Ein heiserer Beni und wenige Zuschauer

Stefan Salzmann | 
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Beni Thurnheer (rechts) als Stammgast: Hier beobachtet er, was sich einen Tisch weiter abspielt. Bild: Stefan Salzmann

Nach 15 Vorstellungen in der Stadt Zürich feierte das Musical «Odeon» mit Beni Thurnheer nun in Andelfingen Premiere. Mit nur 64 Leuten im Publikum war der Zuschaueraufmarsch gering.

Einstein, Lenin, Mussolini, Remarque – Persönlichkeiten unterschiedlicher Gattung aus verschiedensten Ländern haben eines gemeinsam: Sie alle beehren das Grand Café Odeon beim Bellevue in Zürich mit ihrer Anwesenheit. Nicht immer gemeinsam auftretend und immer wieder von der Bühne des Löwensaals in Andelfingen verschwindend, haben diese Persönlichkeiten das 1911 eröffnete Kaffeehaus zu einem Zeitzeugen gemacht. Der Einzige, der fast durchgehend bleibt, ist Beni Thurnheer. In seiner tragenden Rolle als Stammgast.

Am rechten Bühnenrand aus Sicht des Publikums sitzend, liest er Zeitung, beobachtet und kommentiert das Weltgeschehen und hält so fürs Publikum den roten Faden in der Hand. Auch wenn ihm aufgrund seiner heiseren Stimme vom Samstagabend spontan folgende Aussage über die Lippen ging: «Wenn man so heiser ist wie ich, dann hat man schon lange keinen Faden mehr.» Neben seinen kommentierenden Elementen rappt und singt er. Vor allem Zweiteres fällt ihm an diesem Samstagabend entsprechend schwer.

«Wenn man so heiser ist wie ich, dann hat man schon lange ­keinen Faden mehr.»

Beni Thurnheer, Stammgast im Musical «Odeon»

Nach dem Auftritt sagte Thurnheer mit heiserer Stimme: «Drei Stunden vor dem Auftritt war meine Stimme ganz weg. Ich bin froh, dass ich es nun doch noch einigermassen hinbekommen habe.»

Geringer Besucheraufmarsch

Nur etwas mehr als ein Viertel aller 225 Plätze im Löwensaal in Andelfingen waren am Samstagabend besetzt. Nachdem das Musical «Odeon» vor Jahresfrist 15-mal im «Weissen Wind» in Zürich spielte, ist das eine zuschauermässig enttäuschende Premiere auf dem Land. Die zwei weiteren Vorstellungen finden am nächsten Samstagabend um 20 Uhr und am Sonntagnachmittag um 14.30 Uhr an gleicher Stätte statt.

Wer nicht kam, verpasste ein heiteres Bühnenstück mit Musik- und Gesangseinlagen. Ein Weltgeschehen, welches vom Ersten über den Zweiten Weltkrieg bis hin zum Auftritt der Hippies und der Rocker führte. Diese hätten dem berühmten Kaffeehaus fast den Todesstoss versetzt. Gespielt wird das Musical «Odeon» von elf Schauspielern in 38 verschiedenen Rollen. Von Marcel Höhener, der mit insgesamt acht die meisten Charaktere verkörpert, bis hin zu Theo Bünzli, der als Kellner Edi ­auftritt, und Albert Räss als Gastronom, welche sich beide «nur» in je einer Rolle wiederfinden. Begleitet wird das zweieinhalbstündige Stück, dessen Kulisse das ­Publikum ins Kaffeehaus versetzt, von ­einem musikalischen Quartett.

Aus einem Traum wurde Wirklichkeit

Schauspielerisch und gesanglich herauszuheben gilt es vor allem Ronja Borer in ihrer Rolle als Geheimagentin Mata Hari. Die Tochter von Musiker Bo Katzmann überzeugt mit ihrer Stimmgewalt, ihrem tänzerischen Können und ihrer verführerischen Art. Sie ist der heimliche Star dieser Show. In weiteren Rollen auf der Bühne im Löwensaal überzeugten: Mauro Galati beispielsweise als Mussolini; Ruth Graf als Gräfin zu Revenlow; Stefan Camenzind als Erich M. Remarque; Markus Barth als Oberkellner Ruedi; Florian Reimann als Rocker; und Peter Bachmann als Albert Einstein.

Geschrieben und komponiert wurde das Stück von Esther Wüst alias Estée Wüst aus Männedorf. In Szene gesetzt hat sie es ­zusammen mit Peter Bachmann, welcher neben Einstein den Oberst Ulrich Wille auf der Bühne verkörperte. In ihrer Einleitung schreibt sie: «Wie es im Leben eben so läuft – kühne Vorstellungen werden zu Träumen, und dabei bleibt es meistens.» Nicht so beim Café Odeon. Der Traum ist Wirklichkeit geworden und findet seinen Abschluss am nächsten Wochenende. Hoffentlich mit mehr Zuschauern.

Beni Thurnheers Gesangskünste gibt's im Beitrag von Radio Munot hier zum Nachhören:

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