Wie lebt es sich als Begginger Nachwuchstalent?

Remo Schudel aus Beggingen ist 15 Jahre alt. Während gleichaltrige Jugendliche neben der Schule Freunde treffen und ihre Freizeit geniessen, fährt er bereits im Profiverband Motocross.
So richtig gepackt habe ihn das Motocrossfahren im Jahr 2015, als er bei einer deutschen Juniorenmeisterschaft direkt auf dem ersten Platz landete, sagt Remo Schudel. Mit dem Töfffahren fing er indes schon viel früher an. Sein Vater, Walter Schudel, war selbst ein passionierter Motocrossfahrer. Schon immer standen bei den Schudels viele Töffs in der Garage. Man ging damit auf die Begginger Äcker. Remo fuhr 2012 sein erstes Rennen. Heute hat er eine Lizenz für den Profiverband FMS. Hier ist das Niveau höher, man fährt schneller, kann an Europa- und gar Weltmeisterschaften teilnehmen. 2018 unterschrieb er einen Vertrag bei KTM Schweiz. Das bringt diverse Pflichten mit sich. Remo muss das Team stets repräsentieren, trägt entsprechende Trikots. «Er fährt von den Abmessungen her inzwischen einen Erwachsenentöff mit 125 Kubik» sagt sein Vater stolz. «Anfang 2018 war er damit der Zweitjüngste im Team.»
Strikter Trainingsplan
Während seine Kollegen nach der Schule herumhängen und gamen, ist Remos Alltag minutiös durchgeplant. Da seine Kondition auf das neue Jahr hin nicht optimal war, hat ihm ein Fitnessberater einen strikten Plan erstellt. Jeden Montag erhält Remo das Fitnessprogramm der anstehenden Woche. Eingeplant sind ein bis zwei Ruhetage. An den anderen Abenden macht sich Remo nach einem Schultag in der dritten Oberstufe in Schleitheim direkt auf ins Fitnesscenter. Dieses befindet sich im deutschen Nachbardorf. Remos Kollegen kommen grösstenteils ebenfalls von dort. Zusammen gehen sie «pumpen», halten sich fit. An den Wochenenden fuhr er im vergangenen Jahr am Samstag häufig für den einen und am Sonntag für den anderen Verband. Über 20 Rennwochenenden dürften es gewesen sein, bilanziert Walter Schudel. An den anderen Wochenenden trainiert er in Beggingen. Im Winter fährt Remo mit seinem Vater nach Italien oder ins Elsass. Mit dem Wohnwagen. Das Motorrad ist immer dabei, jede freie Minute wird genutzt.
Begeisterung liegt in der Familie
Ohnehin sei der Zusammenhalt in der Motocross-Community gross, so der Vater. «Schon immer fuhren wir als Familie an solche Anlässe. Man verbringt ganze Tage an den Rennstrecken, trifft viele alte Freunde: Väter von jetzigen Motocrossfahrern, die früher selbst fuhren. Remo war von klein auf dabei. Die Kinder lernen sich kennen, es ist familiär, richtige Feststimmung. An gewissen Turnieren übernachtet man auf einem Gelände nahe der Strecke in seinem Wohnwagen. Menschen aus allen Herren Ländern kommen zusammen.» Walter Schudel ist zugleich Remos Manager, sein Mechaniker und Berater. Er ist an jedem Rennen seines Sprösslings dabei. Auch am Renntag selbst ist alles minutiös durchgeplant. Remo muss früh zu Bett. Wird es ihm zuweilen nicht zu viel? Klar würde er manchmal gerne etwas länger gamen oder mit Freunden draussen bleiben, sagt Remo, doch die Freude am Motocrossfahren und der Erfolg seien es ihm wert. Angst vor Unfällen hat er keine. «Man sollte nicht allzu viel darüber nachdenken, sonst kann man den Sport nicht mehr machen», sagt er. «Er war noch nie verletzt», ergänzt sein Vater, «Remo ist kein Risikofahrer, er hat eine gute Technik und ein feines Gespür für die Maschine.»
Das Leben nach dem Sport
Die Eltern wollten Remo nie privat unterrichten lassen oder an eine Sportschule schicken. An Prüfungen sei er normalerweise anwesend. «Wenn er ein paar Tage weg ist, kann er vor- und nacharbeiten», sagt sein Vater. Die Schule zeige sich kulant und gebe ihm etwas mehr Jokertage sowie 2019 eine Woche länger Sportferien. Grund: ein Trainingslager in Sardinien. Via FMS-Verband habe man inzwischen eine Olympianachwuchskarte beantragt, sagt Walter Schudel. Damit würden Freistellungen noch einfacher.
Und doch: Es gibt ein Leben nach dem Motocross. Remo beginnt im Sommer eine Lehre als Baumaschinenmechaniker. Wie es dann weitergeht, ist noch unklar. Die Lehre müsse an erster Stelle stehen, sind sich Remos Eltern einig. «Das Hobby zum Haupterwerb zu machen, ist extrem schwierig», weiss der Vater. «In den Profiteams ist die Luft sehr dünn.» Schmunzelnd schiebt er nach: «Aber man weiss ja nie ...»