Altlastensanierung bei Schiessanlagen: Millionenkosten für Kanton

Maria Gerhard | 
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Mehrere Schiessanlagen müssen im Kanton Schaffhausen aufgrund von Altlasten saniert werden. Bild: Key

Für die Beseitigung bleiverseuchter Kugelfänge hat der Kanton bis zu zehn Millionen Franken eingeplant.

Am vergangenen Wochenende haben einmal mehr Tausende Schützen am Eidgenössische Feldschiessen teilgenommen und entsprechend viele Bleikugeln verschossen. Jahrelang landete die bleihaltige Munition in den Kugelfängen, den dafür vorgesehenen Erdwällen, hinter den Schiessanlagen. Diese Altlasten werden nun in der ganzen Schweiz saniert, und künstliche Kugelfänge werden installiert. Auch im Kanton Schaffhausen gehen die Arbeiten voran. In der Staatsrechnung 2017 wurden dafür unter den sogenannten Eventualverpflichtungen bis zu zehn Millionen Franken vorgesehen. Ein ganz schöner Batzen Geld. Fragt man beim Departement des Innern nach, relativiert Departementssekretär Andreas Vögeli die Zahl jedoch: «Das ist sehr hoch angesetzt, wir rechnen damit, dass es um einiges weniger wird.» Laut der Staatsrechnung sind es die Kugelfänge von etwa 150 Kurzdistanzscheiben und 290 Scheiben von 300-Meter-Schiessanlagen, die saniert werden müssen. Wobei noch nicht definitiv gesagt werden könne, wie viele es genau seien.

Herblingen ist schon saniert

Die Untersuchungen laufen teilweise noch, wie Iwan Stössel, der stellvertretende Amtsleiter vom Interkantonalen Labor (IKL), erklärt. Dabei würde gründlich vorgegangen, aber auch abgewägt, ob eine Sanierung sinnvoll sei. Das könne etwa von der Lage abhängen: Befinden sich die Kugelfänge im Wald ausserhalb von Grundwasservorkommen und nicht im Nahbereich von Oberflächengewässern, müssen diese Standorte grundsätzlich nicht saniert werden. «Es ist in unserem Interesse, nicht mehr Anlagen als bundesrechtlich notwendig als sanierungsbedürftig einzustufen», sagt er.

Bereits saniert wurden die Kugelfänge in Herblingen und Buchberg. Für beide Anlagen zusammen hat der Kanton in seiner Staatsrechnung 2017 bereits 100'000 Franken zurückgestellt. Ausgezahlt wurden die Gelder noch nicht. Für die Anlage in Herblingen steht die abschliessende Rechnung noch aus. Buchberg hat seine Sanierung gerade erst abgeschlossen. Die Schiessanlage wurde zurückgebaut. Das hat letztlich um einiges weniger gekostet als ursprünglich veranschlagt: Anfangs, nach einer ersten Prüfung, ging man von rund 250'000 Franken aus. «Jetzt werden es am Ende wohl 110'000 bis 115'000 Franken sein», sagt der Finanzreferent der Gemeinde, Robert Keller.

Ein mündlicher Beweis reicht

Besser noch wäre es gewesen, hätten die Buchberger das Militär und somit den Bund für die Sanierung zur Kasse bitten können. Denn bei den Kosten für die Sanierung gilt das Verursacherprinzip. Einerseits muss die Standortgemeinde als Grundeigentümerin zahlen, andererseits der Schützenverein oder eben das Militär. Dafür muss die Gemeinde aber beweisen, dass das Militär in vergangener Zeit auf der Anlage Gefechtsschiessen geübt hat. In Buchberg gibt es dafür Hinweise aus der älteren Bevölkerung. Nur Dokumente, die das belegen, gibt es offenbar keine. «Wir konnte den Nachweis nicht erbringen», sagt Keller. Janine Sägesser, im Interkantonalen Labor Fachbereichsleiterin Boden, Altlasten, sagt jedoch: «Es reichen auch mündliche Beweise, etwa von Personen, die gesehen haben, dass das Militär dort geschossen hat.»

Der Bund zahlt jedoch auch so an den Altlastensanierungen der Kugelfänge mit. Voraussetzung: «Ab Ende 2020 darf keine Munition mehr direkt in die Erde geschossen werden», sagt Sägesser. Bis zu diesem Zeitpunkt müsse die Gemeinde ihre Anlagen entweder stilllegen oder die künstlichen Kugelfänge installiert haben. Ist diese Voraussetzung erfüllt, zahlt der Bund aus dem Vasa-Fonds (Verordnung über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten) an die Sanierung. Pro Scheibe auf einer 300-Meter-Anlage gibt es 8000 Franken. Das deckt im Idealfall rund 40 Prozent der Gesamtkosten. Die restlichen 60 Prozent müssen nach dem erwähnten Verursacherprinzip gezahlt werden. Kann der Verursacher nicht ermittelt werden, oder ist er zahlungsunfähig, muss der Kanton die Ausfallkosten tragen.

Verständnis ist durchaus da

Entgegen der Meinung mancher, die Sanierungen seien völlig übertrieben, sieht Robert Keller klar einen Sinn dahinter: «Man hat ja eine Verantwortung gegenüber den Nachkommen.» Und es sei besser, die Sanierung jetzt durchzuführen, da die Gemeinde finanziell gut dastehe. «Wir haben unseren grünen Daumen jedenfalls bewiesen», sagt er.

Auch Stössel und Sägesser vom IKL haben die Erfahrung gemacht, dass die Gemeinden, alles in allem, Verständnis für die Notwendigkeit der Massnahmen aufbringen. «Gleichzeitig bedeuten die zu zahlenden Gelder eine ernsthafte Herausforderung für Gemeinden und Vereine», fügt Stössel hinzu. Da würde mitunter schon auch einmal gemurrt. «Aber nach Möglichkeit versuchen wir in Zusammenarbeit mit den Betroffenen eine pragmatische Lösung zu finden.»

Die Spannbreite der tatsächlichen Kosten richtet sich stark nach der lokalen Situation. Teuer sei vor allem die Entsorgung des belasteten Materials. Gestützt auf die Vasa-Vollzugshilfe des Bundes wird das hoch belastete Kugelfangmaterial mit Bleigehalt ab 1000 Milligramm pro Kilogramm Boden in einer Deponie Typ D entsorgt. Dort werden Abfälle mit einem erhöhten Schadstoffgehalt so abgelagert, dass eine Schadstoffauswaschung weitgehend verhindert wird. Sehr hoch belastetes Material mit Bleigehalt von mehr als 2000 Milligramm muss in einer Bodenwaschanlage behandelt werden.

Sensibles Vorgehen in Beggingen

Gemeinden, deren Sanierung gerade in Planung ist, sind beispielsweise Stein am Rhein, Neunkirch und Hallau. Ein besonderer Fall ist die Schiessanlage in Beggingen. Diese liegt in einer Grundwasserschutzzone. «Wir müssen dort sensibel vorgehen, damit während der Erdarbeiten keine Schadstoffe mobilisiert werden», sagt Stössel. Man sei im ständigen Austausch mit der Gemeinde. Der Kugelfang müsse aber unbedingt saniert werden. «Die Schadstoffe Blei und Antimon aus der Munition sind zwar vergleichsweise wenig mobil und bleiben oft für lange Zeit praktisch stationär im Boden.» Es sei aber auch bekannt, dass es unter bestimmten Voraussetzungen plötzlich zu einem sogenannten «Durchbruch» kommen könne: Viele Jahrzehnte nachdem die Schadstoffe in den Boden gelangt seien, könne es aufgrund chemischer Folgeprozesse relativ rasch zur Freisetzung kommen, und sie könnten dadurch ins Grundwasser und schliesslich ins Trinkwasser gelangen. «Davor haben wir Respekt», so Stössel.

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