Zu hoch hinaus

Robin Blanck | 
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So sollte der aufgestockte «Eckstein» nach dem Projekt aussehen, die genaue Gestaltung wird erst noch festgelegt. BILD ZVG

Mit der Umnutzung des Stadthausgevierts will die Stadt ein langjähriges Problem lösen. Angesichts der langen Liste teurer Projekte wäre mehr Bescheidenheit angezeigt.

Abstimmungsempfehlungen der SN-Redaktion

Das Stadthausgeviert – das Areal rund um das Stadthaus – ist so etwas wie das «Alte Haus von Rocky Docky» des städtischen Liegenschaftenportfolios: Seit vielen Jahren dräut der historisch hochinteressante Komplex vor sich hin und einem unsicheren Schicksal entgegen. Jetzt liegt endlich ein Vorschlag auf dem Tisch, wie das Areal künftig genutzt werden soll: Der nördliche, gegen den «Platz» hin gelegene Teil soll im Baurecht an Investoren abgegeben werden, auf dem südlichen, der das Stadthaus und das «Haus zum Eckstein» be­heimatet, ist gemäss stadträtlicher Vorlage eine ­Konzentration der städtischen Kernverwaltung geplant. Dafür soll ein ­Ver­bindungsbau zwischen den beiden ­bestehenden ­Liegenschaften entstehen, zudem der «Eckstein» um zwei Stockwerke erhöht werden. Kostenpunkt: 23,1 Mil­lionen Franken.

Keine Klarheit für die Bürger

Dass man sich entschlossen hat, dem ­Geviert neues Leben einzuhauchen, ist an sich nicht falsch, dennoch: Die Schwachpunkte der Vorlage lassen Zweifel am ­gewählten Weg aufkommen.

Das beginnt bei der Aufstockung: Zwei neue Stockwerke auf dem Eckgebäude sollen Platz schaffen für Verwaltungsbüros. Diese Gebäudeerhöhung mitten im historischen Altstadtkern – wo sonst jede Dachgaube als schwerwiegender Eingriff auf ­erbitterten Widerstand stösst – wird als ­unproblematisch eingestuft. Noch erstaunlicher ist, dass zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht einmal klar ist, wie sich das ­Gebäude nach erfolgter Erhöhung prä­sentieren soll: Zwar wurde der bisherige ­Gestaltungsvorschlag im Grossen Stadtrat explizit gerügt und von der Stadt Besserung gelobt, doch liegt bis heute keine abschliessende Version vor – das ist stossend.

Es ist bewährte Praxis, dass die Stimmberechtigten sich in voller Kenntnis der Sache für oder gegen ein Vorhaben aussprechen können, dazu gehört an dieser ­exponierter Lage in der Altstadt auch die Aussengestaltung.

Nicht minder wichtig: Während die Ge­bäudeerhöhung zusätzliche Flächen schaffen soll, wird im geplanten Verbindungsbau eine überaus grosszügige Empfangshalle erstellt. Vielleicht ginge es dort auch mit etwas weniger Pomp und im Gegenzug könnte auf ein zweites Geschoss beim «Eckstein» verzichtet werden.

Investitionen auf Rekordhöhe

Überhaupt muss die Stadt zwar nicht als «Batzechlemmer» möglichst billig bauen, aber mit über 23,5 Millionen Franken fallen die Kosten für die Erweiterung doch happig aus: Mit dem gleichen Betrag könnte man zwei Breite-Schulhäuser erstellen – und das sind noch nicht einmal sämtliche Ausgaben für das Vorhaben. Die bisher durch die Verwaltung belegten Altstadtliegenschaften sollen freigespielt und umgenutzt werden, das dürfte weitere Ausgaben zulasten der Stadtkasse auslösen – Kosten, die nicht in der Vorlage auftauchen.

Und nur zur Erinnerung: Am gleichen ­Wochenende verlangt die Stadt einen ­Zusatzkredit für den Werkhof (+1,4 Millionen Franken) und weitere 23,1 Millionen Franken für neue Busse und Ladeinfrastruktur.

Aber das ist nicht alles: In den kommenden Jahren will die Stadt die Kammgarn-West umnutzen, die Freizeitanlage KSS ­sanieren und das Hallenbad neubauen, die Gesamtsportanlage Schweizersbild und das Schulhaus Kreuzgut erweitern und weitere Projekt stemmen. Die Investitionen sollen gemäss Finanzplan zwischen 2021 und 2023 im Schnitt 43 Millionen Franken betragen – und damit Rekordniveau er­reichen. Nicht eingerechnet sind dabei die ­zusätzlichen Ausgaben, welche sich aus einem allfälligen Kauf des Klostergevierts ergeben würden.

Angesichts dieser doch langen und reichlich kostspieligen Wunschliste kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Portemonnaie bei der Stadt etwas gar locker sitzt.

Mehr Bescheidenheit, bitte

Deshalb: Bei der Stadthausgeviert-Vorlage muss finanziell nochmals nachgebessert und den Bürgerinnen und Bürgern ­reiner Wein bezüglich der Gestaltung eingeschenkt werden. Wenn das «Alte Haus von Rocky Docky» die letzten Jahrzehnte überstanden hat, hält es auch noch ein paar mehr bis zur besseren Vorlage durch. Dafür muss das Projekt mit einem «Nein» zurück zum Absender.

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