Wenn der Tastsinn das Sehen ersetzt

Schaffhauser Nachrichten | 
Noch keine Kommentare
Gar nicht so einfach: Mit verbundenen Augen versuchen Hallauer Primarschüler, hölzerne Buchstaben in die richtigen Vertiefungen einzufügen. Bild: Theo Kübler

Das Erlebnismobil der Christoffel Blindenmission ist bei der Schule Hallau zu Gast.

Von Theo Kübler

Die Christoffel Blindenmission sieht es als ihre Aufgabe, Menschen mit Behinderungen zu fördern sowie Menschen vor Behinderung zu bewahren. Dazu ist sie bemüht, Barrieren abzubauen und vorbeugende Massnahmen zu treffen, um Unfälle und Krankheiten zu verhindern – und das vor ­allem in armen Ländern rund um den Globus. Um Barrieren auch hier in der Schweiz abzubauen, ist Beat Schneider für das christliche Hilfswerk mit einem Erlebnismobil unterwegs, mit dem er Schulen besucht. Dieser Bus steht nun bis 29. März vor dem Schulhaus Hallau.

Am Montagmorgen tauchte Monika Burgener mit zwei Schulklassen beim Erlebnismobil auf. Beat Schneider machte den Kindern dabei klar: «Wenn einer der Sinne des Menschen ausfällt, werden automatisch andere geschärft. Wenn man zum Beispiel nichts mehr sieht, hört man besser.»

Im Normalfall können Menschen sehen, fühlen, schmecken, riechen, hören und das Gleichgewicht halten. Einzelne dieser Fähigkeiten konnten die Schüler ganz gezielt bei sich testen. So mussten sie etwa einen Elefanten aus fünf Holzteilen mit verbundenen Augen zusammensetzen. Hölzerne Buchstaben in die richtigen Vertiefungen einzulegen, entpuppte sich mit verbundenen Augen als wahre Herkulesaufgabe. Unbeholfen und zum Teil übervorsichtig «wischten» sich die Kinder mit einem weissen Blindenstock über den Schulhof; die Sicht wurde ihnen durch eine Brille so stark getrübt, als hätten sie eine Sehbehinderung. Danach tasteten sie sich mit Blindenstock und Händen mit derselben Brille durch das Erlebnismobil. Schliesslich erzählten sie, was sie dabei so alles entdeckt hatten oder besser glaubten, entdeckt zu haben.

«Ein bisschen unheimlich»

«Es ist schon ein bisschen unheimlich gewesen», haben einige gesagt. Sie fühlten einen Teppich, eine Pflanze, ein Stück Kiesboden, Körbe, Bälle, Flaschen und Plüschtiere, waren aber mehrheitlich froh, wieder helles Licht zu sehen und alles überstanden zu haben. Es sei schon sehr schwierig, sich zurechtzufinden, wenn man nur knapp Hell und Dunkel sehen kann.

Beat Schneider erklärte, dass es auch sehr stark Sehbehinderte ganz erstaunlich weit bringen können, wenn sie lernen, ihre anderen Sinne intensiver zu gebrauchen. «Wie gehen wir auf einen behinderten Menschen zu?», fragte er abschliessend. «Wir fragen, ob wir helfen können», erwiderte erwartungsgemäss ein Mädchen. «Und was tun wir dann, wenn er sagt: Gerne, kannst du mich bis dorthin begleiten?», fragte Schneider nach. «Dann begleite ich ihn!», so die Antwort aus den Bänken. «Nein, auf keinen Fall!», legte Beat Schneider daraufhin sein Veto ein. «Das dürft ihr nicht, oder aber nur, wenn ihr mindestens zu zweit seid, denn es gibt immer wieder gesunde Menschen, die ­Beschwerden nur vortäuschen und Böses im Sinn haben.»

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren