Die geheimnisvolle Glaswelt des Wolfgang Mengon

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Was passiert eigentlich in einer Glashütte? Und woher kommt der Name Mondglas? Fest steht, ein Besuch in der Schauglashütte in Hallau lohnt sich auf jeden Fall für die ganze Familie.

Text Katja Brütsch, Bilder Michael Kessler

Heisse Luft schlägt den Eintretenden entgegen. Glasmacher Wolfgang Mengon begrüsst die Besucher und fängt sogleich an zu erzählen. Zu sagen hat er viel, zu sehen gibt es noch mehr. Viele Vorbereitungen braucht Mengon nicht zu treffen, der Schmelzofen sei zwischen Mai und Weihnachten ununterbrochen in Betrieb, flüssiges Glas immer bereit. Mit einem langen Rohr, der Glasbläserpfeife, langt er in den Schmelzofen und nimmt ein bisschen flüssiges Glas aus dem Becken, dem sogenannten Hafen. «Glas aus dem Hafen nehmen muss man sich vorstellen wie flüssigen Honig mit einem Kaffeelöffel aus dem Glas holen. Darum kann man immer nur ein bisschen Glas nehmen und nicht in ­einem Mal fünf Kilo.»

Die Vorteile von farblosem Glas

Das Glas auf der Pfeife wird in farbigen Glasstückchen gewälzt. So bekomme das fertige Objekt seine Farbe. Natürlich könne man auch direkt farbiges Glas im Hafen schmelzen, sagt Mengon. Doch da er nur einen Hafen habe, sei farbloses Glas praktischer. Während des Erklärens dreht der Glasmeister die Pfeife ununterbrochen in seiner Hand. Würde er das nicht tun, würde das Glas Richtung Boden fliessen. Mengon erklärt: «Glasmacher mögen es axialsymmetrisch. Das Objekt soll schön harmonisch sein und keine Unregelmässigkeiten im Glas aufweisen.»

Bevor das Glas weiterbearbeitet wird, taucht Mengon es noch einmal in den Hafen, um mehr flüssiges farbloses Glas zu holen. «Weil die Oberfläche von farbigem Glas nicht so schön wie die von farblosem wird», sagt Mengon. Das Glas, das Mengon verwendet, ist eine Spezialmischung für elektrische Öfen. Verbreiteter sind Gas­öfen. Wichtig sei, so Mengon, dass das Glas bei tiefen Temperaturen verarbeitet werden könne. Ausserdem bildeten sich keine Schlieren, es entstehe ein schöner Oberflächenglanz, und es werfe keine Blasen. «Bei Flaschen ist es egal, wenn das Glas nicht perfekt ist. Aber bei Kunst- und Flachglas wird viel Wert auf die Erscheinung gelegt.»

 

Wenn eine Figur hergestellt werde, müsse alles in einem Rutsch gehen. Der Glaskünstler kann nicht anfangen, zum Beispiel den Schnabel des Schwans zu formen, dann eine Pause machen und das Glasobjekt vor dem Weiterarbeiten noch einmal in die Aufwärmtrommel halten. Warum nicht? Sobald das Glas wieder in Kontakt mit Hitze kommt, fängt es an zu schmelzen, und die Arbeit ist hinüber. Jeder Handgriff muss von Anfang an sitzen, korrigieren im Nachhinein geht nicht.

Der Ursprung von Mondglas

In einer klassischen Glashütte gebe es zwei Regeln, erklärt Mengon schmunzelnd. Erstens: Zuerst werde der Kopf bewegt und dann das Glas. Zweitens: Der mit dem grös­seren Glasobjekt auf der Pfeife hat immer Vortritt. Warum es genau Glashütte heisse, könne er auch nicht erklären. Vermutlich, weil die ersten Produktionsstätten von Glas effektiv Hütten im Wald waren. Bearbeitet werden die Glasobjekte, vor allem die beliebten Kugeln, mit nassen Holzgeräten. «Nasses Holz brennt nicht, und das 1000 Grad heisse Glas verdampft das Wasser. Dieser Wasserdampf ist dann die effektive Kraft, die das Glas formt.»

«Glas aus dem Hafen nehmen muss man sich vorstellen wie flüssigen Honig mit einem Kaffeelöffel aus dem Glas holen.»

Wolfgang Mengon, Glasmacher

Der Name Mondglas ist alten Ursprungs. Früher seien die Fensterscheiben im sogenannten Schleuderverfahren hergestellt worden, sagt Mengon. Das heisst, eine offene Kugel wurde in der Luft schnell gedreht, sodass sich eine flache Scheibe bildete. Diese hiess dann eben Mondglas. Da diese Fensterscheiben häufig zu Bruch gingen, stieg man auf Butzenscheiben um. Das sind auch Flachgläser, haben aber einen kleineren Radius. Mengon zum Aufschleudern: «Es sieht ganz einfach aus, aber es steckt relativ komplexes Handwerk dahinter.»

Kugelblasen im Advent

Im Advent bietet Wolfgang Mengon jeden Samstag Kugelblasen für jedermann an. Ab vier Jahren können Kinder dabei sein und ihre eigenen Weihnachtskugeln blasen. Auf die Frage, wie stark man denn blasen müsse, lacht Mengon und meint, das müsse man selber ausprobieren. Der Selbstversuch zeigt: Glasblasen lässt sich mit Seifenblasenmachen vergleichen. Es braucht nicht viel, bis das Glas sich dehnt und zu einer schönen Kugel wird. Nachdem sich die Kugel 15 Minuten abgekühlt hat, kann sie schon mit nach Hause genommen werden und am eigenen Weihnachtsbaum eine gute Figur machen.

 

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