wenn ein Schiff bremsen kann, kann das schwerwiegende Konsequenzen haben: «Das Problem vor allem bei der Talfahrt ist, dass das Schiff beim Bremsen sich nicht querstellt und nicht mehr zu halten ist.»

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