«Club im Laufe des Jahres verkaufen»

Daniel F. Koch | 
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FCS-Geschäftsführer Marco Truckenbrod Fontana und Clubbesitzer Aniello Fontana. Bild: dfk

Beim FC Schaffhausen wird die Zukunft geplant: Der Vertrag von Boris Smiljanic wird nicht verlängert. Der Club soll bis Ende 2018 in andere Hände gegeben werden.

Ein klares Signal, wie es mit dem FC Schaffhausen weitergeht, ­haben Besitzer Aniello Fontana und sein Schwiegersohn und FCS-Geschäftsführer Marco Truckenbrod Fontana gesendet. So sucht der Club nicht nur einen Nachfolger für Marco Truckenbrod Fontana, der die FCS Stadion AG übernehmen wird, sondern auch einen neuen Trainer. Ausserdem möchte Fontana das Stadion verkaufen oder einen Partner finden.

Aniello Fontana, ist es korrekt, wenn man feststellt, dass es beim FC Schaffhausen sportlich nicht mehr rundläuft? Auf Platz 2 startete die Mannschaft von Trainer Boris Smiljanic in die Rückrunde. Nach sieben Runden stehen sechs Niederlagen und nur ein Sieg zu Buche. Wo liegen die Ursachen für diesen Absturz?

Aniello Fontana: Wir erlebten bisher eine sportlich und finanziell unbefriedigende Saison. Die Leistungen der 1. Mannschaft sind absolut ungenügend. Ich sehe auch keine sportlichen Fortschritte. In dieser Situation mussten wir reagieren. Trainer Boris Smiljanic ist von mir informiert worden, dass der bestehende Vertrag unabhängig von der Rangierung per 1. Juni aufgelöst wird. Somit wird Smiljanic bis zum Ende der Saison unser Trainer bleiben. Die Tragik dieser Saison liegt darin, dass die Mannschaft zwischenzeitlich (ohne unser Zutun) auch noch an Qualität eingebüsst hat. Es wird eine sportliche Herausforderung sein, den 5. Rang noch zu halten.

Sie werden die Organisationsstruktur des Vereins ändern. In welcher Form?

Fontana: Um den bisherigen Geschäftsführer Marco Truckenbrod Fontana zu entlasten, wird es künftig zwei Geschäftsführer in zwei Firmen geben. Die Stadion Schaffhausen AG, die für den Kommerzbereich zuständig ist, wird weiterhin von ihm geführt (die Generalversammlung der AG wird am Donnerstag, 24. Mai, um 18.30 Uhr im Munotsaal des Lipo-Parks stattfinden). Die zweite Firma ist die FCS AG, die für den Sportbetrieb verantwortlich ist. Wir sind derzeit daran, einen geeigneten Geschäftsführer zu suchen, und haben bereits zwei Kandidaten im Auge. Ziel ist es, die Position bis Ende April zu besetzen. Bis dahin bleibt Marco Truckenbrod Fontana FCS-Geschäftsführer. Aufgrund der geplanten Neuregelung wird es die Aufgabe des neuen Geschäftsführers sein, erst einmal einen Trainer zu finden, um mit ihm zusammen die sportliche Zielsetzung festzulegen, damit der Staff und die Mannschaft für die neue Saison zusammengestellt werden können.

Einhergehend mit den fehlenden Resultaten ist auch ein massiver Zuschauerrückgang im Lipo-Park zu verzeichnen. In den vier Heimspielen 2018 kamen keine 600 Zuschauer mehr ins Stadion. Gegen Chiasso waren es nur 420. Budgetiert hatten Sie zu Saisonbeginn 1500 Zuschauer. Es droht ein grosses Defizit?

Fontana: Aufgrund der schlechten Leistungen und der immer wieder wechselnden Aufstellungen und Spielsysteme verstehe ich die Zuschauer, wenn sie zu Hause bleiben. Ein Fan möchte eine Mannschaft erleben, in der sich die Spieler zerreissen und gewinnen. Unsere Auftritte sind beängstigend. Das einzige Konstante in dieser Saison ist die Inkonstanz.

Immer wieder beschweren sich FCS-Anhänger über viel zu hohe Eintrittspreise. Wäre es nicht besser, die Eintrittspreise zu senken, um mehr Zuschauer anzulocken?

Marco Truckenbrod Fontana: Das sind Kritiken, die auch ich immer wieder regelmässig erhalte. Darüber machen wir uns natürlich auch andauernd Gedanken. So überlegen wir uns, ob wir die Preise für Familien auf die neue Saison hin anpassen können. Ausserdem wollen wir die Familiencorner besser platzieren. Wir denken da an die Mitte der Gegentribüne.

Andererseits weiss auch das zahlende Publikum, dass nach dem freiwilligen Rückzug des FC Wohlen, er kommt am Samstag um 19.00 Uhr in den Lipo-Park, die Spannung aus der Meisterschaft draussen ist. Wie kann aus Ihrer Sicht die Swiss Football League dafür sorgen, dass die zweithöchste Liga der Schweiz den Stellenwert bekommt, der ihr zusteht? Muss der Modus geändert werden?

Fontana: Die Liga müsste endlich mehr Mut für Veränderungen beweisen. Ich habe schon vor längerer Zeit den Vorschlag in Bern deponiert, die Super League aufzustocken und die Challenge und die Promotion League zusammenzulegen. Das würde dann eine realistische Meisterschaft geben, die den Schweizer Verhältnissen angepasst wäre. Ich denke aber, dass solche Vorschläge zum Scheitern verurteilt sind. Der Grund ist ganz einfach: Es geht um Besitzstandswahrung, und da sind neue Ideen nicht gefragt und werden abgeblockt.

Ein anderes Thema, dass die Fans des FC Schaffhausen in Rage versetzt, ist die Zusammenarbeit mit dem Grasshoppers Club. Es herrscht die Meinung, dass der FCS nichts zu sagen hat. Die Spruchbänder vom Ersatzteillager sind noch in guter Erinnerung. Hat diese Zusammenarbeit überhaupt eine Zukunft?

Fontana: Auch wenn mit dem Abgang von Trainer Murat Yakin klar abgemacht war, dass keine Spieler des FCS abgezogen werden, hielt sich unser Vertragspartner nicht daran. Wir möchten festhalten, dass wir kein Farmverein von GC sind. Die ganze Zusammenarbeit hat uns auch finanziell nichts gebracht, sie hat lediglich unsere Kosten etwas verringert. Darum werden wir diese Zusammenarbeit zum 30. Juni beenden.

Apropos Zukunft: im März/April werden die Weichen für die neue Saison gestellt. Wie sehen die personellen Planungen für die kommende Saison aus?

Fontana: Die Situation ist recht günstig für uns, weil der neue Geschäftsführer zusammen mit dem neuen Trainer das Team für die kommende Saison zusammenstellen darf. Sechs weiterlaufende Verträge gibt es (Bunjaku, Sessolo, Cicek, Del Toro, Barry und Demhasaj). Bei Paulinho kommt es darauf an, ob er eine neue Bewilligung erhält. Bei den anderen Spielern laufen die Verträge aus.

Wie geht es mit dem Lipo-Park weiter? Die Mantelnutzung scheint zu funktionieren. Freie Flächen sind kaum noch welche da. Sind mittlerweile alle Probleme wie Zuschaueran- und -abreise gelöst? Wie sieht es mit Grossveranstaltungen im Stadion aus?

Fontana: Wir sind Mieter im Stadion. Das wollen wir ändern und verhandeln mit dem Besitzer Methabau darüber, die gemietete Fläche im Stockwerkeigentum erwerben zu können. Methabau selber ist auf der Suche nach einem Investor.

Truckenbrod Fontana: Wir sind daran, mit den zuständigen Behörden zu sprechen, um Zu- und Abfluss der Zuschauer beim Bahnhof Herblingen zu regeln. Derzeit sind wir am Monitoring der Station Herblingen. Wir führen intensive Gespräche mit allen Beteiligten. Die Firma Methabau hat das Baugesuch für provisorische Treppen eingereicht. Eine Bewilligung liegt aber noch nicht vor. Ebenso laufen Gespräche mit der Deutschen Bahn, um die Vorgaben für den Bahnhof Herblingen zu erfüllen. Ausserdem sprechen wir mit der Polizei und den Behörden über das Sicherheitskonzept. Obwohl wir gute Gespräche führen und eine gute Zusammenarbeit haben, ist das Anforderungsprofil für einen Challenge League Club gross. Man darf nicht vergessen, dass wir nur über ein kleines Mitarbeiterteam verfügen. Da stösst man bei diesem komplexen Aufgabengebilde schnell an seine Grenzen. Und das kostet dann sehr viele Nerven auf allen Seiten.

Sie haben sich mit dem Thema Nachfolgeregelung beim FC Schaffhausen beschäftigt. Gibt es dazu neue Entwicklungen?

Fontana: Wir haben bei der Nachfolgeregelung klare Vorstellungen. Meine Absicht ist es, für die Stadion Schaffhausen AG und den FCS AG bis Ende Jahr eine Nachfolgeregelung zu finden – sie entweder in eine Partnerschaft einzubringen oder über den Verkauf der Aktien neue Besitzer zu finden. Im Vordergrund sehe ich eine Schweizer Lösung. Dazu ist es aber nötig, einen Partner zu überzeugen, der die notwendigen ­finanziellen Mittel einbringt. Das gemeinsame Ziel muss es mittelfristig sein, den FC Schaffhausen zurück in die Super League zu führen. Das aber muss der Partner ebenfalls mittragen und investieren. Dank unserer Infrastruktur müssen auch die Leistungen besser werden, was natürlich auch mehr Zuschauer anzieht. Ich sehe im Club sehr viel Potenzial mit guten Entwicklungsmöglichkeiten. Die Entwicklung der Immobilie, die konzeptionelle Arbeit und die Verkaufsabwicklung werde ich persönlich machen. Immerhin gehört die Stadion Schaffhausen AG zu 90 Prozent der Familie Fontana, ein Prozent besitzt die FC Schaffhausen AG, und neun Prozent haben die restlichen Aktionäre, das heisst rund 300 Personen, in ihrem Besitz. Dafür eine gute Lösung zu finden, ist eine grosse Herausforderung für uns alle.

 

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Kommentare (1)

Mauro Tresch Fr 30.03.2018 - 17:14

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