FDP und GLP: Wie «liberal» geht Klimaschutz?

Mark Liebenberg | 
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Die «SN», Radio Munot und das Schaffhauser Fernsehen haben gemeinsam alle Schaffhauser Nationalratskandidierenden eingeladen. Die Aufzeichnungen finden Sie auch online unter «www.shn.ch». In der gedruckten Version der Zeitung publizieren wir jeweils einen Teil des Gesprächs.

Die Schweiz hat im Juni dem Klimagesetz zugestimmt: Klimaneutral bis 2050. Erreichen wir das Ziel ohne Zwang?

Jannik Schraff: Ich denke, wir werden alle Massnahmen brauchen, es ist ein sehr ehrgeiziges, sehr wichtiges Ziel. Es geht aber nicht ohne gewisse Verpflichtungen. Im Baurecht gibt es heute schon Vorschriften, wenn sich diese neu auch auf ein Solarobligatorium beziehen, habe ich damit keine Mühe. Gleichzeitig wird es Kompromisse im Landschaftsschutz brauchen, auch in den Alpen. Sonst erreichen wir das Ziel nie.

Jannik Schraff (GLP)

Jannik Schraff (GLP): Die Zeit ist reif für ein Verbrennerverbot. Bilder: zVg

Alter: 40

Wohnort: Neunkirch

Motivation: «Grüne Themen brauchen in Bern ein höheres Gewicht.»

Ihre FDP-Kantonalpartei hat sich gegen das Klimagesetz ausgesprochen. Wie sollen wir die Ziele erreichen?

Anna Tanner: Uns hat es da zu viel starre Ideologie drin. Wir müssen offen und pragmatisch über Technologien reden, zum Beispiel die Kernkraft, die Fortschritte gemacht hat. Wenn wir unsere AKWs mit erneuerbaren Energien ersetzen müssten, wäre das landschaftlich verheerend und teuer. Wir müssen in die Technologie und Forschung investieren. Und einen guten Mix hinkriegen.

Anna Tanner (FDP)

Anna Tanner (FDP): Gegen «ideologische Zwängerei».

Alter: 28

Wohnort: Hemishofen

Motivation für die Kandidatur: «Ich will eine Schweiz, die an die Mündigkeit und Eigenverantwortung ihrer Bürger glaubt.»

Auch mit Windkraft, zum Beispiel auf dem Chroobach bei Hemishofen?

Tanner: Nein, da bin ich dagegen. Das ist ideologische Zwängerei, der Chroobach gehört ja gar nicht zu den windreichsten Gegenden des Landes. Und man darf nicht einfach die Gemeindeautonomie aushebeln, um den Windpark zu bauen.

Schraff: Es ist ein Spagat. Aber man kann ja nicht von neuen Technologien sprechen und dann sagen, aber bitte nicht bei mir. Ein AKW will ganz sicher auch niemand vor seiner Haustüre. Ausserdem ist der Weg zu einem neuen Atomkraftwerk in der Schweiz zu lang, das löst unsere Probleme nicht.

Schneller realisieren kann man Verbote, zum Beispiel von Verbrennungsmotoren, sagen wir ab 2035?

Schraff: Das dünkt mich ein guter Zeitpunkt, ja. Jetzt braucht es eine Zeit, wo es beide Technologien nebeneinander gab, aber es gibt jetzt keinen Grund mehr, nicht einen E-Personenwagen zu fahren. Ich habe selber einen und lade diesen mit Solarstrom von meinem Dach.

Tanner: Bei einem Verbot sträuben sich bei mir natürlich die Haare. Ich glaube an die Mündigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Leute. Wie wäre es, wenn alle jene, die im Juni mit Ja gestimmt haben, sich jetzt auch danach verhielten und nur noch E-Autos kauften? Dann bräuchte es keine Verbote.

Der Druck auf das Asylwesen nimmt momentan zu und wird wohl weiter zunehmen: Wir kennen die aktuellen Bilder aus Lampedusa. Ist unser Land darauf vorbereitet?

Tanner: Auf dem Papier schon. Aber wir müssen das Asylgesetz konsequent umsetzen. Wir sind zu wenig schnell in den Verfahren, haben zu hohe Ausgaben im Asylbereich, wir müssen härter werden, aber fair bleiben: Hilfe sollen jene erhalten, die es wirklich brauchen.

Schraff: Ich sehe das weniger dramatisch. Wir haben als wohlhabendes Land schon auch eine Pflicht, da unseren Teil zu leisten. Ausserdem ist es nicht nur eine Last, sondern auch eine Bereicherung. Wir mögen ja alle etwas Multikulturalität.

Schlussgang

Was heisst für Sie liberal?

Tanner: Bei sich selber anfangen, nicht alles nach Bern delegieren.

Schraff: Anreize schaffen, damit sich die Gesellschaft in die gewünschte Richtung entwickelt.

Steuersenkungen auf Bundesebene: ja oder nein?

Schraff: Das Niveau stimmt im Moment, also so lassen.

Tanner: Im Zweifel Steuern senken.

Braucht es neben Mann und Frau ein drittes amtliches Geschlecht?

Tanner: Ich könnte damit leben, aber lieber keine Sternchen und Doppelpunkte.

Schraff: Ja, für die Betroffenen ist das wichtig und es schadet niemand anderem.

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