Schaffhauser Kantonsrat will Kindertagesstätten von Bürokratie entlasten

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Am heutigen Tag trifft sich der Schaffhauser Kantonsrat zu seiner fünften Sitzung dieses Jahres. Auf dem Programm stehen diverse Vorstösse von Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Unter anderem wir über Förderung von Holz als Baumaterial, über Kindertagesstätten, Ausbildungsräume für Pflegeberufe und die Klimaziele der Kantonalbank gehen.

Diskussion läuft ins Leere

Nachdem der Kantonsrat vor dem Mittag 45 Minuten über ein Postulat von René Schmidt (GLP) diskutiert hat, das die Förderung von E-Ladestationen in Mehrfamilienhäusern gefordert hatte, zog Schmidt seinen Vorstoss am Schluss zurück. Auf die Idee gebracht hatte ihn Ratskollege Nihat Tektas (FDP), nachdem sich Grundsatzkritik am Vorstoss breit gemacht hatte. Die Absicht dahinter, Elektromobilität zu fördern, wurde im Rat zwar begrüsst, die Umsetzung jedoch kritisiert. So sprachen FDP und SVP vom Eingriff in das Privateigentum.


Verantwortliche von Kindertagesstätten sind enttäuscht, hoffen aber

Der Kantonsrat hat mit 39 Ja-Stimmen deutlich der Überweisung des Postulats betreffen Kindertagesstätten gestimmt. Unmittelbar nach dem Entscheid zeigen sich die diversen Vertreterinnen und Vertreter der Tagesstätten jedoch eher enttäuscht. Sie sagen, dass sich die Regierung hinter Paragraphen verstecke. Sie würden für Qualität einstehen und gute Kontrollen seien nötig. Es gehe um die Umsetzung der Verordnung, eine grundlegende Anpassung der Vorgaben sei gar nicht notwendig. Dass sich in diesem Punkt nun etwas ändere, glauben die Frauen und Männer aber nicht. Die Hoffnung haben sie aber noch nicht verloren, vielleicht habe die Debatte im Kantonsrat nun eine positive Veränderung ausgelöst.


Linke Parteien befürchten Qualitätsabbau

Während die FDP geschlossen und die SVP grossmehrheitlich hinter dem Postulat steht, formuliert SP-Kantonsrätin Linda De Ventura Kritik daran. Die SP-Fraktion sei gespalten, ein Teil stehe hinter der Forderung, den bürokratischen Aufwand zu senken. Der andere Teil befürchtet derweil, dass die Qualität der Kinderbetreuung leiden würde. Beispielsweise die Vorgabe, wie viele Quadratmeter pro Kind zur Verfügung stehen müsse, sei wichtig. «Ich hatte noch nie den Eindruck, dass es in einer Kindertagesstätte zu wenig Platz hat», sagte De Ventura. Das Problem sei nicht die bürokratische Vorgabe, sondern die Kommunikation zwischen Dienststelle beim Kanton und den Verantwortlichen der Tagesstätten.


Markus Müller (SVP) mit flammendem Appell

Im Erziehungsdepartement läuft so einiges schief. Zu diesem Schluss kommt SVP-Kantonsrat Markus Müller in seinem Votum zum Postulat von Nihat Tektas (FDP). Er sprach davon, dass die Kindertagesstätten geradezu schikaniert würden durch die zuständige Person im Schaffhauser Erziehungsdepartement. Der bürokratische Aufwand würde immer grösser, geltendes Bundesgesetz unnötigerweise verschärft. Als Beispiel nannte er, dass die privat organisierten Kindertagesstätten Stellen vom Staat bewilligen lassen müssten, obwohl dies gar nirgends vorgesehen sei.


Postulat von Nihat Tektas (FDP)

Jetzt wird über das Postulat von Nihat Tektas (FDP) diskutiert. Der Hintergrund des Vorstosses ist die Gründung einer IG im vergangenen Jahr.

Der Schaffhauser Erziehungsdirektor Patrick Strasser (SP) äusserte sich in seiner Stellungnahme positiv. Die Regierung sei bereit, das Postulat entgegenzunehmen. Doch Anpassungen an den Vorgaben dürfen nicht zu einer geringeren Qualität in der Kinderbetreuung führen, so Strasser.

 


Knappe Entscheidung

Der Kantonsrat stimmt schliesslich äusserst knapp für die Überweisung von Flubachers Postulat. 26 Stimmen erhält der Vorstoss, 25 sind dagegen. Entscheidend könnte die Stimme von SVP-Kantonsrat Martin Schlatter gewesen sein: Er stimmte für die Förderung von Bauholz als Baustoff. Damit war er das einzige Mitglied seiner Fraktion. 


Walter Hotz greift Regierungsrat Kessler an

Die Debatte um die Förderung von Holz als Baumaterial wird persönlich. SVP-Kantonsrat Walter Hotz greift Baudirektor Martin Kessler frontal an. Er spricht ihm seine liberale Gesinnung ab, da er das Postulat begrüsse. Er würde besser Subventionen bekämpfen und das Geld für Steuersenkungen freimachen. Kessler entgegnet, dass die SVP-EDU-Fraktion bei Subventionen Scheuklappen trage. Bei der Landwirtschaft sei staatliche Förderung gut, wenn es um grüne Anliegen gehe, seien die Parlamentarier grundsätzlich dagegen.


Viele Zuschauer warten auf Ende einer Debatte über Holz als Baumaterial

Soll der Kanton Schaffhausen Holz als Baumaterial fördern? Melanie Flubacher (SP) will das so und hat deshalb ein Postulat überwiesen. Sie will, dass der Regierungsrat überprüfen soll, wie im Bauwesen der Einsatz von regionalem Holz für private Bauträger wirksam gefördert
werden kann. Der Kantonsrat diskutiert diesen Vorstoss aktuell. Die Fronten sind mehr oder weniger deutlich: Rechts ist dagegen, die linken Ratsmitglieder sind dafür. Die FDP-Mitte-Fraktion ist derweil gespalten. Mit Spannung erwartet wird jedoch das nächste Traktandum, in dem es um Kindertagesstätten geht. Auf der Besuchertribüne des Kantonsratssaals haben sich mehrere Geschäftsführer von Tagesstätten eingefunden. Sie erhoffen sich einige bürokratische Erleichterungen.


SVP tritt uneinig auf: Peter Scheck mit persönlichem Angriff

SVP-Fraktionspräsident Peter Scheck musste zu Beginn der Sitzung etwas Unmut loswerden. Er beklagte sich über die zwei Mitglieder des Kantonsrats, die gegen das Informatik-Gesetz des Kantons Abstimmungskampf betrieben hatten. Die Bevölkerung folgte zwar der Ja-Empfehlung der Regierung und der grossen Mehrheit des Kantonsrats, dennoch hielt es Scheck für angebracht, einen Alleingang zu starten. Er geisselte den Abstimmungskampf und die Stellungnahme der «Schaffhauser Nachrichten», die sich gegen das neue Gesetz ausgesprochen hatten. Was als Fraktionserklärung angekündigt war, kam wie eine persönliche Abrechnung rüber. Noch während Schecks Votum beklagten sich mehrere Fraktionsmitglieder darüber. Es war schnell klar: Das war nicht abgesprochen. Hinter vorgehaltener Hand wird sogar die Frage gestellt, wie lange er noch Fraktionspräsident sein soll.

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