Stadtlabor: Viele Ideen, doch was ist umsetzbar?

Elena Stojkova | 
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Beat Junker, hier im 1. Obergeschoss des Kammgarn-Westflügels, koordiniert das Projekt «Stadtlabor». Bild: Roberta Fele

Während sieben Wochen gingen über 600 Personen im Stadtlabor am Löwengässchen ein und aus. Viele hinterliessen Ideen für leer stehende Ladenlokale und die Attraktivierung der Schaffhauser Altstadt im Allgemeinen. Jetzt gilt es, diese auszuwerten.

Die Türen des Lokals am Löwengässchen 2 sind seit Kurzem wieder geschlossen. Vom 24. Februar bis zum 14. April war dort das Stadtlabor angesiedelt. Über 600 Personen gingen in dieser Zeit ein und aus – viele von ihnen, um eine Idee zu deponieren, wie man die Altstadt Schaffhausens attraktiver machen könne.

«Wir waren positiv überrascht, wie aktiv die Leute mitgemacht haben», sagt Projektkoordinator Beat Junker. Das Stadtlabor ist ein Projekt des Vereins für sinnvolle Raumnutzung, der auch die Zwischennutzung im 1. Obergeschoss des Kammgarn-Westflügels betreibt. Manchmal habe er die Hemmungen der Leute, ins Stadtlabor einzutreten und sich mitzuteilen, schon gespürt, sagt Junker. Manche seien eingetreten, wieder gegangen und ein zweites Mal gekommen, um gezielt etwas niederzuschreiben und es an eine der Wände zu pinnen. So seien diese schliesslich voller Notizzettel mit Wünschen, Lösungsansätzen und auch Kritikpunkten gewesen. Die Themen auf den Zetteln seien vielfältig. Oft gehe es auch um Grundsätzliches wie: Mehr oder keine Bäume, mehr oder weniger Veranstaltungen in der Altstadt?

«Manchmal braucht man einfach Mut, etwas auszuprobieren.»

Beat Junker, Projektkoordinator Stadtlabor

Der Grundgedanke des Projekts war, Ideen zu sammeln für die relativ vielen leer stehenden Ladenflächen in der Altstadt. Ein Teil der Aktion war, abzufragen, ob Interesse an einem «Testladen» bestehe. Das Stadtlabor und die Stadt würden bei diesem Konzept denjenigen ein Lokal zur Verfügung stellen, die eine Geschäftsidee ­haben und diese für einige Wochen oder Monate ausprobieren möchten – ohne langfristigen Mietvertrag oder eine hohe Mietkaution. «Etwa 20 Interessierte haben sich gemeldet», sagt Junker. Das Stadtlabor hat diesen nun einen Fragebogen geschickt, den sie bis Ende Mai ausfüllen sollen. Gefragt wird nach der Geschäftsidee, dem Budget, der benötigten Anzahl Quadratmeter oder dem gewünschten Zeitraum. «Ich bin gespannt, was zurückkommt», sagt Junker. «Wenn von den 20 Ideen 5 oder 6 Fleisch am Knochen haben, kann man gut 2 Jahre lang ein momentan leeres Ladenlokal füllen.» Ziel ist, dass erfolgreiche Konzepte dann in ein fixes Geschäft übergeführt werden können. «In anderen Städten funktioniert diese Methode sehr gut.»

Umgenutzte Parkhäuser?

Manche konkrete Ideen für die leeren Geschäftsflächen wurden im Stadtlabor bereits genannt: Beispielsweise wünschen sich einige Anwohnerinnen und Anwohner mehr individuelle Handwerkerläden. «Die Leute wollen wieder vermehrt beim Handwerk zusehen», sagt Junker. Es sei aber um viel mehr als Leerstände gegangen. «Vielleicht muss man davon wegkommen, von Leerständen zu reden. Wir sollten besser von brachliegendem Potenzial sprechen.» Die Frage sei nur, was man mit diesem Potenzial machen solle. «Wir müssen die Bedürfnisse der Konsumenten und Anwohnerinnen kennen. Und dann vielleicht die Innenstadt anders denken.» Er gibt ein Beispiel: die Parkhäuser, die zu wenig genutzt werden. Man müsse herausfinden, warum dies so sei. «Entweder wir schauen, dass sie fürs Parkieren genutzt werden, oder wir geben sie frei für andere Nutzungen.»

Etwas für die Jugend

Viele anregende Gespräche seien im Stadtlabor geführt worden, sagt der Projektkoordinator. Die Leute seien froh gewesen, ihre Gedanken zur Altstadt «einfach mal deponieren» zu können. Schön findet er, dass über viel mehr als nur das Thema Parkplätze gesprochen wurde. Viel zu präsent sei dieses Thema, obwohl es nicht losgelöst vom Gesamtkontext betrachtet werden könne. Zum Beispiel sei es in der Ideenfabrik um die Barrierefreiheit gegangen, die in der Altstadt lange nicht überall gegeben ist. Ältere Menschen und Menschen mit Gehbeeinträchtigung würden Handlungsbedarf sehen. Oder um die Jugendlichen: «Die 14- bis 17-Jährigen treffen sich im McDonald’s, im Mosergarten, im Kreuzgang», sagt Junker. «Ein Aufenthaltsort in der Innenstadt, wo sie ihre Aufgaben machen, Billard spielen oder einfach ein bisschen sein können, wo kein Konsumzwang herrscht und sie keinen Eintritt bezahlen müssen, wäre schön.»

Auch die Wirkung von kleineren Veränderungen dürfe nicht unterschätzt werden: «Auf Bänkli sitzen ist toll. Zu zweit. Aber nicht zu viert, nebeneinander, wie Hühner auf der Stange.» Als Idee nennt Junker kürzere Sitzbänke, die einander gegenüber­stehen. «Auch das schafft Aufenthaltsqualität.» Es gebe schon so viele Ideen in anderen Städten, die man adaptieren könne. «Manchmal braucht man einfach Mut, etwas auszuprobieren.» Solche, die unzufrieden sind, gebe es immer. Zu oft höre man auf die lautesten Kritiker – diese seien aber selten auch die Macher, die Lösungen suchen.

Vernetzung zentral

Was es brauche, sei eine positive Grunddynamik. «Weder wir noch die Stadt, noch das Gewerbe können allein etwas bewirken. Wir müssen es zusammen machen.» Bis zu den Herbstferien sollen die Ideen und Wünsche, die das Stadtlabor erreicht haben, ausgewertet und ein Abschlussbericht erstellt werden. Junker hofft, dass einige Ideen aus dem Sammelsurium herausgeschält werden können, die vielleicht beim Tourismus oder der Wirtschafts­förderung weitergegeben werden können. Es gehe aber auch um Kommunikation, um Vernetzung. «Schön wäre, wenn mehr Hausbesitzerinnen und -besitzer temporäre Nutzungen in ihren leer stehenden ­Ladenlokalen zulassen würden.»

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