Qualvoll verendete Rehe in Knotengittern

Elena Stojkova | 
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Auf der Breite, Stadt Schaffhausen: Ein Reh hat sich in einem Knotengitter verfangen. Unschön sei es, die Tiere, meist tödlich verendet oder schwer verletzt, in den Gittern vorzufinden und sie daraus zu befreien, sagt Werner Stauffacher, Präsident Jagd Schaffhausen. Bild: zvg

Um ihr Gemüse oder ihre Pflanzen zu schützen, stellen einige Gartenbesitzer flexible, grobmaschige Knotengitter auf. Wie Werner Stauffacher, Präsident von Jagd Schaffhausen, sagt, können diese zu tödlichen Fallen für Tiere ­werden.

Eigentlich sollen die weichen Knotengitter, die manche Gartenbesitzer aufstellen, ihr Gemüse und ihre Zierpflanzen schützen, damit diese nicht von Wildtieren angeknabbert werden. Das Knotengitter ist günstig und schnell aufgestellt. Vielen aber ist nicht bewusst, dass es auch eine tödliche Falle sein kann.

Ein Wildtier, das gestört oder aufgeschreckt werde, habe nur noch eines vor: flüchten, sagt Werner Stauffacher, Präsident von Jagd Schaffhausen. «Einmal mit dem Kopf oder einem Lauf im Knotengitter verfangen, gibt es fast kein Entrinnen mehr.» Gerät das Tier in Panik, verheddert es sich mehr und mehr. «Es würgt sich oft zu Tode oder ist so schwer verletzt, dass man es erlösen muss», so Stauffacher.

«Das Tier würgt sich zu Tode oder ist so schwer verletzt, dass man es erlösen muss.»

Werner Stauffacher, Präsident Jagd Schaffhausen

Und die Fälle nehmen zu. Normalerweise, sagt er, wurden solche Fälle ein- oder zweimal im Jahr gemeldet. In diesem Jahr habe es jedoch bereits vier oder fünf Fälle gegeben. Über das Bild sagt er: «Es ist unappetitlich, unschön anzusehen. Aber so sieht die Realität aus.» Es sei auch unschön, die Tiere aus diesen Netzen herauszuholen und sie entsorgen zu müssen.

Früher, so Stauffacher, hätten sich diese Vorfälle auf ländliche Gebiete beschränkt: Man nutzt die Gitter dort, um Schafe oder Ziegen zum Weiden für eine oder zwei Nächte einzuzäunen, damit diese nicht entwischen. Die Bauzone aber sei näher an den Wald gerückt. «Es hat sich eingebürgert, dass man seinen Garten vor Wildtieren schützt.» Das Problem: Die Tiere nehmen die flexiblen, weichen, grobmaschigen Knotengitter oder ähnliche zaunartige Abwehrmittel, anders als starre Gitter, kaum als Hindernis wahr.

Schnittwunden und Strangulation

Freudig würden Gartenbesitzer Rehe, Füchse oder Dachse zunächst beobachten, so Stauffacher. Schnell aber sei diese Freude verflogen, wenn durch Tiere verursachte Schäden bemerkt werden. Als Lösung werde die Jagd oder das Knotengitter gesehen. Die Jagd sei in bewohnten Gebieten aber weitgehend untersagt oder, wenn erlaubt, mit Gefahren verbunden und unbeliebt, sagt der Präsident von Jagd Schaffhausen. Also kommen die Knotengitter zum Einsatz.

In diese tödlichen Fallen, wie Stauffacher sie nennt, tappen die Tiere vor allem bei Gartengrundstücken, die in der Nähe des Waldes liegen oder eine Verbindung, einen «grünen Weg», zum Wald haben. Auch Igel oder Katzen verfangen sich darin. «Diese bringt man aber meist wieder aus den Netzen heraus, denn sie reissen nicht daran.» Anders das Reh: Die dünnen, für das Tier praktisch unzerstörbaren Schnüre des Gitters würden sich um seine Gelenke oder seinen Hals wickeln. Das Reh erleidet Schnittwunden, Abschürfungen – oder stranguliert sich. Unsägliche Qualen seien das, sagt Stauffacher. «Wenn das Tier noch lebt, schneiden wir es aus dem Netz heraus.» Es sei aber schwierig, ein Tier aus solchen Knotengittern zu befreien und es wieder in die Natur zu setzen. Das Verheddern endet meist tödlich. Oft sind die Verletzungen so schlimm, dass das Tier getötet werden muss, um es von den Qualen zu erlösen. Manchmal kollabiere es infolge des Stresses.

Wenn einzäunen, dann mit einem festen Hag von guter Qualität, der Widerstand bietet, sagt Stauffacher. «Permanent aufgestellte Knotengitter haben in engen Gärten oder als Schutz von Anpflanzungen nichts zu suchen.» Zum Wohl der Tiere solle man diese wegnehmen, so Stauffacher.

Fahrlässige Tierquälerei?

Die geschilderten Vorfälle lassen an einen erst kürzlich vor dem Bezirksgericht Andelfingen behandelten Fall erinnern: Ein Weinländer wurde wegen fahrlässiger Tierquälerei zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Eine laktierende Rehkuh hatte sich in einem mobilen Zaun verheddert. Ein Jäger fand sie vor, konnte das Tier nicht befreien und erschoss es. Die Schuldfrage in diesem Fall zu klären? Schwierig. Der Verurteilte jedenfalls hat seine Schutzzäune entsorgt.

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