«Habe mir das sehr genau überlegt»

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Grosser Medienrummel gestern im Hotel Kronenhof: Christian Amsler steht nach der Lancierung seiner Kandidatur an der FDP-Parteiversammlung lokalen und ­nationalen Presseleuten Rede und Antwort. Bild: Selwyn Hoffmann

Die kantonale FDP hat Erziehungsdirektor Christian Amsler formell ins Bundesratsrennen geschickt. Mit der SN sprach er über seine Kandidatur.

Text: Sidonia Küpfer und Mark Liebenberg

Nachdem Regierungsrat Christian Amsler gestern an der Schaffhauser FDP-Kantonalversammlung seine Kandidatur bekannt gegeben und die Partei ihn formell nominiert hat, sagt der Magistrat, was ihn antreibt, welche Chancen er sich ausrechnet und was die kommenden Wochen bringen werden.

Herr Amsler, die kantonale FDP hat Sie nun offiziell ins Bundesratsrennen geschickt. Wie fühlen Sie sich?

Christian Amsler: Ich freue mich sehr über das Vertrauen der Schaffhauser Freisinnigen. Mir war es wichtig, nicht mit einer Pressekonferenz anzutreten, sondern gewissermassen im Schosse der Parteifamilie nominiert zu werden. Die Schaffhauser FDP ist bislang die erste Kantonalpartei, die in dieser Bundesratsvakanz als Kantonalpartei den Kandidaten nominiert hat. Ich denke, es ist aus meiner Position als Nicht-Bundesparlamentarier heraus ein gutes Signal nach aussen, dass ich diesen Rückenwind habe.

«Andere in meinem Alter kaufen sich eine Harley- Davidson. Ich stelle mich als Bundesrat zur Verfügung.»

Sie zeigen ja nicht zum ersten Mal Interesse an einer Bundesratskandidatur. Was hat Sie und die Partei dieses Mal ­bewogen, voll ins Rennen einzusteigen?

Nach dem Rücktritt von Bundesrat Johann Schneider-Ammann soll die Ostschweiz endlich wieder in der Landesregierung vertreten sein. Und der Kanton Schaffhausen konnte noch nie in der Geschichte der Eidgenossenschaft einen Bundesrat stellen. Die FDP Schaffhausen und ich möchten mit meiner Kandidatur einen eigenen Beitrag zur Vakanz in der Landesregierung leisten.

Die meisten FDP-Kandidaten haben es dankend abgelehnt, neben Karin Keller-Sutter anzutreten. Lassen Sie sich jetzt nicht einfach verheizen?

Ich bedauere, dass sich andere Frauen zurückgezogen haben. Mir ist auch völlig klar, dass Karin Keller-Sutter die grosse Favoritin ist. Ich anerkenne voll den Frauenanspruch, und ich hätte nichts dagegen, wenn die Bundesversammlung am 5. Dezember zwei Frauen in den Bundesrat wählt. Die FDP steht aber auch für eine grosse Vielfalt, die sich nicht nur auf die Mann-Frau-Frage beschränkt. Es zählt auch die regionale Herkunft, die berufliche Erfahrung und die Lebenssituation. Für mich wie für die kantonale Parteileitung ist klar, dass wir da jetzt überhaupt nicht zurückstehen sollten als Schaffhauser.

Also ist es kein Verheizenlassen?

Das ist ein sehr negatives Wort. Ich habe mir die Kandidatur sehr genau überlegt, wie jeder, der antritt. Es geht um das höchste Regierungsamt im Land, für das sich niemand leichtfertig zur Verfügung stellt. Das hat also nichts mit «Verheizen» zu tun.

Vor einem Jahr bei der Nachfolge Didier Burkhalters stand Ihnen die Regionenfrage im Weg, jetzt haben Sie das falsche Geschlecht. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, überhaupt auf das FDP-Ticket zu kommen?

Klar, das wird jetzt in der FDP-Bundeshausfraktion diskutiert werden müssen. Ich habe auch heute an der Parteiversammlung gesagt, dass ich im engen Austausch mit Karin Keller-Sutter stehe. Es ist ihr und sicherlich auch der klare Wille der Bundeshausfraktion, eine demokratische Auswahl zu bieten. Es liegt letztlich nicht an uns Kandidaten, das zu kommentieren. Ich werfe meinen Hut in den Ring, ruhig, konzentriert, aber mit voller Überzeugung.

Muss Ihrer Überzeugung nach einer der beiden frei werdenden Sitze mit einer Frau besetzt werden?

Ja, das finde ich schon. Aber es bringt nichts, jetzt auf den 5. Dezember zu spekulieren – es kommt ja auch noch dar­auf an, wen die CVP ins Rennen schickt. Ich sehe meine Kandidatur durchaus auch als Beitrag für die Vielfalt in der FDP.

Welche anderen Absprachen, in der ­Ostschweiz, auf Bundesebene, haben Sie getroffen?

Niemand fällt so einen Entscheid allein. Selbstverständlich spricht man miteinander, und letztlich ist es auch die nationale Parteileitung, die ein gewichtiges Wörtchen mitredet. Aber ich werde hier ­natürlich keine Einzelheiten verraten.

«Der kantonale Parteivorstand und ich waren uns einig: Wir sollten jetzt als Schaffhauser überhaupt nicht zurückstehen.»

Die nächste Hürde ist also, auf das Zweierticket zu kommen. Sie sind zwar interkantonal gut vernetzt, aber unter der Bundeshauskuppel wenig bekannt. Gehen Sie jetzt auf Promo-Tournee bei den Parlamentariern?

Also, ich kann Ihnen versichern, dass der Kandidat Christian Amsler – der amtierender Regierungspräsident und Erziehungsdirektor ist und noch ein paar andere Mandate hat – keine Minute Zeit hat, jetzt auf Werbetour zu gehen. Ich nehme meine Aufgabe hier vor Ort in Schaffhausen ernst, sehr ernst, ich gehe sicher nicht auf «Einzelabrieb», wie dies Kollege Pierre Maudet letztes Jahr anscheinend getan hat. Aber das muss jeder für sich entscheiden.

Wo innerhalb der FDP positionieren Sie sich eigentlich? Parteipräsidentin ­Petra Gössi sagte diese Woche klar, die FDP sei eine liberale Partei «rechts der Mitte». Fühlen Sie sich dort zu Hause?

Ich bin ein Liberaler. Ich habe etwas Mühe mit dem Rechts-links-Schema, und daran festgenagelt zu werden, widerstrebt mir. Das ist in der kantonalen Politik nicht anders als in der nationalen. Ich bin gerne ein Brückenbauer. Die FDP ist ja nicht nur die Partei der Finanzen, Steuern und Verwaltungsratsmandate. Ich denke, ich stehe auch für eine andere FDP, für eine liberale Gesellschafts-, Familien- und Jugendpolitik, für Bildung und Umwelt. Ich bin ein Mittepolitiker, der in Sicherheitsfragen vielleicht eher rechts und in anderen Fragen eher links der Mitte steht.

Die zuletzt abtretenden Bundesräte haben offen gesagt, wie belastend das Amt für das Privat- und Familienleben sei. Wären Sie bereit dafür?

Ja, das ist eine Frage, die man sich sehr gut überlegen muss und die ich mit ­Liliane, meiner Frau, lange diskutiert habe. Die Überlegungen, wie man das Leben neu organisieren müsste, waren bei der Entscheidfindung zentral. Andererseits ist man auch als amtierender Regierungspräsident des Kantons Schaffhausen die ganze Zeit unterwegs. Aber ich bin fit und topmotiviert, und wir sind in einer Situation, wo die drei Kinder selbständig und gestärkt im Leben stehen. Mit 54 Jahren ist es für mich der ideale Zeitpunkt.

Sie haben nach acht Jahren im Schaffhauser Regierungsrat einfach auch ein wenig Lust auf eine Veränderung?

Wenn sich einem diese Chance ­bietet, wenn sich dieses Türchen zur rechten Zeit öffnet, dann muss man die Gelegenheit beim Schopf packen. Ich sage es scherzhaft so: Andere Männer in meinem Alter kaufen sich eine Harley-Davidson. Ich stelle mich der Bundesratskandidatur mit der Lust und dem Willen, mich mit meinem Rucksack voll und ganz zur Verfügung zu stellen. Mit Amtsmüdigkeit hat das nicht das Geringste zu tun, im Gegenteil! Wenn es nicht klappt, stelle ich mich gerne für weitere vier Jahre als Regierungsrat zur Verfügung. Ich habe es auch in der Parteiversammlung gesagt: Wenn es dieses Mal nicht klappt, dann ist die Tür nach Bern für mich zu.

Nicht unbedingt. Nächstes Jahr sind ja Ständeratswahlen.

Ich bitte Sie, das ist doch jetzt überhaupt kein Thema. Die Ernsthaftigkeit ­einer Bundesratskandidatur darf man ganz sicher nicht als Aufbaugeschichte für etwas anderes missbrauchen.

Wer sich im Bundeshaus geschmeidig ­bewegen will, muss mit allen kommunizieren können. Parlez-vous bien le ­Français?

Evidemment, la question du Français est très importante! Französisch und Englisch spreche ich recht gut, leider kein Italienisch. Als Lehrer habe ich sogar mal vier Wochen eine Sekundarschulklasse im Kanton Jura unterrichtet. Ich würde behaupten, ich spreche weit besser als nur Schulfranzösisch.

 

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