Ärger ohne Ende bei EKS-Solaranlagen

Das Starkstrominspektorat hat beim Bundesamt für Energie Anzeige gegen eine Firma eingereicht, die im Auftrag der EKS AG Solaranlagen montiert hat. Die Firma verfügte über keine Bewilligung.
EKS-Solaranlagen: Das Inspektorat erstattet Anzeige
Das Eidgenössische Starkstrominspektorat (Esti) hat über 90 Schaffhauser Solaranlagen, die zwischen Mai 2016 und Juli 2017 erstellt wurden, unter die Lupe genommen. Dies führte am 5. Februar 2018 zu einer Strafanzeige an das Bundesamt für Energie (BFE) gegen einen Elektroinstallationsbetrieb mit Sitz in Deutschland wegen Verletzung der mit einer Installationsbewilligung verbundenen Pflichten sowie gegen einen Ableger dieses deutschen Betriebs mit Sitz in Thayngen wegen Installierens ohne Bewilligung. Die zur Anzeige gebrachten Pflichtverletzungen betreffen die Erstellung von 85 Anlagen. Bemängelt wird das Fehlen wirksamer technisch-fachlicher Aufsicht über die Installationsarbeiten, das Durchführen von Schlusskontrollen durch nicht kontrollberechtigte Personen oder erst nach Übergabe der elektrischen Installation an den Eigentümer. In acht Fällen seien Installationen an den Eigentümer mit gefährlichen Mängeln übergeben worden. Man gehe davon aus, dass das BFE gegen die verantwortlichen Personen ein Verwaltungsstrafverfahren eröffnen wird, schreibt das Esti. Als Sanktion droht eine Busse von bis zu 100 000 Franken, wenn die Tat mit Wissen und Willen begangen wurde. (lbb)
Das Geschäft mit den Fotovoltaikanlagen in der Region Schaffhausen blüht – allein im letzten Jahr haben sich 143 Privatpersonen oder Firmen eine Solaranlage aufs Dach montieren lassen, das ist ein Zuwachs von 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Einer der Mitbieter am Markt mit den Sonnenenergiekollektoren ist die Elektrizitätswerk des Kantons Schaffhausen (EKS) AG mit ihrem Fertigprodukt Sun Control. Drei verschiedene Typen von PV-Kompaktlösungen mit oder ohne Batterie hat der regionale Energieversorger seit genau zwei Jahren im Angebot. Die günstigste Anlage mit 16 Modulen (rund 28 Quadratmeter) und einer Jahresleistung von gegen 4800 Kilowattstunden pro Jahr ist bereits ab 9999 Franken zu haben.
Montage, Kontrolle und amtliche Abnahme sind in diesem Preis inbegriffen. Für die Montage hat das EKS bis vor einem Jahr mit dem Schweizer Ableger einer deutschen Firma – nennen wir sie Firma X – zusammengearbeitet, die grenzüberschreitend tätig war. Das stiess dem lokalen Ableger des Gebäudetechnikerverbands Suissetec, dessen Mitglieder ebenfalls im PV-Anlagengeschäft mitmischen, schon früh sauer auf. Als ruchbar wurde, dass der Schweizer Ableger nicht über die notwendige Bewilligung zur Montage verfügen könnte, erstattete der Verband im Juli 2017 Anzeige beim Eidgenössischen Starkstrominspektorat.
EKS: Keine Kosten für Eigentümer
Schon zuvor hatte die EKS AG für die Neuerstellung von PV-Anlagen im Schaffhauser Versorgungsgebiet die Zusammenarbeit mit einer Schaffhauser Firma eingefädelt – wie dies dem Sinn und Geist einer Einigung zwischen dem EKS und den lokalen Gebäudetechnikern vom Frühjahr 2017 entsprach.
Auf Nachfrage der SN hat das Esti nun erstmals Stellung zu den Vorwürfen der Gebäudetechniker gegen das EKS und die Firma X genommen (siehe Kasten rechts). Fazit: Das Unternehmen konnte keine gültige Bewilligung für seine Tätigkeit in der Schweiz nachweisen. Das Esti hat deshalb im Februar eine Strafanzeige an das Bundesamt für Energie weitergereicht. Dieses entscheidet nun, ob ein Verschulden vorliegt.
Doch damit nicht genug: An 85 von insgesamt 92 durch die Firma X erstellten Solaranlagen hat das Inspektorat Mängel festgestellt. In den meisten Fällen waren dies allerdings keine technischen Mängel: Die Installation oder Abnahme der Anlagen durch nicht bewilligte Personen wird in diesem Sinn bereits als Mangel verstanden, schreibt das Esti. In acht Fällen seien aber technische Probleme entdeckt worden, die das Bundesinspektorat als sehr gefährlich taxiert. Thomas Fischer, CEO der EKS AG, sagt gegenüber den SN: «Bei sieben der beanstandeten Anlagen wurden die Mängel unverzüglich behoben, oder es wird in Absprache mit dem Esti nachgebessert.» Man stehe mit den Anlagenbesitzern in Kontakt und stelle sicher, dass bei Mängeln ohne Verzug nachgebessert werde. «Ergeben unsere Nachprüfungen, dass Nachbesserungen erforderlich sind, sind diese Arbeiten für den Kunden kostenfrei.» Die Kosten werde das Unternehmen selbstverständlich dem Verursacher, der Firma X, verrechnen.
Rund 24 000 Franken hat sich das EKS in den vergangenen Wochen die Nachbesserungen kosten lassen. Die meisten Mängel seien harmlos, sie reichten von unkorrekter Beschriftung der Geräte auf Aufklebern bis zu nicht vorschriftsgemäss verlegten Kabeln. Als Beispiel eines gefährlichen Mangels wird die ungenügende Verbindung einer Anlage mit dem bestehenden Blitzschutz oder die Nichtverwendung von nicht brennbaren Kabelrohren genannt.
Seit Bekanntwerden der Suissetec-Anzeige im Juli 2017 habe die Firma X für das EKS nur noch Nachbesserungsarbeiten an den Anlagen ausgeführt, die sie selber montiert habe. Damit ist jetzt definitiv Schluss. Fischer: «Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen ist nach Entdeckung der Mängel eingestellt worden. Schadenersatzansprüche behalten wir uns vor.» Auch im deutschen Teil des Versorgungsgebietes arbeitet das EKS laut eigenen Angaben nicht weiter mit der Firma X zusammen.
Der im Kanton Schaffhausen wohnhafte Suissetec-Verbandspräsident Hans-Peter Kaufmann legte vergangene Woche an der Generalversammlung der Schaffhauser Verbandssektion nach. Zu den SN sagte er gestern: «Jede andere Firma wäre erledigt, wenn sie ohne Bewilligung Anlagen montieren würde. Für Firmen, die im Auftrag eines staatsnahen Betriebs arbeiten, gilt dies offenbar nicht, das ist stossend.» Die normalen Gebäudetechnikerfirmen investierten in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter zur Installation von PV-Anlagen: «So ein Pfusch darf doch nicht passieren!» Der Schaden sei für alle, die Produkte im Bereich der erneuerbaren Stromproduktion verkauften, gross.
Für das EKS sei es indes nicht nur ein Reputationsschaden. Kaufmann rechnet vor: Zusätzlich könnten bei einem Schuldspruch die Kosten der Kontrolle des Esti auf das EKS selbst zukommen. Da Firma X Offertstellung und Rechnung teilweise auf EKS-Firmenpapier getätigt habe, könnte zudem die Erstunternehmerhaftung greifen, das heisst, das Energieunternehmen müsste volle Haftung übernehmen. Zudem laufe eine separate Anzeige gegen das EKS, weil dieses in einem früheren Fall Adressen für den Werbeversand aus seinem Stromkundenstamm verwendet habe, was wettbewerbsgesetzlich verboten sein.
Man könne aktuell nicht sagen, welche ganz konkreten Kosten entstünden, sagt Thomas Fischer: «Das BFE ermittelt ja auch nicht gegen das EKS!» Ob es seitens des Bundesamts noch weitere Untersuchungshandlungen gebe, sei derzeit «spekulativ».