Wenn die Hasenpest Menschen krank macht
Die Hasenpest wird am Bodensee zum Problem und kann es auch bei uns werden. Sie kann auf den Menschen übertragen werden - wir haben mit einem Betroffenen gesprochen.
Hasenpest (Tularämie): Fragen und Antworten
Welche Arten können sich infizieren?
Dabei unterscheidet man zwischen hochempfänglich und empfänglich. Zur ersten Kategorie gehören: Nagetiere, Hasen und Kaninchen. Weniger empfänglich sind Tierarten wie Schafe, Rinder, Hunde, Katzen und Vögel – und natürlich der Mensch.
Was für ein Erreger ist das und wie wird er übertragen?
Man spricht vom sogenannten «Francisella tularensis». Dieser Erreger kann durch die Luft, wie im Fall von Walter Bachmann, aber auch durch Bisse von infizierten Tieren übertragen werden. Eine Übertragung ist auch durch Parasiten wie Zecken, Mücken oder Flöhe möglich. Auch durch kontaminierte Umgebungen, vor allem mit Mäusekot, -urin. Der resistente Erreger kann auch durch verunreinigte Gewässer übertragen werden.
Wie läuft eine Infektion ab?
Hochempfängliche Tiere erkranken binnen kurzer Zeit nach der Infektion. Die Tiere zeigen dann Fieber, Apathie, Dyspnoe. Der Tod durch Septikämie, also eine Vergiftung im Körper, tritt nach ein bis zwei Wochen ein. (Haus)Kaninchen zeigen als Symptome keinen Appetit, massiven Durst, Zahnfleischentzündungen und zentralnervöse Störungen wie Bewegungsstörungen, Verhaltensveränderungen, Zähneknirschen. Beim Mensch tritt nach einer Infektion, die Art der Ansteckung ist dabei ebenfalls zu beachten, Fieber, Schmerzen und eine Schwellung der Lymphknoten auf. In 33 Prozent der Fälle verläuft die Infektion tödlich.
Wie wird behandelt?
Mit hochdossiertem Antibiotika bestehen sehr gute Heilungsaussichten – hochempfindliche Tiere haben meistens nur wenige Chancen.
Wie kann man sich schützen?
Das Bundesamt für Gesundheit rät, sich vor allem an Orten, die von Nagertierkot beschmutzt sind, nur mit Schutzkleidung aufzuhalten - insbesondere wenn Reinigungen anstehen. Ansonsten soll man sich toten Hasen nicht nähern und allgemeine Vorsicht walten lassen.
Die Hasenpest ist wieder auf dem Vormarsch – nachdem es in den vergangenen zehn Jahren immer wieder vereinzelt zu Ausbrüchen gekommen war, breitet sich die tödliche Seuche nun wieder im Bodenseeraum aus.
Trotzdem kennen in Schaffhausen die Krankheit wohl hauptsächlich nur Jäger und Menschen, die viel im Wald unterwegs sind. Denn laut Bundesamt für Statistik gab es in den letzten zehn Jahren lediglich vier bestätigte Fälle von dieser Krankheit im Kanton. Auch Kantonstierarzt Peter Uehlinger sagt: «Bei Krankheiten unterscheidet man mehrere Stufen: Hoch ansteckend, auszurottend, zu bekämpfen und zu überwachen», so Peter Uehlinger. Hasenpest, als nur meldepflichtige Krankheit, fällt daher unter die letzte Kategorie, Massnahmen müssen somit keine ergriffen werden. Anders als viele andere Tierkrankheiten kann die Hasenpest jedoch auch auf den Menschen übergehen – und tödlich enden.
Was, wenn man sich damit infiziert? Wir haben mit einem Mann gesprochen, der das erlebt hat – und sich zuerst schon von seinem Leben verabschiedet hatte. Diagnose: Lungenkrebs. Walter Bachmann, Landwirt und Forstwart aus Altikon, spürte damals schnell, das etwas nicht stimmte. «Ich war komplett erledigt», erinnert er sich. Nach einer Dusche liess er sich erschöpft aufs Bett fallen. Seine Temperatur: 40 Grad Fieber. Das ist jedoch nicht das Schlimmste: Er bekam kaum Luft und hatte starke Schmerzen im Brustbereich.
«Ich rief meinen Hausarzt an», sagt er sich – dieser war damals allerdings in den Ferien. «Der hat mir schon an der Stimme angehört, dass etwas mit mir nicht stimmt und sagte, ich solle sofort in die Klinik fahren.»
Dort angekommen, machten die Ärzte ein CT mit ihm und sahen eine schattige Lunge, so dass die Diagnose relativ schnell feststand: «Lungenkrebs», erinnert sich Walter Bachmann. Zu diesem Zeitpunkt hat er seit fast 40 Jahren geraucht, daher schien die Diagnose «absolut möglich», wie er selbst zugibt. Die Aussage der Ärzte war für ihn und seine Frau ein Schock und zog ihnen den Boden unter den Füssen weg – und sie war falsch, aber das wussten die Bachmanns noch nicht.
Doch was war passiert? Wohl beim Ausfegen eines Stalles atmete Bachmann die Erreger «Francisella tularensis» ein, die sich in seiner Lunge festsetzten. Binnen kurzer Zeit traten die Symptome dann bei ihm auf. In diesem Fall verhält es sich beim Mensch ähnlich wie bei Wildtieren. Amtstierarzt Peter Uehlinger erklärt: «Die Inkubationszeit bei dieser Krankheit ist sehr kurz.» In der Regel sterben die Tiere binnen weniger Tage. Der Erreger kann jedoch mehrere Monate überleben und noch gefährlich sein. Woher der Erreger im Falle von Walter Bachmann genau kam, konnte nicht geklärt werden. Sicher ist aber: «Ein Kind aus dem Ort erkrankte zur selben Zeit wie ich.»
Für seine Frau Beatrice brach in dem Moment der Lungenkrebs-Diagnose eine Welt zusammen. «Ich sass teilweise einfach nur auf dem Flur im Krankenhaus und wusste nicht mehr weiter», erinnert sie sich an die schwere Zeit. «Wir haben noch nie so viel geweint wie in diesem Monat.» So lange dauerte es nämlich, bis die Schockdiagnose revidiert werden konnte. Eigenartig ist damals für die beiden: Keine weitere Untersuchung lieferte Anhaltspunkte für Lungenkrebs. «Man fand keinerlei Krebszellen in mir», erinnert sich Walter Bachmann.
Ist mein Haustier auch gefährdet?
Wie steht es mit den eigenen Haustieren? Droht diesen Tieren Gefahr? Kantonstierarzt Peter Uehlinger: «Natürlich können sich auch Kaninchen mit dem Virus infizieren – aber die Gefahr ist eher gering.» Der Grund: «Feldhasen und Kaninchen sind sehr unterschiedlich und haben eigentlich keinen Kontakt miteinander.»
Aber auch für Hunde kann die Krankheit gefährlich werden. Infiziert sich ein Tier mit dem Erreger, entwickelt es Symptome ähnlich der Staupe. Hier kommt es vor allem darauf an, welcher Rasse die Tiere angehören: Manche sind resistent gegen die Krankheit. Bei einem Verdacht ist es jedoch immer ratsam, einen Tierarzt aufzusuchen.
Ein «alter Hase» findet die richtige Spur
Für Walter Bachmann hat alles ein gutes Ende genommen. Letztlich war es sein Hausarzt, der die richtige Diagnose stellte – und so wohl auch Walter Bachmanns Leben rettete. «Der Arzt sagte, er brauche noch einmal Blut von mir», so Bachmann. Dann war klar: Es ist kein Krebs, sondern die Hasenpest. «Das war wie Weihnachten und Ostern zusammen», sagt seine Frau Beatrice. Walter Bachmann bekommt im Krankenhaus hochdosiertes Antibiotika verabreicht – und nach wenigen Tagen geht es ihm besser.
«Schäden habe ich zum Glück keine davongetragen», sagt Bachmann. Trotzdem würde er diese Zeit so schnell nicht vergessen. «Ich war vier Wochen überzeugt, dass ich sterben würde.» Einen Vorteil hat diese Horrorerfahrung für ihn allerdings: Durch seine Infektion ist er nun immun gegenüber der Hasenpest.