«Alpenblick»: Stadtrat wünscht externe Untersuchung

Daniel Jung | 
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Das Schulhaus Alpenblick in der Stadt Schaffhausen: Im letzten Spätsommer waren hier Lehrpersonen an den Stadtschulrat herangetreten, weil sie sich Sorgen machten über das Verhalten einer muslimischen Familie. Bild: Selwyn Hoffmann

Eine neutrale Fachperson soll die Vorgänge im Schulhaus Alpenblick und das Handeln des Stadtschulrats überprüfen. Das fordert Bildungsreferent Raphaël Rohner.

Der Schaffhauser Stadtrat möchte die Vorgänge rund um das Schulhaus Alpenblick untersuchen lassen. «Als Bildungsreferent halte ich an der Meinung fest, dass zur abschliessenden Klärung des Sachverhaltes eine neutrale, externe Fachperson beigezogen werden soll», sagt Stadtrat Raphaël Rohner (FDP). Diese Haltung wird auch vom Gesamtstadtrat mitgetragen.

Muslimische Familie aufgefallen

Im vergangenen Spätsommer war die Lehrerschaft im Schulhaus Alpenblick auf eine muslimische Familie aufmerksam geworden, deren Verhalten sonderbar erschien. Die Lehrpersonen teilten daraufhin ihre Beobachtungen der zuständigen Stadtschulrätin mit. Mit einem Experten der Schaffhauser Polizei wurden die Beobachtungen darauf diskutiert. Handlungsbedarf wurde keiner festgestellt.

Auf Medienanfragen und in einem Brief an die Eltern der Schülerinnen und Schüler im Schulhaus Alpenblick wurde jedoch abgestritten, dass überhaupt je eine Verunsicherung im Schulhaus bestanden hatte – obwohl dies auch an Sitzungen des Stadtschulrats besprochen worden war.

Raphaël Rohner räumt daher ein, dass Widersprüche bestehen zwischen dem Protokoll des Stadtschulrats vom 24. August 2016 und den Ergebnissen der aktuell erfolgten Abklärungen. «Diese Widersprüche bedürfen einer Überprüfung und Klärung», sagt Rohner, der Anfang Jahr das Bildungsreferat übernommen hat. Erst nach einer Klärung könne man entscheiden, ob der Fall ad acta gelegt werden könne oder ob Massnahmen notwendig seien. «Ohne eine solche neutrale Überprüfung werden hüben und drüben Zweifel weiter bestehen, und das sollte verhindert werden», sagt Rohner. Er schätzt, dass eine Untersuchung innert weniger Wochen abgeschlossen sein könnte. Der Bildungsreferent ist überzeugt, dass Klarheit und Transparenz im primären Interesse aller seien – der Lehrpersonen, der Schülerinnen und Schüler, der Behörden und auch der Öffentlichkeit. «Dem Stadtrat liegt viel daran, dass endlich Ruhe in den Schulalltag einkehrt und sich alle Beteiligten wieder auf ihre Aufgabe konzentrieren können», sagt Rohner.

Fioretti: «Grosse Unstimmigkeiten»

Auch Mariano Fioretti (SVP), Vizepräsident des Stadtschulrats, würde eine externe Untersuchung zum Fall «Alpenblick» begrüssen. «Es gibt in diesem Fall grosse Unstimmigkeiten und Diskrepanzen», sagt er. Verschiedene Dinge, die im Stadtschulrat besprochen worden seien, seien nicht korrekt in der Öffentlichkeit wiedergegeben worden. Von Lügen will Fioretti in diesem Zusammenhang jedoch nicht sprechen: «Ich bezeichne niemanden als Lügner», sagt er.

Fioretti bedauert es, dass sich der Stadtschulrat selbst gegen eine externe Untersuchung ausgesprochen hat. «Das wäre der sauberste Weg gewesen, dann könnte man die Sache richtig klären und allenfalls einen Schlussstrich ziehen», sagt er. Stattdessen hat der Stadtschulrat letzte ­Woche entschieden, kurzfristig eine Medienkonferenz anzusetzen. «Dieses Vorgehen habe ich nicht unterstützt», macht Fioretti klar. Er meint, eine externe Untersuchung könnte allenfalls doch noch vom Stadtschulrat selbst eingeleitet werden. «Wenn der politische Druck grösser wird, dann muss der Erziehungsrat eine Untersuchung anordnen», sagt Fioretti. «Dann wird alles aufgedeckt.» Der kantonale Erziehungsrat ist Aufsichtsorgan über den Stadtschulrat.

Amsler: «Meilenweit entfernt»

Christian Amsler, Schaffhauser Bildungsdirektor und Präsident des Erziehungsrats, findet, die aktuelle Diskussion sei reichlich aufgeheizt und der Sache nicht dienlich. «Es wirft ein falsches Bild auf die riesigen Integrationsleistungen der Schule», sagt er. Einzelfälle gebe es immer wieder. Der Kanton habe dafür Instrumente der Krisenintervention und stelle sie den betroffenen Behörden vor Ort zur Verfügung.

Amsler glaubt nicht, dass der Erziehungsrat im Fall «Alpenblick» eine externe Untersuchung anordnen wird. «Meine persönliche Einschätzung ist, dass es dazu viel braucht, deutlich mehr als im hier vorliegenden Fall.» Für das Schulwesen der Stadt Schaffhausen sei der Stadtschulrat zuständig. Der Erziehungsrat greife erst aufsichtsrechtlich ein, wenn offensichtlich etwas aus dem Ruder laufe und ein geregelter Schulbetrieb durch einen Umstand nicht mehr gewährleistet sei. «Davon sind wir nach meiner persönlichen Einschätzung meilenweit entfernt», so Amsler zum Fall «Alpenblick».

SP: «Angemessen reagiert»

Auch die SP der Stadt Schaffhausen hat sich gestern in einer Medienmitteilung geäussert. Sie schreibt: «Der Stadtschulrat und seine Präsidentin haben sich korrekt und angemessen verhalten und rechtzeitig die richtigen Massnahmen ergriffen.»

Die Partei weist darauf hin, dass die Schweiz eine multikulturelle Gesellschaft ist. Sie schreibt: «Reibungspunkte zwischen den Kulturen gehören zum Alltag, das macht selbstverständlich auch vor den Schulhäusern nicht halt.» Wichtig sei, dass die Situation aufmerksam beobachtet und bei Gewalt und Radikalisierungstendenzen entschlossen gehandelt werde.

Deutliche Kritik äussert die Partei an der SVP und an den «Schaffhauser Nachrichten». «Die SP Schaffhausen ist äusserst besorgt darüber, dass die SVP, mit tatkräftiger Unterstützung der einzigen Schaffhauser Tageszeitung, eine Kampagne mit ausländerfeindlichem Hintergrund auf dem Buckel der Schaffhauser Schulen fährt.» Sowohl die Vorfälle im Bachschulhaus (SN vom 25. Februar) als auch der aktuelle Fall «Alpenblick» würden in populistischer Art und Weise aufgebauscht und skandalisiert.

Die SP möchte, dass Lehrpersonen, die sich durch eine Situation verunsichert fühlen, davon ausgehen können, dass ihre Wahrnehmungen vertraulich behandelt werden. Ansonsten könne es dazu führen, «dass Lehrpersonen der Schulbehörde ihre Beobachtungen gar nicht mehr mitteilen und allfällige Konflikte weiter schwelen», so die Partei in ihrer Mitteilung.

Schneckenburger: «Andere Bühne»

Cordula Schneckenburger, Präsidentin des Lehrervereins Schaffhausen, sagt: «Der Schulrat wäre wohl besser beraten gewesen, wenn er früher kommuniziert hätte.» Ohne Antworten aus dem Stadtschulrat seien Unklarheiten entstanden.

Ein Fragezeichen macht Schneckenburger aber bei den Konsequenzen, die eine allfällige Untersuchung für den Schulbetrieb hätte. «Es müsste ja eigentlich das Hauptanliegen sein, dass die Schule zur Ruhe kommt», sagt sie. Sofern es um parteipolitische Auseinandersetzungen gehe, seien diese auf einer anderen Bühne auszutragen – nicht in der Schule.

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