«Als Frau musst du dich jeden Tag aufs Neue beweisen»
Verschiedene Altersgruppen, verschiedene Frauen, aber die gleiche Erfahrung: Sie alle behaupten sich einer männerdominierten Welt. Eine von ihnen ist CEO Manuela Knecht. Ihr Motto lautet: «Frauen, werdet mutiger!» Der Weltfrauentag sei nur eine Möglichkeit von vielen, um diese Überzeugung kundzutun.
Die Karriere von Manuela Knecht kann sich sehen lassen. Bereits als 27-Jährige war die gelernte Hochbauzeichnerin sowie ausgebildete Projektleiterin im Bauwesen in der Geschäftsleitung tätig und blickt heute auf bald 30 Jahre Erfahrung in der von Männern dominierten Baubranche zurück. Sie hat ihr Fachwissen bei Gewerbe- und Industrieprojekten im In- und Ausland, bei kommunalen Bäderprojekten in der ganzen Deutschschweiz sowie bei diversen Praxis- und Spitalprojekten gesammelt, was ihr heute zugutekommt.
Als ihre Tochter ein Jahr jung war, stand Manuela Knecht vor der Entscheidung, die Firma zu übernehmen, weil der damalige Besitzer zu Beginn der Coronapandemie das Geschäft aufgeben wollte. Manuela Knecht traf einen Entschluss und gründete im Jahr 2019 die MK Baumanagement Holding AG mit dem Ziel, die Architekturbüros in einer Firmengruppe zu organisieren. «Es hat mich schon immer gereizt, eigene Ideen zu entwickeln und Prozesse aktiv zu beeinflussen», begründet sie ihren Entscheid. Zudem sei sie freiheitsliebend und könne sich schlecht unterordnen.
CEO dreier Firmen in Schaffhausen
Heute ist Manuela Knecht CEO dreier Firmen in Schaffhausen und beschäftigt 13 Mitarbeiterinnen und einen Mitarbeiter. Dass der Männeranteil so niedrig ausfällt, ist kein Zufall. Es sei eine bewusste Entscheidung gewesen, den Kader nur mit Frauen zu besetzen. Warum eigentlich? «Frauen und Männer haben unterschiedliche Herangehensweisen an Projekte», sagt Manuela Knecht. Schon früher habe sich gezeigt, dass nach einem Kundengespräch Männer oft eigene Ideen entwickeln und diese umsetzen wollen, da halten sich Frauen eher an die Vorgaben und Wünsche der Kunden. Dies erleichtere nicht nur die Projektentwicklung, sondern bringe innert Kürze das Optimum für den Bauherrn.
Trotz vieler Vorzeigeprojekte in Schaffhausen wie dem Kornhaus- oder Schweizerhof-Umbau sowie dem Bau des Herrenackers Süd mit Parkhaus, kämpft Manuela Knecht mit Vorurteilen wegen ihres Geschlechts. «Als Frau musst du dich in der Baubranche jeden Tag aufs Neue beweisen», sagt sie. In diesem Zusammenhang erzählt Knecht die jüngste Geschichte, als sie bei einem Vorgespräch für ein Grossprojekt Vorbehalte sowie Vorurteile deutlich zu spüren bekam. Vor einem grossen Gremium mit 20 Personen musste sie sich fünf Minuten lang vielen Fragen des älteren Verwaltungsratspräsidenten stellen. Ob sie sich denn überhaupt durchsetzen und ihre Meinung präzise formulieren könne, wollte er auch wissen. «Ich dachte, ich bin im falschen Film», sagt Manuela Knecht und ist sich sicher: «Einem Mann hätte er diese Fragen nicht gestellt.» An dieses Erlebnis werde sie sich auch nach 50 Jahren noch erinnern, sagt sie. «Wir sind noch lange nicht dort, wo wir sein müssen. Es wird wohl noch lange dauern, bis es akzeptiert wird, dass Frauen das Gleiche können, wie Männer.»
Vorbildfunktion übernommen
15 Jahre lang hat Manuela Knecht Baustellen geleitet und ist milder gestimmt, wenn es um die Handwerker auf dem Bau geht. Diese könne man schnell mit Fachwissen überzeugen, und es spiele dabei keine Rolle, dass die Anweisungen von einer Frau kämen, solange Frau sich nicht überheblich zeigt. Für ihr Team versucht Manuela Knecht, eine Vorbildfunktion zu übernehmen und sagt täglich: «Seid mutiger, formuliert klar und hört auf, euch kleinzumachen.» Frauen sollen nicht nur im Hintergrund die Fäden ziehen, sondern hervortreten und zeigen, was sie können. Auf dem Bau brauche es klare Ansagen und fundiertes Fachwissen. «Mit ‹könnte, hätte, sollte› kommt man in dieser Branche nicht weiter.»
Dass Karriere als Frau mit Kindern nur mit grosser Anstrengung und einem guten Netzwerk möglich ist, gerade weil die ausserschulischen Angebote wie Tagesstrukturen nach wie vor zu wenig vorhanden und sehr teuer sind, weiss Manuela Knecht aus eigener Erfahrung. «Bis die Kinder in ein Alter kommen, in dem sie alleine auch grössere Strecken mit dem Velo fahren können, sind die Mütter schon mehr als fünf Jahre aus dem Beruf ausgestiegen oder nur in ganz kleinen Pensen am Arbeiten. Ich sage nur: Fachkräftemangel.»