«Das ist ein Segen für die Altstadt»

Darina Schweizer  | 
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Sönke Bandixen wünscht sich Familien, ältere Steiner und Gewerbe in den Altstadthäusern. Bild: zVg

Käufer und Investor: Das sind die beiden neuen Aufgabenbereiche der Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung. Was bedeutet dies für die Altstadt und ihre Bewohner? Für Stadtpräsident Sönke Bandixen ist die Neuausrichtung ein Grund zur Freude.

Herr Bandixen, wie kam es zur Neuausrichtung der Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung?

Sönke Bandixen: Ins Rollen gebracht hat dies der Legislaturschwerpunkt «Revita­lisierung der Altstadt», welchen der Stadtrat schon früh angesprochen und letz- tes Jahr festgesetzt hat. Infolge dessen ­erkannte die Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung, dass Handlungsbedarf in der Altstadt gegeben ist.

Welcher ist das?

Es ist nicht zielführend, leer ­stehende Häuser nur zu erhalten, sondern diese müssen auch mit Leben gefüllt werden. Die Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung hat also ihren bisherigen Fokus, der sich eher auf das optische Ortsbild bezog, erweitert und erkannt, dass sie bei der Substanz ansetzen muss, also dem Wohn- und Gewerberaum hinter den Fassaden.

Was heisst das konkret?

Die Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung kümmert sich um leer stehende oder unternutzte Altstadtgebäude von Besitzern, welche die notwendigen Renova­tionen nicht selbst vornehmen können oder welche bisher vergeblich versuchten, diese zu verkaufen, oder auf Erben hofften, die ihre Liegenschaften übernehmen.

Was macht die Stiftung mit den Altstadtgebäuden?

Sie kauft diese Immobilien, baut sie um und bietet als neue Eigentümerin zeitgemässen Gewerbe- und Wohnraum auf dem Markt an.

Der Besitzer muss sich also gezwungenermassen von seiner Immobilie trennen?

Niemand wird zu irgendetwas gezwungen. Die Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung kann keine Beiträge an Umbauprojekte von Privaten bezahlen. Als Eignerin aber kann sie das selbst machen, und sie ist nun bereit, dazu geeignete Altstadthäuser zu erwerben.

Wird über Kaufangebote nach freiem ­Ermessen entschieden?

Nein, wir orientieren uns selbstverständlich am Markt. Genauer gesagt: Bei einem Angebot eines Eigentümers nimmt die Stiftung den aktualisierten amtlichen Verkehrswert als Basis für die Kaufpreisverhandlung. Bei entsprechender Eignung des Objektes werden durch ­externe Experten die Umbaukosten und der spätere Marktpreis des Gebäudes ermittelt. Wenn die Kalkulation aufgeht und der Eigentümer einverstanden ist, kann die Stiftung kaufen. Die Vermarktung und die Verwaltung der umgebauten Liegenschaft wiederum wird einer geeigneten ­Immobiliengesellschaft übertragen.

Verändert sich der Zweck der Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung als Förder­stiftung?

Nein, der Zweck ist und bleibt unveränderbar. Die Stiftung verfolgt nämlich nach wie vor zwei Strategien: die ­Anlage- und die Ausschüttungsstrategie. Ausschüttungen muss sie stets gemäss Stiftungszweck vornehmen, in der Anlagestrategie ist sie frei. Deshalb sind wir froh, dass sie nun auch Anlagen in der Altstadt von Stein am Rhein tätigt.

Inwiefern greift sie damit in den ­Immobilienmarkt ein?

Gar nicht. Die Initiative der Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung zielt ja auf leer stehende oder unternutzte Gebäude, welche seit einiger Zeit bereits aus dem Markt gefallen sind. Diese baut sie so um, dass darin wieder zeitgemässes Arbeiten und Wohnen möglich ist. So gelangen diese wieder zurück auf den Markt und erweitern das Angebot in der Altstadt.

Verfälscht sich dadurch nicht der Markt?

Auch das geschieht nicht. Denn die Stiftung kauft die Altstadthäuser weder zu überhöhten noch zu künstlich tiefen Preisen. Beim späteren Mietangebot gelten ebenfalls ortsübliche Preise. Niemand erhält ein Sonderrecht. Darauf werde ich als Stadtpräsident achten. Man wird sie also weder markant senken, um damit Sozialfälle anzulocken, noch um Faktoren anheben, um reiche Herrschaften anzuziehen.

Wen wollen Sie dann in die Altstadt bringen?

Primär wünschen wir uns Familien mit Kindern und ältere Menschen, die schon hier leben. Für sie bietet die Altstadt ein ideales Umfeld. Wir wollen es den Steinern ermöglichen, wieder von der Agglomeration zurück in die Stadt zu kommen und dort zeitgemäss zu wohnen. Aber nicht nur Familien, sondern auch Gewerbe wollen wir zurück in die Stadt bringen. Das ist mir besonders wichtig.

Weshalb?

Weil Stein am Rhein schon seit über 500 Jahren eine Gewerbestadt ist. Durch die 10 Jahre dauernde Frankenstärke und den raschen gesellschaftlichen Wandel sind jedoch einige Geschäfte weggefallen. Das wollen wir ändern. Es soll wieder mehr Gewerberaum entstehen.

Hat sich der Stadtrat diesbezüglich Ziele anhand konkreter Zahlen gesetzt?

Ja, wir wollen bis 2020 deutlich mehr ständige Bewohner in der Altstadt von Stein am Rhein haben.

Dabei ist die Neuausrichtung der Windler-Stiftung eine willkommene Unterstützung?

Das ist so. Alles, was zur Erreichung dieses Zieles beiträgt, ist uns herzlich willkommen.

Was wünschen Sie sich für die Windler-­Stiftung?

Dass sie weitere Engagements zum Wohl des Lebens der Menschen in der Altstadt in Angriff nimmt, denn der Schutz des Lebens muss Vorrang haben vor reinem Bewahren alter Bausubstanz. Das ist der Unterschied von Ballenberg zu Stein am Rhein: Dort pflegen sie alte Bausub­stanz in ihrem Originalzustand, in der aber niemand mehr wohnen will. Wir hingegen wollen zeitgemäss arbeiten und leben, respektieren aber gleichzeitig auch unsere historische Umgebung.

Sind bei Ihnen bereits Verkaufsangebote eingegangen?

Ja, erfreulicherweise ging am gleichen Tag, an dem die Mitteilung der Neuausrichtung publiziert wurde, schon ein erstes Angebot ein. Ich wünsche mir, dass weitere Angebote dazukommen, dann bin ich ein happy Stapi.

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