Die etwas andere Irish Night
Zwei junge Bands, eine aus Irland und eine aus Schottland, sorgten am Freitagabend für Abwechslung in der Kammgarn.
Ein Kenner der Folkszene
Seit mehr als zwanzig Jahren organisiert Roland Fricker die Irish Nights in Schaffhausen. Mittlerweile ist ihm die irische Volksmusikfamilie bestens bekannt.
Whiskey und Bier spielen eine grosse Rolle in der irischen Musik. Spiegelt sich diese angelsächsische Trinkkultur auch in den Verkaufszahlen an der Bar wider?
Nein, im Vergleich zu anderen Veranstaltungen nicht wirklich. In den Anfangszeiten waren die Irish Nights eher ein Trinkerfest. Mittlerweile ist die Qualität der auftre- tenden Musiker aber stark gestiegen, und die Musik ist mehr in den Vordergrund gerückt. Ich begrüsse das natürlich sehr.
Wie beliebt sind die Irish Nights in Schaffhausen bei den Künstlerinnen und Künstlern?
Ich rufe an, und sie kommen (lacht). Die Irish-Folk-Sparte ist wie eine grosse Familie, die Leute kommen auch nur schon, um sich zu sehen. Wenn man sich noch nicht kennt, trinkt man nach dem Auftritt zusammen und lernt sich kennen.
Wo liegt der feine Unterschied zwischen irischer und schottischer Musik?
Die Schotten klingen meis-tens rockiger. Ausserdem haben die Iren statt des klassischen Dudelsacks die Uilleann Pipes, die man im Sitzen spielt.
von Luca Miozzari
«Different Music» – andere Musik – war der Übertitel des zweiten Irish-Nights-Abends in der Kammgarn. Der klassische Irish Folk, wie man ihn von den Irish Nights gewohnt ist, war zwar noch deutlich herauszuhören, im Zentrum stand jedoch das Andere, das Neue, das Experimentelle. Dementsprechend jung waren auch die Acts des Line-up: nämlich die beiden Boybands The Young Folk aus Irland und die Tide Lines aus Schottland.
Whisky and Wine
Die Headliner und trotzdem die Newcomer des Abends waren die Tide Lines. Die Scot-Rockband gibt es erst seit letztem Jahr, ihr erstes Album «Dreams We Never Lost» ist dieses Jahr erschienen. Während draussen der Regen in Strömen floss, sorgte Frontsänger Robert Robertson drinnen für eine grosses Spektrum an musikalischen und lyrischen Variationen. Mit seiner beeindruckend sonoren Stimme sang er einmal von den Highlands, einmal vom Leben in Glasgow, einmal auf Englisch, einmal auf Gälisch. Dudelsackklänge vermischten sich mit Drums und Gitarrensolos. Ein dynamischer Auftritt, der mit Refrains wie «Fill your glass with whisky and wine» bestimmt auch den Getränkeverkauf angekurbelt hat.
Unplugged-Show
Alkoholkonsum war auch ein grosser Teil der Lieder, mit denen The Young Folk zuvor den Abend eingeläutet hatte, gemischt mit dem typisch irischen Tenor aus Herzschmerz und Nostalgie. Das Quartett aus Dublin erzählte Geschichten von vergangenen Liebschaften der Jugend und von Sommern, die nie zu enden schienen. Den Schwerpunkt legten sie klar auf Saiteninstrumente – Tony McLoughlin, der Bassist der Band, schnallte sich zuweilen gleichzeitig einen E-Bass und eine Mandoline um. Bei einigen Songs sorgte eine Posaune für die nötige Epik. Eindrücklich war vor allem die Flexibilität der vier Iren. Jeder hatte ein Mikrofon vor sich und moderierte spontan mit. Die Anekdoten, die sie zwischen den Songs zum Besten gaben, waren beinahe so unterhaltsam wie die Musik. Zum Beispiel sei es ihre Absicht gewesen, den E-Pianisten Paul in den Rheinfall zu stossen. «Aber dann ist uns eingefallen, dass er heute Geburtstag hat», nannten sie den Grund, wieso sie es dann doch nicht getan hatten. Als Zugabe inszenierte The Young Folk eine Unplugged-Show in der Mitte des Saals. Nur von einer akustischen Gitarre begleitet und vom Publikum umringt, performte die Band «Olivia, Dont’t Let Me Down». Die ganze Kammgarn sang mit.