Geht der Abbau bei den Poststellen weiter?

Mark Liebenberg | 
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Die bediente Poststelle mit Schaltern: ein Auslaufmodell? Die Post hat im Oktober 2016 einen Abbau von bis zu 600 Poststellen im Land angekündigt. Was das für Schaffhausen bedeuten könnte, zeigt eine umstrittene Liste auf. Bild Key

Sechs Poststellen im Kanton könnten von einer Schliessung innerhalb der nächsten vier Jahre bedroht sein. Das befürchtet die Gewerkschaft Syndicom. Die Post hält dies für Angstmacherei.

Ramsen, Beringen, Neuhausen am Rheinfall sowie die drei Postfilialen Buchthalen, Breite und Herblingen in der Stadt Schaffhausen: Werden sie bald geschlossen oder abgestuft zu Agenturen mit eingeschränktem Angebot? Wenn man einer «Gefährdungskarte» Glauben schenkt, die von der Gewerkschaft Syndicom erstellt wurde und die den SN vorliegt, dann ja. Die genannten sechs heutigen Poststellen im Kanton Schaffhausen sind nach Einschätzung der Gewerkschaft von einer Schliessung bedroht – nur vier Postschalter stuft die Untersuchung als «nicht gefährdet» ein: Bleiben würden Hallau, Thayngen, Stein am Rhein und die Hauptpost in der Stadt.

Die Gewerkschaft hat dabei die Post-eigenen Kriterien verwendet: Eine Poststelle garantiert haben Gemeinden mit mindestens 20 000 Einwohnern sowie Kantons- und Bezirkshauptorte. Zweitens gelten die Regeln aus dem Postgesetz, wonach 90 Prozent der Bevölkerung in 20 Minuten zu Fuss oder per öffentlichen Verkehr eine Poststelle erreichen können muss.

«Postagenturen sind kein Ersatz»

Die Syndicom-Liste berücksichtigt jedoch nicht die wirtschaftliche Komponente einer Poststelle, also wie rentabel die Poststelle ist. «Die Post stellt diese Zahlen nicht zur Verfügung», sagt Christian Capacoel von der Syndicom. Zwar verspreche die Post, kantonale und regionale Zentren und Gegebenheiten in ihre Pläne einzubeziehen. «Aber diese sehr vagen Kriterien konnten in unsere Betrachtung nicht einbezogen werden». Die autonome Pöstler-Gewerkschaft, der gemäss eigenen Angaben rund 40 000 Mitglieder aus den Sektoren Logistik, Telekom und Medien angehören, hat den Zeitpunkt für die Veröffentlichung der Daten nicht zufällig gewählt. «Die Gespräche mit den Kantonen und Gemeinden, die derzeit laufen, sind eine Farce. Die Bevölkerung wird vor vollendete Tatsachen gestellt: ein abgespecktes Postangebot. Es ist jetzt die Zeit, in der die Politik einschreiten soll», fordert der Gewerkschafter. Er beklagt auch mangelnde Transparenz, denn die Post orientiere sich bei ihren Plänen zum Poststellennetz allein an der Rendite. Der Gewerkschaft gehe es in erster Linie um die Erhaltung von Dienstleistungen und Arbeitsplätzen. «Agenturen sind kein Ersatz für Postfilialen», sagt Capacoel. Gerade auf dem Land sei es für ältere Leute und für das Kleingewerbe wichtig, Bareinzahlungen, Massenversand oder amtliche Sendungen tätigen zu können. Stattdessen gehe es um das Sparen beim Personal. «Wir fordern eine Strategie zur Erhaltung des Service public», sagt Capacoel.

Keine Stellung zur Liste nimmt die Schweizerische Post. «Diese Listen und Karten sind reine Spekulation und schüren Angst und Unsicherheit», sagt Léa Wertheimer, Mediensprecherin der Post, auf Anfrage. Die Post führe derzeit intensiv Gespräche in allen 26 Kantonen. Dabei gehe es darum, die regionalen Bedürfnisse an die Postversorgung zu diskutieren. «Jeder Kanton, jede Gemeinde hat in Sachen Siedlungsstruktur, Entwicklungspotenzial und Bevölkerungsstruktur andere Voraussetzungen», sagt Wertheimer. Die Überprüfung erfolge mit den Partnern vor Ort, also den Kantonen und Gemeinden. «Und ich möchte darauf hinweisen, dass die Post in der Region in der letzten Zeit investiert hat, zum Beispiel sind die Posstellen in Beringen und Neuhausen umgebaut und neu eröffnet worden.»

Noch im ersten Halbjahr will die Post eine Bilanz der Gespräche ziehen und dann eine Liste vorstellen, die festhält, welche Poststellen sicher erhalten bleiben sollen. «Dieses Versprechen halten wir», so Wertheimer. «Es wird aber auch keine Poststelle ohne ein alternatives Angebot geschlossen», betont die Mediensprecherin. Alternativen sind etwa Heimservice oder Agenturlösungen, also Poststellen in einem Dorfladen. Postdienstleistungen würden heute vermehrt elektronisch und rund um die Uhr nachgefragt. Insgesamt will die Post die Anzahl der Servicepunkte sogar erhöhen.

Regierungsrat Ernst Landolt bestätigt, dass man im Dialog mit der Post stehe: «Klar ist, dass es keine Schliessung ohne einen Ersatz geben wird.» Über die Syndicom-Liste könne er keine Aussagen machen, da er sie nicht kenne. In Agenturlösungen sieht Landolt nicht nur Negatives. «Den Kunden kann so mehr Flexibilität geboten werden. Das hilft ihnen unter Umständen mehr als eine Poststelle, die nur wenige Stunden am Tag geöffnet ist.»

In der Stadt gelten drei Standorte (Herblingen, Breite, Buchthalen) als gefährdet. Stadtpräsident Peter Neukomm bestätigt, dass noch diesen Monat Gespräche mit der Post stattfinden. «Die Liste ist zwar spekulativ, ich denke aber schon, dass wir uns wappnen müssen – ein Abbau von Service public würde die Attraktivität unserer Stadtquartiere beeinträchtigen.»

Nicht aus der Ruhe bringt die Liste den Neuhauser Gemeindepräsidenten Stephan Rawyler. «Es würde mich sehr erstaunen, wenn die Post jetzt plötzlich wieder ihren Kurs ändern würde.» Erst vor zwei Jahren hatte man zäh verhandelt und zwei Poststellenstandorte zu einem zusammengelegt.

Poststellen: Wie es im Kanton aussehen könnte

Hintergrund Die Post hat im Oktober 2016 angekündigt, gegen 600 Poststellen im ganzen Land abzubauen und gleichzeitig die Gesamtzahl der Zugangsstellen auszubauen. Der Wandel von der klassischen Poststelle zum Agenturformat soll weitergeführt werden. Derzeit laufen Gespräche mit Kantonen und Gemeinden.

Situation im Kanton Das Angebot umfasst aktuell 10 Poststellen, 15 Postagenturen und 13 Hausservices. Zwischen 2001 und 2015 sank die Zahl der Poststellen von 40 auf 10. Insgesamt wurden 30 Poststellen geschlossen.

In den kommenden vier Jahren Die Gewerkschaft Syndicom befürchtet, dass in Schaffhausen nur vier Posstellen erhalten bleiben, sechs könnten zu Postagenturen mit reduziertem Serviceangebot umgebaut oder geschlossen werden. Auf ihrer Homepage hat die Gewerkschaft eine Poststellen-Gefährdungskarte aufgeschaltet.

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