Sauna: Macht gemeinschaftliches Schwitzen auf Holzlatten Sinn?

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Winterzeit ist Saunazeit, eben wurde die neue Sauna in der Rhybadi eröffnet. ­Unsere Autoren sind sich uneins über den Nutzen des Saunierens.

Pro

Von Maria Gerhard, Redaktorin Zentrum

Wird es draussen trist und kalt, müssen wir verstärkt unsere Seele wärmen: Manche stellen sich dazu Kerzen neben das Sofa, ich bin pragmatischer und marschiere in die Sauna. Bei rund 90 Grad schwitze ich dann so vor mich hin. Wohl wissend, das Beste kommt erst noch: ein beherzter Sprung in den eiskalten Aussenpool! Der Kreislauf wird ­ordentlich angekurbelt, durch die gereinigten Poren strömt anschliessend der Sauerstoff, und das Immunsystem jubiliert – herrlich! Danach liegt man, warm eingemummelt, erschöpft ob der ­immensen Strapazen auf einer Liege und entspannt ...

Denn ja, das Schwitzen auf den Holzbrettern ist gut fürs Gemüt. Das sagen auch die Psychologen: Nach dem Saunagang dominiert der Parasympathikus. Der «Ruhenerv», wie er auch heisst, dient unter anderem der Erholung und dem Aufbau körpereigener Reserven. Oder anders formuliert: Dem Novemberblues werden so beschwingte ­Reggae-Klänge beigemischt.

Übrigens ist es kein Wunder, dass wir im Winter öfter einmal mit ­ einer Erkältung kämpfen: Da viele von uns den lieben langen Tag in wohltemperierten Räumen sitzen, haben wir verlernt, mit starken Temperaturschwankungen umzugehen. Vermeiden lassen sie sich aber nicht: Drinnen in der Wärme schwitzen wir, draussen frieren wir wieder und – tata, die Nase wird rot. Beim Saunieren härten wir uns hingegen ab. Tatsache ist, seit ich regelmässig sauniere, werde ich im Winter weniger von fiesen Bazillen befallen. Oder sie befallen mich, aber mein Immunsystem pustet sie weg!

Nun mag man vielleicht anführen, dass Schwitzen auf engem Raum mit anderen schwitzenden Menschen kaum angenehm sein kann. Und klar, in der Sauna kommt man seinen Mitmenschen um einiges näher als sonst so. Aber da man hierzulande den Schwitzstuben-Knigge vorzüglich beherrscht, sind unangenehme Zwischenfälle selten. Und was die Intimität angeht: Tja, da verhält es sich wohl so wie mit einem Naturkundemuseum, irgendwann hat man dann auch alles gesehen.

Ansonsten wird die Sauna übrigens, etwa in Russland, explizit für soziale Treffen genutzt: Dort beraten sich Politiker und treffen Entscheidungen. Wenn die Rhybadi also nun eine Sauna hat, dann kann das für politische Entscheidungsfindungsprozesse nur gut sein. Denn vielleicht trifft man dort nun öfter auch einmal ein paar Mitglieder des Grossen Stadtrats beim entspannten Diskutieren mit offenen Karten. Denn viel verbergen lässt sich dort ja nicht ...

Contra

Von Dario Muffler, Redaktor Stadt

Ich komme kaum zu Atem. Der Schweiss rinnt mir über die Stirn in die Augen. Es brennt, und ich fühle mich, als wenn ich wie ein nasses Handtuch ausgewrungen würde. So muss es sich anfühlen, wenn man angeschossen ist und ums Überleben kämpft, denke ich mir. Die zweite Möglichkeit ist realistischer: Ich sitze in einer Sauna, zum Beispiel in der neuen Wintersauna in der Rhybadi. Dass das Gefühl während eines Saunaaufenthalts und beim Überlebenskampf nur ansatzweise vergleichbar ist, zeigt, wie unnatürlich das Saunieren ist.

Ich bin kein Saunafan. Man rückt fremden Personen auf engstem Raum auf die Pelle und ist dabei nur mit ­einem Handtuch bedeckt. Ich mag jetzt zwar prüde wirken. Aber möchten Sie wirklich Ihrem Steuerberater nackt begegnen? Oder sonst einer Person, zu der Sie Distanz halten möchten? Kommt es tatsächlich zu einer Begegnung mit so einer Person, dann bleibt nur noch peinliches Schweigen. Und da will mir noch ­jemand sagen, man könne diese Zeit geniessen? Privatsphäre in einer öffentlichen Sauna wie in der Rhybadi gibt es schlicht und ergreifend nicht.

Es sei hier auch eine Frage erlaubt: Sind es nicht viel ehrlichere und wertvollere Schweissperlen, die bei Bewegung und nicht beim Herumliegen entstehen? Wer Saunieren nur als Hobby hat, weil er nicht beim Sport schwitzen mag, der betrügt sich doch selbst.

Doch es gibt mehr Gründe als eine persönliche Abneigung, um eine Sauna zu meiden. Unser Immunsystem wird überfordert, wenn wir uns in einen Raum begeben, in dem Temperaturen zwischen 70 und 110 Grad herrschen. Der Körper beginnt zu reagieren, wie wenn wir ­Fieber hätten: Die Blutgefässe weiten sich aus und pumpen viel mehr Blut durch den Körper. Die Atem- und die Herzfrequenz erhöhen sich. Das mag im richtigen Ausmass bei gesunden Menschen tatsächlich einen positiven Einfluss auf ihr Immunsystem haben. Die Kombination von hoher Temperatur und hoher Luftfeuchtigkeit kann aber Atemprobleme hervorrufen, die im schlimmsten Fall sogar zum Kollaps mit Todesfolge führen. Durch die überschüssige Wärme im Körper ist die Haut nicht mehr fähig, die Wärme nach aussen abzugeben, und so steigt die Körpertemperatur gefährlich hoch an. Wer zu lange in einer Sauna bleibt oder sie nicht gewöhnt ist, gefährdet sich also. ­Zudem liest man ab und an davon, dass es in einer Sauna zu einem Brand ­gekommen ist.

Ich will Ihnen den Saunagang nicht vergällen, aber für mich ist er nichts. Schwitzen gehört für mich zum Sport.

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