Drei Lehren hat sie abgebrochen, die vierte mit Erfolg abgeschlossen

Rolf Fehlmann | 
Noch keine Kommentare
Die Kauffrau Sarah Müller hat bei Emil Frey Schaffhausen eine Arbeitsstelle im ersten Arbeitsmarkt gefunden.

Die zweifache Mutter Sarah Müller fand in der Stiftung altra das passende Umfeld und den nötigen Halt. Jetzt tritt sie ihre Stelle als Kauffrau EFZ bei Emil Frey Schaffhausen an.

«Mir wurde rasch klar, dass ich gerne im Büro arbeiten würde», erinnert sich Sarah Müller an die ersten Gespräche mit Vertretern der IV-Stelle Schaffhausen, die sie bei der beruflichen Eingliederung unterstützte.«Weil die Stiftung altra ein Riesenangebot an Möglichkeiten bietet, ging ich zunächst im Rahmen einer Eingliederungsmassnahme dorthin», erzählt die junge Kauffrau. «Dabei ging es darum, in einer Art Belastungstraining Stunden aufzubauen.» Am Anfang war sie in der Produktion tätig: «Wichtig war in dieser Phase weniger die produktive Leistung, sondern vielmehr, dass ich dort sein und mich stabilisieren konnte.»

portrait
«Mit einem Praktikum oder einer vollumfänglichen EBA-/EFZ-Ausbildung im ersten Arbeitsmarkt erhöhen sich die Chancen auf eine Anschlusslösung in der freien Wirtschaft.» Stefan Ege, Mitglied der Geschäftsleitung

Wegen ihrer zusätzlichen Belastung als alleinerziehende Mutter musste sie nach dem zweiten Lehrjahr ihr Pensum von 100 auf die minimal möglichen 80 Prozent senken: «Die altra kam mir zu jeder Zeit entgegen, in guten wie in schlechten Phasen. Sie waren immer lösungsorientiert und boten mir die Unterstützung an, die in dem gegebenen Rahmen möglich war.»

Sie und ihre Bezugspersonen hätten viele Gespräche geführt, Standortbestimmungen vorgenommen, hätten reflektiert, wie es ihr geht und wo die Probleme liegen. Oftmals seien es private Dinge, die einen im Beruflichen beeinträchtigten, sagt sie: «Die altra kann zwar meine private Situation nicht ändern, aber sie versucht, einem dort die Last abzunehmen, wo es möglich ist.» Das habe sie ausserordentlich geschätzt: «Ich bin wirklich froh, dass ich diese Ausbildung bei altra im geschützten Rahmen machen konnte.»

Was hat ihr die Kraft gegeben, diese Ausbildung durchzustehen? «Ganz klar meine Kinder – sie haben mich immer wieder zum Durchhalten motiviert.» Oftmals sei Sie an einem Punkt angelangt, wo sie nicht mehr konnte: «Ich sagte mir jedes Mal: ‹Ich mache das für meine Kinder›.»

Mit Unterstützung der altra und der Invalidenversicherung konnte sie bei Emil Frey Schaffhausen einen Arbeitsversuch beginnen, der jetzt in eine Festanstellung umgewandelt wurde. «Es hat auf Anhieb gepasst. Der Betrieb bietet sehr viele Möglichkeiten, und die Geschäftsführer Arlette und Ralph Baldinger legen grössten Wert auf ein gutes Arbeitsklima. Ich persönlich fühle mich sehr wohl dort.» Der Wechsel sei nicht einfach gewesen: «Ich hatte Angstzustände und Panikattacken, weil ich fürchtete, dass ich den Ansprüchen nicht genügen und die Leute enttäuschen würde.» Die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt sei nun abgeschlossen: «Jetzt geht es um verschiedene Abklärungen, die meine weitere berufliche Zukunft betreffen.» Dabei bleibe das Angebot der IV für eine erneute Standortbestimmung bestehen: «Das gibt mir zusätzliche Sicherheit, zu wissen, dass ich nicht alleine bin.» Aufgezeichnet von Rolf Fehlmann

altra
Zu den Stärken der altra zählt ein Ausbildungsumfeld, das auf die individuelle Situation der Lernenden zugeschnitten ist, und das sie in jeder Hinsicht unterstützt.

Schon über 1000 Lernende ausgebildet: Zwölf Berufsfelder auf drei unterschiedlichen Ausbildungsniveaus bietet der Bereich altra Ausbildung an. Damit erarbeiten sich junge Menschen mit Beeinträchtigung eine solide Grundlage für ihren Einstieg ins Berufsleben.

«Ausbildung ist gleichsam das ‹Urkorn›, aus welchem die altra hervorgegangen ist», sagt Stefan Ege, Leiter Geschützte Arbeitsplätze und Ausbildung bei der Stiftung altra Schaffhausen. «Seit 1965 wurden bei der altra mehr als 1000 Lernende ausgebildet.» Seit Jahrzehnten betreibt die Stiftung eine eigene Berufsschule; und sie gehört zu denjenigen Institutionen, welche die 2007 lancierte Praktische Ausbildung nach INSOS (PrA) mit aus der Taufe gehoben haben.

Was die Stiftung altra von anderen Ausbildungsbetrieben unterscheidet, ist der hohe Grad an individueller Betreuung, sagt Ege: «Mit einem Praktikum oder einer vollumfänglichen EBA-/EFZ-Ausbildung im ersten Arbeitsmarkt erhöhen sich die Chancen auf eine Anschlusslösung in der freien Wirtschaft.» Noch findet die Mehrzahl der Ausbildungen innerhalb der altra statt. Mit «Supported Education», einer durch Job-Coaches begleiteten Berufslehre im ersten Arbeitsmarkt, bietet sich Jugendlichen mit Beeinträchtigung ein neuer, vielversprechender Weg an. Die zusätzliche Unterstützung der jungen Erwachsenen nach Abschluss der Ausbildung trägt zum nachhaltigen Erfolg einer Berufslehre bei der altra bei.

Praktische Ausbildung – Berufsidentität für Menschen mit Lernschwierigkeiten
Der Bereich altra Ausbildung bietet neben den anerkannten Berufsabschlüssen EBA und EFZ auch die Praktische Ausbildung (PrA) nach INSOS an. Diese steht Menschen mit Lernschwierigkeiten offen, die keinen Zugang zu einem EFZ- oder EBA-Abschluss haben. Die Praktische Ausbildung PrA ist eine zweijährige berufliche Grundbildung, die schweizweit standardisiert ist. Sie richtet sich in erster Linie an junge Menschen mit Lernschwierigkeiten, welche die obligatorische Schulzeit absolviert haben. Nach einer abgeschlossenen Praktischen Ausbildung können die Lernenden ins Arbeitsleben eintreten und ihren erlernten Beruf im ersten oder zweiten Arbeitsmarkt ausüben, eine EBA- oder EFZ-Lehre beginnen oder in einem Unternehmen interne Weiterbildungen besuchen. Derzeit gibt es über 50 PrA-Berufe, unter anderem in Industrie, Hauswirtschaft, Küche, Gärtnerei, Logistik, Detailhandel, Restauration oder Schreinerei.

Von den 55 angehenden Berufsleuten, die 2019 bei der Stiftung altra ihre Lehre machten, absolvierten 18 die Praktische Ausbildung nach IN-SOS, 17 eine EBA- und 11 eine EFZ-Ausbildung. 2020 werden über 30 Lernende ihre Lehre abschliessen.

altra schaffhausen: Die Stiftung auf einen Blick

logo

Die Stiftung altra schaffhausen beschäftigt über 600 Personen an sieben Standorten in Schaffhausen und Neuhausen. Sie bietet gut 400 Menschen mit Beeinträchtigungen einen Arbeitsplatz und rund 50 Personen ein Zuhause in einer betreuten Wohnform. In elf Berufssparten bildet sie jährlich ungefähr 50 Lernende aus.

altra schaffhausen
Mühlenstrasse 56
8201 Schaffhausen

E-Mail: info@altra-sh.ch
Tel. 052 632 17 17
Fax 052 632 17 10
www.altra-sh.ch

Kommentare (0)

Diese Diskussion wurde geschlossen.