Familienzentrum wird weitergeführt

Elena Stojkova | 
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Für Spiel und Austausch wird das Familienzentrum gern und häufig genutzt: Das zeigt der nun veröffentlichte Evaluationsbericht der vierjährigen Pilotphase. Das Zentrum wird deshalb als definitiver Betrieb weitergeführt. Es gibt aber auch Verbesserungspotenzial.

«Seid ruhig», «setzt euch hin», «ihr stört die anderen Leute»: Solche Sätze hören quengelnde Kleinkinder im Café oder Restaurant nicht selten von ihren Eltern. Als Störfaktor fühle man sich in diesen Situationen, sagt eine Mutter. Nicht so im Familienzentrum am Kirchhofplatz in der Stadt Schaffhausen. Hier könne sie in Ruhe ihren Kaffee trinken und sich mit anderen Eltern unterhalten, während die Kinder spielen – und auch einmal laut sein dürfen.

Diese Schilderungen einer Mutter sind im Evaluationsbericht zur vierjährigen Pilotphase des Familienzentrums zu lesen, der gestern vorgestellt wurde. Um herauszufinden, ob sich das Angebot etablieren konnte, wurden nicht nur Besucherzahlen erhoben, sondern auch Interviews mit Eltern und Grosseltern geführt. So habe man überprüft, ob die Überführung des Pilotprojekts in einen definitiven Betrieb angezeigt sei, sagte Beatrice Laube, Leiterin der Quartierentwicklung, gestern. Das ist sie, zeigt ein 40-seitiger Evaluationsbericht nun. Wie Sozialreferentin Christine Thommen (SP) sagte, hat der Stadtrat beschlossen: «Das Familienzentrum wird unter städtischer Trägerschaft als definitiver Betrieb weitergeführt.»

Im November 2014 hatte der Grosse Stadtrat zehn Massnahmen zur frühen Förderung in der Stadt verabschiedet. Eine dieser Massnahmen war die Prüfung eines Familienzentrums. Im Juni 2016 stimmte der Grosse Stadtrat einstimmig für die Realisierung des Zentrums, nur ein Jahr später wurde es im ehemaligen Schulhaus am Kirchhofplatz eröffnet.

Täglich 25 Erwachsene mit Kindern

Das Familienzentrum habe sich zu einem gut besuchten Treffpunkt entwickelt, sagte Betriebsleiterin Barbara Raulf. «Teilweise waren im Schnitt täglich 25 Erwachsene mit ihren Kindern oder Enkeln da.» Drei Viertel der Erwachsenen waren Mütter. Viele kamen mit einem Kind, einige aber auch mit zwei oder drei Kindern. Die meisten Kinder sind zwischen einem halben und zwei Jahre alt. 60 Prozent der Besucherinnen und Besucher kamen aus der Stadt, 40 Prozent aus anderen Gemeinden. Knapp ein Drittel der Personen haben einen Migrationshintergrund. «Kinder können hier viele Spiel- und Lernerfahrungen machen: sprachliche, soziale, emotionale», so Raulf. Die Erwachsenen können Kontakte knüpfen, sich über Erziehung austauschen, sich gegenseitig Mut machen. Es gibt Aufenthaltsräume, aber auch Rückzugsorte, Beratungsangebote und verschiedene Kurse im Bereich der Elternbildung. Auch andere Organisationen aus dem Bereich der Frühen Förderung organisieren hier Veranstaltungen. So gibt es einen Brunch mit Hebammen für Mütter mit Neugeborenen. Viele der Beratungsangebote sind kostenlos.

Montags bis samstags, auch über Mittag, steht das Zentrum Familien offen. Vom fünfköpfigen Team ist stets jemand anwesend. Raulf arbeitet im 70-Prozent-Pensum; insgesamt stehen 130 Stellenprozente zur Verfügung. Wie aus den Interviews im Bericht hervorgeht, schätzen die Besucherinnen und Besucher vieles am Angebot: Das Zentrum sei ein neutraler Raum, in dem man nicht verurteilt werde, in dem man Sorgen teilen könne, heisst es da. Kritik gibt es aber auch. Manchmal sei zu viel los, dies könne auch zu Konflikten führen. So sicher man sich drinnen auch fühle und so vorteilhaft die zentrale Lage auch sei, um das Gebäude herum herrsche aufgrund des Parkplatzes Suchverkehr. Viele der Eltern wünschen sich einen Aussenraum. Dafür, so besagt der Bericht, könnte sich der Raum zwischen dem Kinderwagenparkplatz und dem Eingang des Familienzentrums eignen. Aktuell wird er von der Spitex und von Anwohnenden als Parkplatz genutzt.

Angebot nur für Väter?

Der Stadtrat hat die Stabsstelle Quartierentwicklung nun beauftragt, Entwicklungsmöglichkeiten zu prüfen. Konkret sollen neben dem Aussenraum auch ein Ausbau der Eltern-Kind-Gruppen und mehr Bewegungsmöglichkeiten für ältere Kinder geprüft werden. Dafür fehlen Räumlichkeiten. Verbessern wolle man auch die Sicherheit beim Ein- und Ausgang des Zentrums und die Zugänglichkeit: Zu steil sei die Rampe für Kinderwagen, im Innenbereich brauche es einen Lift. Ein weiterer Punkt, so Thommen: «Väter haben wir als Zielgruppe zwar erreicht, aber was in den letzten vier Jahren nicht gelungen ist, ist die Schaffung eines Angebots nur für Väter.» Ob es dazu Bedarf gebe, solle ebenfalls angeschaut werden.

Mittels Vorlage werde der Grosse Stadtrat über die Ergebnisse der Evaluation und über den Beschluss der Weiterführung orientiert. Besonders stolz sei sie, dass das Familienzentrum anderen Städten als Vorbild diene, sagte Thommen. Einmal im Jahr trifft sich der Stadtrat mit Stadträtinnen und -räten aus Winterthur, Frauenfeld und St. Gallen. Ende 2021 hatte das Treffen in Schaffhausen stattgefunden, auch das Familienzentrum wurde besucht. «Die Begeisterung war sehr gross, und auch die Motivation bei den Kolleginnen und Kollegen, so ein Projekt auch in ihren Städten umzusetzen.»

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