Die gefährliche Tigermücke «wird auch nach Schaffhausen kommen»

Ralph Denzel | 
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Die Tigermücke ist Überträgerin vieler, teils lebensbedrohlicher, Krankheiten. Bild: Wikimedia

Sie ist Überträgerin von vielen gefährlichen Krankheiten: Die Tigermücke. Forscher warnen: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie auch in Schaffhausen ankommen wird.

Diese Pressemitteilung des Landratsamtes Waldshut-Tiengen macht hellhörig und sorgt für Besorgnis: Die Tigermücke wurde erstmals auch am Hochrhein nachgewiesen – nur wenige Kilometer entfernt von Schaffhausen. Diese tagaktive Mückenart, ursprünglich aus Asien, ist «sehr aggressiv und potentielle Überträger von gefährlichen Krankheitserregern», wie es in der Mitteilung heisst. Auch das Arbeits- und Sozialministerium im benachbarten Baden-Württemberg warnte bereits 2016 eindringlich vor der Gefahr durch diese Mückenart. So hiess es dort in einer Medienmitteilung: «Sobald sich Aedes albopictus (die Tigermücke – Anm.d. Red.) etabliert haben sollte, ist eine flächendeckende Bekämpfung nicht mehr aussichtsreich.»

Die asiatische Tigermücke, wie der Name bereits sagt, ursprünglich beheimatet in Asien, ist vor allem über den «rollenden Verkehr» in die Schweiz gekommen. Heute ist das Tier vor allem im Tessin weit verbreitet (siehe Info). Wahrscheinlich kam es von Italien über die Schweizer Grenze. Bei unserem südlichen Nachbarn ist die Mücke schon lange ein Problem.

Eine Tigermücke sticht. Bild: Wikimedia

Der Kanton ist daher jetzt von zwei Seiten bedroht von der Tigermücke. Einerseits kommt das Tier aus Richtung Tessin immer näher, andererseits breitet es sich jetzt auch am Hochrhein aus. Roman Fendt vom Interkantonalen Labor ist sich daher sicher: «Die Tigermücke wird sich auch nach Schaffhausen ausbreiten.»

Die Ruhe vor dem Sturm?

Bisher gab es laut Petra Bachmann, Ressortleiterin Naturschutz des Kantons Schaffhausen, noch keine Sichtung der Tigermücke. «Davon ist mir nichts bekannt.» Auch laut Roman Fendt gibt es bisher keine bestätigte Meldung dieser Art im Kanton. Der Experte schränkt allerdings ein: «Bei uns im Kanton gibt es kein Monitoring.» Das bedeutet, dass keine speziellen Mückenfallen ausgelegt werden, in welche die Tiere ihre Eier ablegen können. «Diese Eier werden dann genetisch untersucht, um festzustellen, was für eine Art es ist», so Fendt. Die Sorge ist bei der Bevölkerung jedoch schon angekommen: So habe es in diesem Jahr bereits vier Anfragen gegeben, ob es sich bei einer gefunden Mücke um die Tigermücke handle. Der Experte kann jedoch vorerst Entwarnung geben: bei allen gefunden Exemplaren handelte es sich um sogenannte Buschmücken. Diese gehören eigentlich auch nicht hierher, sind also eine invasive Art, gelten jedoch nicht als primäre Überträger von Krankheiten.

Wenn die Tiere jedoch hier ankommen, muss gehandelt werden. «In erster Linie muss dann die Bevölkerung informiert werden», so der Experte vom Interkantonalen Labor. Denn diese ist ausschlaggebend, damit die Mücken sich weiter ausbreiten. «Den Tieren reicht schon etwas Wasser, zum Beispiel in einem kleinen Untersetzer für Pflanzen, um dort ihre Eier abzulegen», so Roman Fendt. Im Falle einer Ausbreitung läge es dann auch an der Bevölkerung, speziell auf solche Dinge zu achten, um den Mücken den Lebensraum zu nehmen und so eine weitere Ausbreitung zu unterbinden.

Auch eine behördliche Bekämpfung wäre eine Möglichkeit. Roman Fendt: «Im Tessin sind dafür speziell ausgebildete Leute unterwegs. Das geschieht mit Insektiziden.» So ein Einsatz würde jedoch auch Gefahren mit sich bringen, wie Petra Bachmann vom Naturschutzamt warnt.

Nur schwer absehbare Folgen für die Umwelt

«Fallen die Mücken weg, verlieren ganz viele andere Tiere eine wichtige Nahrungsquelle – mit unabsehbaren Folgen», sagt sie. Auch Fendt weiss, dass so ein Einsatz sich auch «auf die normalen Stechmückenpopulation» auswirken könnte. Was im ersten Moment wie ein kleiner Preis klingt, kann jedoch auf lange Sicht gravierende Folgen für die Umwelt haben. Daher sei es angebracht, im Falle einer Plage so umsichtig wie möglich gegen die Tigermücke vorzugehen, aber: «es ist wichtig, so schnell wie möglich, aber so umsichtig wie nötig zu handeln», denn: «Wann immer Fremdlinge in ein Ökosystem eindringen, bringt das Probleme mit sich.»

Diese weitreichende Entscheidung liege beim Kanton, so  Fendt. Er beruhigt: «Der Kanton ist auf die Tigermücke vorbereitet.» Ein grundlegendes Mittel dafür sei dann vor allem, dass die Bevölkerung umfassend über die möglichen Gefahren und die Auswirkungen der Tigermücke informiert werden müsse und auch, wie man sie effektiv bekämpfen könne. «Auch in Zusammenarbeit mit anderen Kantonen gibt es Empfehlungen, wie Schaffhausen auf so eine Bedrohung reagieren muss», so der Experte.

Sorgen: Ja – Angst: Nein

Die wichtigste Frage ist jedoch die: Muss man Angst haben vor der Tigermücke? Der Experte vom Interkantonalen Labor hat darauf eine klare Antwort: «Man sollte vorsichtig sein, aber Angst ist fehl am Platz.» So ist die Tigermücke zwar aggressiv und kann auch  Krankheiten übertragen, aber laut dem Interkantonalen Labor gab es bisher noch keinen einzigen Fall, dass eine Tigermücke eine Krankheit in der Schweiz übertragen hat. Trotzdem warnt er: «Man darf es nicht unterschätzen. Die Tigermücke ist definitiv ein Problem.» Der Klimawandel und die wachsende Mobilität werden auch weiterhin dafür sorgen, dass das Tier sich ausbreiten kann und auch in Schaffhausen heimisch wird - «das wird man nicht verhindern können.»

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