Der einst verschmähte Schaffhauser Wein ist bei den Gourmets angekommen

Iris Fontana | 
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Harmonieren: Regionale Spitzengastronomie und einheimische Weine. Bild: Melanie Duchene

Das Gourmet-Festival findet dieses Jahr bereits zum 21. Mal statt und ist aus der lokalen Gastronomieszene nicht mehr wegzudenken. Wir haben uns mit Beat Hedinger, Geschäftsführer des Schaffhauser Blauburgunderlands, über das ursprünglich schlechte Image der Schaffhauser Weine, die bescheidenen Anfänge und das Erfolgsrezept des Gourmet-Festivals unterhalten. Eine kleine Bestandesaufnahme nach 20 Jahren Gaumenschmaus.

Vor 20 Jahren stand es um den Ruf der Schaffhauser Weine nicht zum Besten – in der Spitzengastronomie der Region waren sie kaum vertreten. Was also tun? «Es musste sich etwas ändern, also starteten wir vom Branchenverband mit dem Gourmet-Festival eine Gegeninitiative», blickt Beat Hedinger zurück. Der Geschäftsführer des Schaffhauser Blauburgunderlands und seine Mitstreiter setzten sich ein hohes Ziel: «Wir wollten die Spitzengastronomen davon überzeugen, dass es Schaffhauser Weine gibt, die der Qualität ihrer Menus ebenbürtig sind.» Bei jedem Gastronom stellte Hedinger das Konzept persönlich vor. Wichtiger Türöffner dabei: Spitzenkoch André Jäger, der von Beginn weg vom Projekt begeistert war.

7000 Menus im letzten Jahr

Gemessen wird der Festivalerfolg mit einer jährlichen Teilnehmerumfrage. Der Umsatz stieg von Jahr zu Jahr. «Letztes Jahr konnten wir rund 7000 Menus verkaufen», so Hedinger. Die Anfänge waren jedoch bescheiden – der entscheidende Durchbruch gelang 2006 mit der Publikation des Festivalführers. «Diese Woche erzählte mir ein Gastronom, dass er regelmässig im Mai die höchsten Jahresumsätze erzielt, die sogar das Weihnachtsgeschäft überträfen. Ein anderer berichtete, wie positiv überrascht er bereits jetzt vom Buchungsstand sei.» Er hatte schon Reservationen erhalten, bevor der Festivalführer überhaupt publiziert war.

Bester Monatsumsatz im Coronajahr

Und wie lief es in den Coronajahren 2020 und 2021? Erstaunlich gut. Der Anlass wurde zeitlich verschoben, sodass er von den Pandemiemassnahmen nicht betroffen war – und die teilnehmenden Betriebe erlebten einen regelrechten Ansturm. Einer der Gastronomen, erzählt Hedinger, habe während dieser Zeit den besten Monatsumsatz seiner Geschäftstätigkeit erzielt. Das Festivalkonzept geht auf, weil es für Anbieter und Gäste gleichermassen stimmt. Erstere freuen sich über eine gute Auslastung, die erst noch sehr genau geplant werden kann. Zweitere können mit einer einzigen Buchung ein perfekt abgestimmtes Menu geniessen.

Durchmischtes Publikum

Auch wenn das Menu seinen Preis hat, empfindet Hedinger das Publikum als buntgemischt. So gebe es auch Leute mit einem kleineren Portemonnaie, die auf den Anlass warteten, um sich dann einmal etwas zu leisten. Zudem gibt der Fixpreis Sicherheit, dass nicht noch weitere Kosten dazukommen. Daneben gibt es selbstverständlich die Gourmets, die das Festival vier- bis fünfmal pro Durchführung besuchen. Oder Gruppen, wie beispielsweise eine Männergesellschaft aus Bern, die ein ganzes Wochenende am Festival verbringen.

Gesucht: Noch zwei, drei ausserkantonale Partner

Ziel des Verbands ist es, noch zwei, drei weitere Gastronomen etwas weiter weg für das Konzept zu gewinnen, um den Radius von Betrieben, in denen der Schaffhauser Wein verankert ist, zu erweitern. Dabei wird jedoch behutsam vorgegangen. Es werden keine grossen Sprünge anvisiert, sondern vielmehr versucht, dem Erreichten Sorge zu tragen.

Ursprungsziel erreicht

Was Hedinger am Projekt besonders freut, ist die grossartige Zusammenarbeit zwischen den lokalen Gastronomen und Weinbetrieben, die sich in den vergangenen 20 Jahren entwickelt hat. «Es wird ein sehr schöner Umgang gepflegt mit gegenseitigen Besuchen, es ist schon fast familiär.» Das ursprünglich gesteckte Ziel, den regionalen Wein in der örtlichen Spitzengastronomie zu integrieren, ist also erreicht.

Das Schaffhauser Gourmet-Festival findet vom 28. April bis zum 4. Juni statt.

Anekdote: Gourmetfestival fürs Leidmahl

Eine etwas spezielle Anfrage war vor einiger Zeit jene, ob im Rahmen des Festivals die Durchführung eines Leidmahls möglich sei. Die Buchungsanfrage stellte sich nicht als Scherzanruf heraus, sondern stammte von einer Familie, deren Mutter eine Feinschmeckerin und ein Fan des Gourmet-Festivals war. Sie hätte der Familie immer wieder gesagt, wenn sie dann von der Welt gehe, müsse man nicht zu sehr um sie trauern, sondern lieber ein Fest mit gutem Essen ausrichten. Als sie in einem Frühling starb, entschied die Familie, das Leidmahl am Gourmetfestival sei die richtige Wahl, um gebührend Abschied von ihr zu nehmen.

Finanzierung und Qualitätssicherung

Finanziert wird das Projekt gemeinschaftlich: Der Branchenverband Schaffhauser Blauburgunderland leistet eine Vorfinanzierung und übernimmt einen Teil der Kosten als Marketingleistung, die beteiligten Gastronomiebetriebe zahlen einen Teilnehmerbeitrag. Um die Qualität zu sichern, kommt es auch vor, dass der Verband Bewerbungen von Restaurants ablehnt, weil sie den Vorgaben nicht entsprechen. Entscheidend für eine Aufnahme ist, wie gut der Gastronomiebetrieb positioniert ist und wie gut der Schaffhauser Wein integriert ist, ob er zum Beispiel Weine von mehreren Schaffhauser Weinproduzenten ausschenkt und den lokalen Wein im Offenausschank anbietet.

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