Ein Kater ist der Chef der Kleintiere

Saskia Baumgartner | 
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Bei der Gründung vor 100 Jahren stand bei den Kaninchenzüchtern die Fleischbeschaffung im Vordergrund. Heute hat der Neuhauser Kaninchenzucht- und Vogelschutzverein andere Zwecke.

Wer im Neuhauser Gebiet Rundbuck in Richtung Kleintieranlage geht und kurz die Augen schliesst, wähnt sich in einem Zoo. Da erklingen Vogellaute, die man in einem Wald sonst nie hört: Dem lauten Schrei eines scheinbar grossen Vogels folgt ein unbekanntes Krähen.

Ein Fasan? Ein Pfau? Ein Papagei? All diese Tiere leben tatsächlich in den Käfigen und Volieren auf der Anlage des Kaninchenzucht- und Vogelschutzvereins Neuhausen (KVVZ). 1978 wurde das Vereinsheim im Rundbuck, inmitten einer Waldschneise nahe der Jestetter Grenze erstellt. In den Jahren danach folgte der Bau der Hütten der Vereinsmitglieder. Auf den ersten Blick ähnelt die Anlage einem grosszügigen Schrebergarten. Rund 10'000 Quadratmeter stehen den Züchtern zur Verfügung, aufgeteilt auf 11 Parzellen. Jene sind sehr gut genutzt mit Käfigen und Volieren. «Man darf nur 15 Quadratmeter Garten haben», erklärt Vereinspräsident Beat Schori bei einem Rundgang.

Ein Kater als «Wachhund»

Da ertönt ein lautes Miauen. Nein, Katzen werden im Rundbuck nicht gezüchtet. Kater Mäxli ist so etwas wie der Wachhund der Anlage. «Er ist der Chef hier», sagt Oswald Schori, der Bruder des Präsidenten, als er den Kater auf den Arm nimmt.

«Ich habe einfach Freude an den Tieren.»

Oswald Schori, Kleintierzüchter

Die Brüder Beat und Oswald Schori sind zwei der rund 45 Mitglieder des Vereins, 18 davon sind aktiv. Wie viele andere Vereine haben auch die Kleintierzüchter Nachwuchssorgen. Vor allem bei der Kaninchenzucht gehe das Interesse zurück. Aktuell züchten nur noch fünf Mitglieder Kaninchen. Der Rest hat sich auf Geflügel spezialisiert. «Die Mehrheit hat Zuchtvögel», sagt Beat Schori. Diese könne man aus Platz-, aber auch aus Lärmgründen oft nicht im eigenen Garten halten – sofern man denn einen besitzt.

Christoph Küpfer besitzt mehrere Greifvögel. Eines der Tiere macht sich ebenfalls gerne bemerkbar, sobald er Menschen hört. Küpfer ist erst seit eineinhalb Jahren Mitglied beim Kaninchenzucht- und Vogelschutzverein Neuhausen. Der Falkner und seine Greifvögel mussten ihr Zuhause in Dachsen verlassen, weil Sondierbohrungen der Nagra just an Ort und Stelle eines Vogelgeheges durchgeführt wurden.

Als der Kaninchenzucht- und Vogelschutzverein Neuhausen 1919 gegründet wurde, hatte er einen einfachen Zweck. «Zur Fleischproduktion für die einfachen Leute», sagt Beat Schori. Nach dem Ersten Weltkrieg habe man kaum Geld gehabt, um Fleisch zu kaufen. Die Haltung und Zucht eigener Hasen sowie von Hühnern – für die Eierproduktion und als Suppenhühner – war ein gute und kostengünstige Lösung.

Auch heute wird das Hasenfleisch nicht verschmäht, die Fleischproduktion steht aber nicht mehr im Vordergrund. Auf Weihnachten hin, so Beat Schori, schlachte er jeweils Kaninchen. Das Fell nutze man ebenfalls, es gibt gar eine Fellnähgruppe.

Die Brüder Schori sind durch ihren Vater zum Verein gekommen. «Ich habe einfach Freude an den Tieren», sagt Oswald Schori. Das sei schon immer so gewesen. Er hat Landwirt gelernt. Neben Kaninchen züchtet Schori auch Pfauen und Fasane. Das macht viel Arbeit. Alle aktiven Vereinsmitglieder seien täglich auf dem Gelände. Anders als zum Beispiel bei einer Hauskatze könne man nicht nur eine Schale Futter hinstellen und den Nachbarn um Hilfe bitten, wenn man in die Ferien geht. Bei Züchtern gestaltet sich die Sache etwas aufwendiger. Beat Schori macht das Züchten selbst Spass – vor allem wenn ein ansehnliches Tier heranwächst. Die Vereinsmitglieder besuchen regelmässig die kantonale Verbandsausstellung, aber auch Veranstaltungen in der ganzen Schweiz.

Jungtierschau zum Jubiläum

Am Pfingstwochenende wollen die Züchter eine eigene Jungtierschau durchführen. Dies anlässlich des 100-jährigen Bestehens des KVVZ. Zu sehen gibt es unter anderem seltene Fasane und Zierenten, Wellensittiche, Hühner mit Bibeli sowie Kaninchen mit Nachwuchs. Auch wird Küpfer seinen Falken präsentieren. Zudem werden 100 Nistkästen verkauft, hergestellt von der Altra. Die Käufer können diese entweder selbst aufhängen oder dem Verein diese Aufgabe überlassen. «Wir haben auch eine Vogelschutzabteilung», sagt Präsident Schori. Diese habe bereits 60 Nistkästen im Neuhauser Wald aufgehängt.

Dass der Verein überhaupt sein 100-Jähriges feiern kann, ist nicht selbstverständlich. Denn vor einigen Jahren war das Areal der Kleintierzüchter für einen Indoor-Freizeitpark im Gespräch. Dieser soll nun in Stein am Rhein gebaut werden. Die Verhandlungen waren eine Zeit lang offenbar ernst. Wie Beat Schori sagt, habe die Gemeinde dem Verein bereits ein – deutlich kleineres – Ersatzgrundstück in Aussicht gestellt. In den letzten Jahren ist das Gewerbegebiet Rundbuck stets weiter gewachsen, und die Firmen sind näher zur KVVZ-Anlage gerückt. Die Züchter hoffen, dass sie noch lange bleiben können. Zumal es die letzte solche Kleintieranlage im Kanton sei, wie Beat Schori sagt.

 

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