Polizeikommandant Blöchlinger freigestellt: Kam es zum Krach mit Stamm Hurter?

Zeno Geisseler | 
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Seit Jahren in der Kritik: Kurt Blöchlinger. Bild: Selwyn Hoffmann

Immer wieder war Kurt Blöchlinger kritisiert worden. Jetzt ist er Knall auf Fall weg. Warum? Das will der Kanton geheim behalten.

Die Schaffhauser Polizei braucht einen neuen Chef. Polizeikommandant Kurt Blöchlinger (54), seit nicht ganz zehn Jahren im Amt, habe sich entschieden, «eine neue berufliche Herausforderung anzunehmen». Er sei auf eigenen Wunsch von der Regierung freigestellt worden. Dies hat die Staatskanzlei gestern mitgeteilt. In einem Communiqué, das dürre acht Zeilen lang ist. Weitere Auskünfte werden nicht erteilt. Über die Einzelheiten der Vertragsauflösung sei Stillschweigen vereinbart worden.

Vorwürfe nicht erhärtet

In den letzten Monaten war Oberstleutnant Blöchlinger immer wieder in den Schlagzeilen. Er war im Zentrum einer Untersuchung gestanden, bei der es um Zahlungen aus einem Polizeikonto ging, um Amtsmissbrauch und Begünstigung. Ein ausserordentlicher Staatsanwalt kam Ende April in seiner Untersuchung allerdings zum Schluss, dass alles rechtmässig gewesen sei.

«Über die Einzelheiten wurde Stillschweigen vereinbart.»

Aus der Medienmitteilung, der Staatskanzlei

Ein Jahr zuvor, im April 2017, hatte die «Schaffhauser AZ» Vorwürfe erhoben, wonach Blöchlinger unter anderem im Stil der Vetternwirtschaft Aufträge an ihm privat gut bekannte Personen vergeben habe. Diese Vorwürfe erhärteten sich ebenfalls nicht.

Seine damalige Chefin, Rosmarie Widmer Gysel, stellte sich vor Blöchlinger. Sie wies auch eine Aussage zurück, wonach die Stimmung im Corps schlecht sei. Das sei tatsächlich nicht so, sagt Virginia Stoll, die Präsidentin des Polizeibeamtenverbands Schaffhausen: «Wie in jedem Betrieb gibt es mal Unstimmigkeiten. Generell von einer schlechten Stimmung kann aber definitiv nicht die Rede sein.»

Eine Niederlage im Zusammenhang mit Personalfragen mussten Blöchlinger und der Kanton Schaffhausen allerdings im letzten Dezember vor dem Schaffhauser Kantonsgericht einstecken.

Der Kommandant hatte einen Mitarbeiter fristlos entlassen, aus Sicht des Gerichts aber zu Unrecht. Blöchlinger hätte «vorgängig andere Massnahmen disziplinarischer Art ergreifen müssen», so das Gericht.

Kritik noch vor Amtsantritt

Blöchlinger war Ende 2008 als neuer Kommandant vorgestellt worden. Er hatte sich gegen 19 Kandidaten durchgesetzt. Die Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag war kaum trocken, als erste Kritik an ihm laut wurde. Als Chef der Bundeskriminalpolizei mache er einen schlechten Job. Es gab Medienberichte, wonach Bundesanwalt Erwin Beyeler, ebenfalls ein Schaffhauser, Blöchlinger vorwarf, die Geschäfte nicht im Griff zu haben. Zudem verstehe er nichts von moderner Grosskriminalität. In weiteren Medienberichten war von gravierenden Problemen Blöchlingers im Umgang mit den Beamten der Bundeskriminalpolizei die Rede.

War es diese Kette von Vorwürfen, Untersuchungen und Kritiken, die letztlich zum Abgang in Schaffhausen geführt haben? Nicht unbedingt. Oder jedenfalls nicht nur. Laut Insidern war es vielmehr ein Personalwechsel auf höherer Ebene: Am 1. April hat Cornelia Stamm Hurter (SVP) das Finanzdepartement und damit auch die Verantwortung für die Polizei übernommen. Mit Regierungsrätin Widmer Gysel hatte sich Blöchlinger blendend verstanden, mit Stamm Hurter soll das Verhältnis weitaus kühler gewesen sein. Dies zeigt auch ein Blick in das knappe Communiqué: Die bei Rücktritten sonst übliche Floskel, mit der die geleistete Arbeit verdankt wird, fehlt. Kein Wort des Bedauerns über den Abgang eines der wichtigsten Vorgesetzten im ­Kader des Kantons.

Lob aus dem Parlament

Auch Kurt Zubler, Fraktionschef der SP-Juso im Kantonsrat, vermutet, dass es schlicht zu Unstimmigkeiten zwischen Blöchlinger und seiner neuen Chefin gekommen sei. «Mit Widmer Gysel war das Verhältnis bekanntermassen sehr gut», sagt er. «Jetzt hat es wohl nicht mehr gestimmt.» Dass die früheren Verfahren eine Rolle gespielt haben könnten, glaubt Zubler weniger: Die meisten Vorwürfe hätten sich ja nicht erhärtet.

Über Blöchlingers Abgang ist das Parlament im Voraus nicht informiert worden. Beat Hedinger, Chef der FDP-CVP-JF-Fraktion im Kantonsrat, sagt, er habe erst aus den Medienanfragen davon erfahren. «Zu den Gründen kann ich nicht einmal annähernd etwas sagen», meint er. Er lobt Blöchlingers Arbeit. «Klar hörte man, dass es mal knisterte. Aber das tat es bei den Vorgängern auch. Er hat einiges erreicht im Korps. Als Kommandant trägt man eine grosse Verantwortung.» SVP-EDU-Fraktionschef Peter Scheck ergänzt: «Wir sahen eine sehr solide Führung. Es gab zwar Nebengeräusche, dabei ging es aber nicht nur um den Polizeikommandanten.» Über mögliche Gründe zu dessen Abgang äussert Scheck sich nicht. Aus seiner Sicht ist es wichtig, dass nun wieder jemand mit langjähriger Führungserfahrung übernimmt: «Es ist ein grosses Corps, die Arbeit ist nicht zu unterschätzen.»

Blöchlinger wird laut Mitteilung nun «eine neue berufliche Herausforderung» annehmen. Wo, ist nicht bekannt.

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