E-Zigis boomen bei Jugendlichen – in Schaffhausen dürfen sie auch Minderjährige kaufen

Fabienne Jacomet | 
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Themenbild rauchen mit Vape oder eletronische Zigarette, am Freitag, 12. Januar, 2024 (Melanie Duchene / Schaffhauser Nachrichten)
Vapen liegt vor allem bei der jüngeren Generation im Trend. Bild: Melanie Duchene

E-Zigaretten gelten als Umweltsünde, und zu den gesundheitlichen Auswirkungen gibt es noch keine Langzeitstudien. Etwa ein Drittel aller Jugendlichen hat sie zumindest schon einmal ausprobiert. Für die Prävention eine Herausforderung. Auch in Schaffhausen.

Sie sind bunt, es gibt sie in zahlreichen Geschmacksrichtungen und mit oder ohne Nikotin – E-Zigaretten oder Vapes. Und diese werden immer beliebter, viele Raucherinnen und Raucher steigen laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) um oder konsumieren beides. 2022 gaben 3 Prozent der Bevölkerung an, mindestens einmal im Monat E-Zigaretten zu nutzen, davon 1,7 Prozent täglich. Vor allem der jüngeren Generation haben es die Vapes angetan: 5,5 Prozent der Menschen zwischen 15 und 24 vapen regelmässig, 32 Prozent haben es schon mal ausprobiert.

Grossstadtrat Shendrit Sadiku (parteilos) nimmt die bunten «Puffs», wie sie ebenfalls genannt werden, auch vermehrt in Schaffhausen wahr. «Es ist auffallend, dass man überall in der Stadt Jugendliche mit Einweg E-Zigaretten in den Händen sieht», schreibt er in einem Vorstoss.

E-Zigaretten

Werden auch Vapes oder Puffbars – Puffs – genannt. Es handelt sich um elektronische Geräte mit einem Akku, einem Flüssigkeitstank – dem Liquid – und einem Verdampfer. Das Liquid wird verdampft und inhaliert. Was genau im Liquid enthalten ist, ist nicht immer ganz klar. Es gibt Vapes mit divesen Aromastoffen, beispielsweise Vanille oder Erdbeere.

Er habe mit einigen Minderjährigen gesprochen und diese hätten ihm erzählt, wie einfach sie an die Vapes kommen. Es sei entsetzlich, dass auch unter 18-Jährige diese Produkte mit Nikotin konsumieren, so Sadiku. Er will wissen, ob gemeinsam mit den städtischen Schulen bereits Massnahmen ergriffen oder Kampagnen gestartet wurden, um den Konsum zu mindern.

Jugendschutz ist Sache der Kantone

In der Schweiz gibt es beim Verkauf von E-Zigaretten auf Bundesebene aber zurzeit noch gar keine rechtlichen Vorgaben zum Jugendschutz. Die Vapes fallen momentan in den Geltungsbereich des Lebensmittelrechts und werden als Gebrauchsgegenstände behandelt. Ab Mitte des Jahres soll sich dies aber ändern, dann tritt das neue Tabakproduktegesetz in Kraft, das auch E-Zigaretten berücksichtigt. Verboten ist dann auch Werbung für solche Produkte. Bis dahin ist der Jugendschutz Sache der Kantone: Im Kanton Schaffhausen gibt es keine eigene Gesetzgebung zum Thema E-Zigaretten. Im Thurgau hingegen dürfen E-Zigaretten heute schon nicht an Minderjährige abgegeben werden.

Das Erscheinungsbild der E-Zigaretten, die auf den ersten Blick auch mit bunten Stiften verwechselt werden können, macht sie für Minderjährige vermutlich so attraktiv, sagen Ivana Markov und Deborah Weiss vom Verein für Jugendfragen, Prävention und Suchthilfe Schaffhausen (VJPS). «Vapen ist ein gefährlicher Trend, weil die Jugendlichen gezielt angesprochen werden, auch auf Tiktok beispielsweise», sagt Markov.

«Die Marketingstrategie der Vape-Industrie ist sehr clever und erfolgreich, aber für die Jugendlichen eine Katastrophe», so Weiss. Vapen sei ein Lifestyle geworden, man rauche, um dazuzugehören. Die Vapes seien zudem einfacher zu verstecken, man könne auch im Raum rauchen und rieche nach dem Konsum nicht wie ein Aschenbecher.

«Die Marketingstrategie der Vape-Industrie ist sehr clever und erfolgreich, aber für die Jugendlichen eine Katastrophe.»

Deborah Weiss, Leiterin Fachstelle Gesundheitsförderung und Prävention vom VJPS

Weiter würde oftmals gesagt, vapen sei gesünder als rauchen. «Dabei gibt es noch keine Langzeitstudien zu den gesundheitlichen Auswirkungen. Und was genau in den Vapes enthalten ist, beispielsweise an Zusatzstoffen, ist ein grosses Fragezeichen.» Es gebe Vape-Marken, die bereits wieder vom Markt genommen wurden, weil sie Inhaltsstoffe enthielten, die nicht zugelassen waren. Zudem könne der Nikotingehalt stark variieren und auch mal über dem einer normalen Zigarette liegen. Der Suchtfaktor bleibt also erhalten.

Auch das BAG schreibt: «Es handelt sich um Trendprodukte, die manchmal mehr Nikotin enthalten als herkömmliche Zigaretten.» Es rät deshalb zur Vorsicht. «Der Dampf gewisser E-Zigaretten enthält krebserzeugende Stoffe.» Hinzu komme der ökologische Aspekt, so Weiss. Die meisten Einweg E-Zigaretten landen im Abfall, inklusive Batterie. Diese sei häufig noch halb voll, wenn sie entsorgt werde. «Es ist eine riesen Ressourcenverschwendung.»

Alter wird trotzdem kontrolliert

Glücklicherweise gäbe es viele Geschäfte, die trotz fehlender Jugendschutzregelung bereits jetzt Alterskontrollen durchführen, so Markov. Bei Testkäufen in Schaffhausen hätte sich gezeigt, dass bei 13 Versuchen bei vier nicht nach einem Ausweis gefragt worden sei. «Man muss die Leute darauf sensibilisieren», sagt Markov. «Viele denken noch, Vapes sind harmlos.» Auf Nachfrage bestätigen mehrere Geschäfte, dass nach dem Ausweis gefragt wird: Am Kiosk in der Vordergasse werden grundsätzlich alle Vapes, ob mit oder ohne Nikotin, nur an Volljährige verkauft.

Bei «Sweet Schaffhausen» wird unterschieden; Vapes ohne Nikotin können ab 16 gekauft werden, jene mit ab 18. Beim «Dampferchef» ist es dasselbe. Dort darf laut Verkäufer aber niemand, der jünger ist als 16 den Laden betreten. Dass Jugendliche für ihre jüngeren Kolleginnen oder Kollegen einkaufen, kann er nicht ausschliessen. «Manchmal bildet sich vor dem Geschäft auch ein kleines Menschentrübli, wir können draussen nicht alle kontrollieren.»

Fehlende Kontrolle im Internet

Auch die Schulen beschäftigt der E-Zigaretten-Trend, sagen Markov und Weiss. «Nächste Woche besuche ich sechs Klassen, die zu diesem Thema einen Klassenkurs angefragt haben. Wegen besorgter Eltern werden wir auch häufiger für Elternabende eingeladen», so Markov. Gemeinsam mit anderen Kantonen habe Schaffhausen die Kampagne VapeCheck lanciert, um auf die Thematik aufmerksam zu machen.

Dabei haben unter anderem diverse Schweizer Tiktok-Bekanntheiten auf ihren Kanälen über Nikotinsucht, Vapes und die Umweltthematik gesprochen. «Es ist cooler, von jemandem, der im selben Alter ist, mehr zu erfahren, als einfach von Erwachsenen zu hören, dass Vapen schlecht ist», sagt Weiss. Das Ziel sei, möglichst viele Jugendliche früh zu sensibilisieren und Lehrpersonen und Eltern aufzuklären, mit was sie es überhaupt zu tun haben. «Es gibt noch immer viele Personen, die das Produkt gar nicht kennen», sagt Markov.

@vapecheck macht doch gar nüt.... oder? 🤔 🫶 @Aamina ♬ Originalton - VapeCheck

Beide sind froh, tritt das Tabakproduktgesetz bald in Kraft. Nur ein Problem gebe es: den Onlinehandel. «Jugendschutz ist enorm wichtig, aber im Internet kontrolliert niemand, wie alt du bist. Deshalb ist Prävention so wichtig», sagt Weiss.

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