So soll die Steiner Schiffländi aussehen

Thomas Martens | 
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Beim Wettbewerb zur Neugestaltung der Steiner Schiffländi wurde aus sechs Teilnehmern das Projekt Masso des Büros Linea für Landschaftsarchitektur aus Zürich zum Sieger gekürt. Die Planer brechen mit alten Konventionen und denken den Platz völlig neu.

Auch wenn die Steiner Schiffländi dank Gastronomie und Anlegestelle der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) in den Sommermonaten bisher schon sehr belebt und beliebt war, wirkte der grosse Platz nicht sehr einladend. Doch das soll sich bald ändern. Um aus dem Provisorium eine neue Visitenkarte für die Stadt zu machen, wurde ein Projekt-­Studienauftrag lanciert, den das Zürcher Landschaftsarchitekturbüro Linea von Lisa Troiano und Kobe Macco mit seinem Konzept Masso gewann.

Wie Jurypräsidentin Catherine Blum anlässlich der öffentlichen Präsentation am Mittwochabend in der Mehrzweckhalle Schanz vor annähernd 200 Interessierten ausführte, handele es sich dabei um ein «stimmiges Gesamtkonzept mit präzisen Eingriffen und Reorganisation der Funktionen». Was vor vielen Jahren ein Umschlagplatz für Waren war, soll nun zu einem belebten Ort mit vielfältiger Nutzung und hoher Aufenthaltsqualität werden. Das Büro Linea hatte als Grundlage seines Konzeptes die Beibehaltung der Lesbarkeit der Geschichte des Ortes und gleichzeitig die ­Weiterentwicklung und Umgestaltung der Schiffländi vor dem Hintergrund der geänderten Nutzungen.

Holzplattformen sollen weg

Kobe Macco und Guido Grünhage von der Firma d-lite Lichtdesign stellten das Projekt vor. Die Planer brechen mit klassischen Vorstellungen der Platzgestaltung und zeigen sich äusserst mutig. Einschneidend ist, dass sie die bestehenden Holzplattformen der Gastronomie-Terrassen abbrechen und die historischen Fassaden freispielen wollen. Gemäss dem Konzept werden die Aussenflächen der vier Gastrobetriebe von den Fassaden weggerückt und neu auf der Mitte des Platzes unter einem Baumdach angeordnet. Damit soll es möglich sein, auch entlang der Fassaden zu flanieren. Die Schiffländi wird dadurch optisch vergrössert, und die Besucherströme werden über mehrere Bereiche verteilt. Gleichzeitig sollen damit die Restaurants besser sichtbar werden. Zudem ist geplant, die vorhandenen Autoabstellplätze zu verlegen und die Schiffländi zu einem weitgehend verkehrsfreien Ort zu machen.

Das Siegerprojekt wurde am Mittwochabend intensiv diskutiert. Bild: tma

Die Schiffländi wird in zwei Bereiche gegliedert: eine aktive, publikumsorientierte, breite Platzfläche im Norden und einen schmalen, ruhigeren Bereich im Süden. Die Gliederung der Schiffländi und die Führung der Verkehrsströme soll durch verschiedene Zonen und die Anordnung von Bäumen in Form eines lichten Haines erfolgen. Das Vegetationskonzept bilde eine atmosphärische Zonierung der Schiffländi und lenke die Perspektiven auf eine natürliche Weise zum Fluss und den Altstadtgassen, sind die Planer überzeugt. Unter dem Baumdach sollen lange Sitzbänke und grosse Liegedecks zum Verweilen und Ausruhen einladen. Und für einen Zugang zum Wasser ist auch gesorgt. Der heute bestehende Schlipf im Norden soll zurückgebaut und durch eine Treppenanlage mit freiem Blick über den Rhein ersetzt werden.

Für die Abendstimmung ist ein besonderes Lichtkonzept vorgesehen. Mastleuchten sollen sich wie eine Kette in der Platzmitte über die unterschiedlichen Platzbereiche aneinander reihen und durch das Baumdach nach unten strahlen. Durch die Re­flexion des Lichtes vom Boden werde das Baumdach indirekt aufgehellt, erklärte Lichtdesigner Guido Grünhage. Die Mastleuchten seien so angeordnet, dass sie weder im Fahrbereich noch bei Veranstaltungen im Weg stehen. Zusätzliche Pollerleuchten entlang der Uferkante sollen den Platzbereich begrenzen und einseitig vom Wasser weg nach innen strahlen. Über die niedrige Höhe bleibe der Blick auf den Rhein ungestört. Im Sommer soll die Aussengastronomie abends mit einheitlichen, demontierbaren Lichterketten akzentuiert und in den Mittelpunkt des Platzes gerückt werden. Während die Umsetzung der Ideen noch weitgehend offen ist, steht schon jetzt fest, dass der viel gescholtene blaue Balken auf jeden Fall wegkommt, wie Stadtpräsidentin Corinne Ullmann ankündigte.

Die Bevölkerung hat im Rahmen einer öffentlichen Ausstellung die Möglichkeit, das Siegerprojekt und alle anderen Projekte zu besichtigen und Inputs für die Weiterbearbeitung des Siegerprojekts zu geben. Auf der Homepage kann man bis am 20. Juli zudem an einer Umfrage teilnehmen. Nach der Auswertung der Mitwirkungseingaben wird das Siegerprojekt in enger Begleitung durch die Gestaltungskommission Schiffländi zu einem Vorprojekt weiterbearbeitet.

Obwohl die Jakob und Emma-Windler-Siftung 2019 anlässlich ihres 30-jährigen Bestehens 13,2 Millionen Franken für die Neugestaltung der Schiffländi zusicherte, muss das Stimmvolk über den Baukredit entscheiden, weil es sich gemäss Baureferent Christian Gemperle um ein öffentliches Bauprojekt handele. Wenn der Kredit durch die Bevölkerung genehmigt wird, starten die Bauarbeiten für die Neugestaltung voraussichtlich Ende 2023.

Viel Lob und ein wenig Tadel

Ein erstes Stimmungsbild unter den Besuchern am Mittwochabend ergab, dass das Projekt in grossen Teilen auf Wohlwollen stiess. Eine offene Diskussion war zwar nicht erwünscht, begrüsst wurden aber in kleinen Runden der Zugang zum Rhein und die vielen verschiedenen Aufenthaltsbereiche. Vereinzelt kritisiert wurden die vielen Bäume, die optisch wie ein Wald wirkten und die Sicht auf die Häuserfassade nehmen könnten, was dem beabsichtigten Freispielen ja widerspreche. Auch der Präsident des Gewerbevereins, Antonino Alibrando, war nicht überzeugt: «Da gibt es noch viele Fragezeichen.» Für ihn sei noch nicht klar, was der Wegfall der Holzterrassen direkt am Haus für die Gastronomiebetriebe bedeute. Darüber hinaus gebe es auf dem Platz viel Verkehr durch Anwohner und Lieferanten, der nicht einfach verlagert werden könne.

Das Siegerprojekt und die weiteren fünf eingereichten ­Projekte können am Freitag, 1. Juli, 17 bis 20 Uhr, und am Samstag, 2. Juli, 10 bis 12 Uhr, im Foyer der Mehrzweckhalle Schanz besichtigt werden.

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