Marks und Andys wundersame Reise nach Kaliningrad (Teil 2)

Daniel Zinser | 
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Am zweiten Tag haben unsere Abenteurer Mark und Andy den richtigen Weg gefunden und auch die polnisch-russische Grenze war kein Problem. Mehr dazu im zweiten Teil des Videotagebuchs.

Was war das für eine Irrfahrt, die die beiden Abenteurer Mark und Andy gestern erlebten (hier zum nachlesen). Eine Fähre die nicht fuhr, zwang die beiden zu einem Umweg von rund 50 Kilometer. Anstatt an einem Tag von der polnischen Stadt Danzig nach Kaliningrad zu fahren, wo die beiden heute Freitag das Spiel der Schweizer Nationalmannschaft gegen Serbien besuchen wollen, mussten sie auf halber Strecke in der polnischen Stadt Elblag übernachten. 

Mit Schmerzen am Po aber ohne Probleme

Nachdem die beiden sich die beiden in einem Hotel von den Strapazen eines harten Tages erholt hatten, ging es gestern Donnerstag dann weiter. Diesmal stand den beiden Abenteurern nichts mehr im Weg. Auf dem Europaradweg R1 ging es über rund 100 Kilometer direkt nach Kaliningrad. Auch die polnisch-russische Grenze war kein grosses Hindernis mehr. Am Abend machten Sie in Kaliningrad eine ganz besondere Bekanntschaft. Mehr zu den Erlebnissen von Mark und Andy sehen sie im zweiten Teil des Videotagebuchs. Die der dritte Teil von «Marks und Andys wundersame Reise nach Kaliningrad», an dem sie Kaliningrad erkunden und das Spiel der Schweizerischen Nationalmannschaft gegen Serbien live im Stadion verfolgen werden, wird im Verlauf des Samstags publiziert. 

«Alle werden auf die Strasse gehen»

Die kleine Jugendherberge Hostel Gagarin in Kaliningrad, wo mein Begleiter Andy Jucker und ich nach unserer Velotour von Danzig nach Kaliningrad absteigen, ist nicht nur von der Aufbruchstimmung während der WM infiziert. Die Weltmeisterschaft ist geradezu ihre Geburtshelferin und Triebfeder. «Ohne Weltmeisterschaft gäbe es auch dieses Hostel nicht», sagt Besitzer Dmitrij.

Noch sind die letzten Handwerker am Bohren, Schrauben und Sägen. Dmitrij hofft, dass die WM Initialzündung für viele weitere Begegnungen in seiner vor einer Woche eröffneten Unterkunft sein wird – eine Unterkunft, die ganz im Sowjet-Charme thematisch dem Raumfahrtpionier Yuri Gagarin gewidmet ist. «Die ganze Welt kommt während der WM zu uns, tauscht sich aus, feiert zusammen. Für die ganze Stadt bedeutet das viel.» Damit spricht er durchaus nicht nur die Emotionen an: Auch die Infrastruktur in der Stadt sei spürbar besser geworden. «Kaliningrad ist eine der weltoffensten Städte in ganz Russland. Die Leute fahren von hier nach Polen, Deutschland oder Litauen und sehen, wie man dort lebt», meint Dmitrij.

Dennoch treibt die WM einige skurrile Blüten: Aleksej, ein Familienvater, der sich zufällig in der Stadt auf dem Velo herumtreibt, kennt die urbanen Legenden der Stadt. So habe der Transportunternehmer, dessen Busse vom Fussballstadion in die Stadt fahren sollten, wegen springender kroatischer Fans und synchron hüpfender Busse kurzerhand den Betrieb eingestellt. «Vor zehn Jahren war hier gar nichts», sagt er. Und als wir ihn auf ein Bier einladen, blitzt für einen Moment die Versuchung auf, mit uns die Stadt unsicher zu machen.

Ein Stück des (nicht zugänglichen) Hafenareals, das der Velofahrer Aleksej den Schweizer Touristen zeigt. Bild: Mark Gasser

Gebaut wurde viel in den letzten Jahren, die Landflucht in die Stadt ist auch in Kaliningrad spürbar. «Innert zehn Jahren ist die Stadt von 450 000 auf rund 600 000 Einwohner angewachsen», erklärt Dmitrij. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs hiess Kaliningrad Königsberg und war deutsch. Schade findet Dmitrij, dass die Sowjets in den 1960er-Jahren eine Burg, das grösste Symbol des deutschen Erbes, dem Erdboden gleichmachten. Auch weitere ostpreus­sische Baudenkmäler wurden ausradiert, «um die Erinnerungen an die ehemaligen Machthaber auszulöschen». Doch in der Jugendherberge wird nicht politisiert. «Alle sind hier vereint durch den Fussball und knüpfen Kontakte in alle Welt.» Dmitrij hofft nun, dass die WM auch den Tourismus ankurbeln wird. «Viele sagten mir schon, sie wollten wieder kommen, mit ihren Familien.» Doch vorerst freuen sich alle aufs WM-Spiel Schweiz-Serbien heute Abend. «Alle werden auf die Strasse gehen, nicht nur Schweizer und Serben», prophezeit er – und hofft wie viele hier, dass die Distanz von Russland zum Rest der Welt etwas kleiner wird durch die WM. (M.G.)

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