Diese Argumente haben Gegner und Befürworter überzeugt

Wir haben bei Politik im Saal die Befürworter und Gegner eines Burkaverbots zu ihren Meinungen gefragt. Welche Argumente der Podiumsteilnehmer haben am meisten überzeugt?
«Ich mag es auch nicht, solchen vermummten Leuten gegenüberzustehen», sagte Andrea Sulzberger. Und meinte damit eine Gruppe stummer Aktivisten, die mit farbiger Ganzkörperverschleierung zum Podium im Zunftsaal gekommen war. «Aber ich bin mit Herrn Caroni einverstanden: Man sollte die Freiheit haben, anzuziehen, was man will.» Die Diskussion habe es deshalb nicht geschafft, ihre Meinung zu ändern. Gäbe es eine Abstimmung, würde sie Nein zum Verbot stimmen.
Sie habe am gestrigen Abend von den beiden Politikern nichts Neues gehört, sagte Kantonsrätin Linda De Ventura (AL, Schaffhausen). Haltlos finde sie vor allem ein Argument: «Das Burkaverbot hat absolut nichts mit Sicherheit zu tun. Ich befasse mich beruflich viel mit Kriminalität: Das grösste Sicherheitsrisiko geht immer noch von Männern aus.» Sie halte die Diskussion für eine Scheindebatte. «Auch wenn ich selber keine Burka tragen möchte, geht es nicht, dass man über den Frauenkörper verfügt, indem man bestimmt, was Frauen anziehen dürfen und was nicht.»
Gekommen, um Ulrich Schlüer zu unterstützen, war alt Nationalrat Michael Dreher.«Der Islam ist eine invasive Kultur», sagte er. Objektiv gesehen würde es das Burkaverbot zwar nicht brauchen, räumte er ein. «Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass wir jetzt ein Zeichen setzen und früh genug zeigen müssen: Wir haben hier die Leitkultur.» In der Politik gehe es manchmal darum, Zeichen zu setzen, sagte der Gründer der Autopartei. «Beim Waldsterben hat man auch ein Zeichen gesetzt – und wir fahren heute noch mit den damals eingeführten, tieferen Tempolimiten.»
An ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Verschleierung habe die Diskussion nichts geändert, sagte Jacqueline Huber. «Die Burka löst viele Ängste und Beklemmung aus, gerade bei vielen Frauen.» Tatsächlich hatten sich mehrere Frauen im Saal für ein Burkaverbot ausgesprochen. «Man sollte ehrlich sein und schon an der Grenze sagen: ‹Burkas gibt’s bei uns nicht!›»
«Ich werde gegen das Burkaverbot stimmen, es ist ein Eingriff in die private Freiheit», findet Marcus Andri. Zwar könne er gewisse Ängste verstehen. «Mehrheitlich sind aber ausländische, muslimische Touristinnen betroffen, man kann ihnen doch nicht ein christliches Werteverständnis aufdrängen.»
Burkaverbot: Fakten zur Debatte
Verhüllungsverbot
Verschleierungsverbote (umgangssprachlich «Burkaverbot» ) sind von einigen Staaten erlassene Gesetze gegen die Ganzkörperverschleierung. Die politische Diskussion bezieht sich auf das religiös motivierte Tragen von Gesichtsverhüllungen wie des Niqab oder der Burka, die Verbotsvorschriften richten sich aber meist generell gegen eine Gesichtsverhüllung an bestimmten Orten des öffentlichen Raums. Thematisch verwandt ist die Nichttolerierung von Burkinis (Ganzkörperbadeanzügen, etwa in Frankreich) und die Debatte um das Kopftuchtragen im öffentlichen Dienst.
Lage in der Schweiz
Im Kanton Tessin ist ein Burkaverbot seit 1. Juli 2016 in Kraft. Der Nationalrat hat sich am 27. September 2016 dafür ausgesprochen, die Ganzkörperverschleierung per Verfassung zu verbieten. In Belgien, Frankreich und Holland gibt es entsprechende Gesetze. Diskutiert wird das Burkaverbot unter anderem aber auch in Deutschland.