Tote Jungschwäne: Jetzt klärt die Universität Bern die Todesursache ab

Isabel Heusser | 
Lesenswert
Noch keine Kommentare

Innert kurzer Zeit ist ein grosser Teil der Jungschwäne auf dem Schaffhauser Rhein gestorben. Nun soll das Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin in Bern die Todesursache untersuchen.

Diese Nachricht hat hohe Wellen geschlagen: Von 23 Jungschwänen auf dem Schaffhauser Rhein haben offenbar nur 8 überlebt. Ricky Meyer vom Tierrettungsverein Animal Rescue Schaffhausen hatte in den letzten Tagen am Ufer mehrere tote Jungtiere entdeckt und eingesammelt. Sie seien wohl aus Erschöpfung gestorben, weil sie keine freie Stelle gefunden hätten, um ans Ufer zu gelangen, vermutete er (Den Artikel dazu gibt es hier). Ein totes Jungtier wies ausserdem Bissverletzungen auf. Auf Facebook ist die Empörung über das Schwanensterben gross. «Alles wird verbaut und in Beschlag gno. Dä Rhy isch au zum Tummelplatz worde», schreibt jemand. «Nester absperren!», ein anderer.

Nun ist der Kanton aktiv geworden: Er hat zwei tote Jungschwäne, die Animal ­Rescue dem Kanton übergeben hat, zur Untersuchung ans Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin (Fiwi) der Universität Bern eingeschickt.

Dass nicht alle Jungvögel überlebten, sei zwar normal, sagt Andreas Vögeli, Leiter der kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung. Gewöhnlich legt ein Schwanenweibchen jeweils fünf bis acht Eier. «Sollten aber von 23 Jungschwänen innert weniger Tage tatsächlich 15 gestorben sein, sind das im Vergleich zu anderen Jahren viele», sagt Vögeli.

Beim Fiwi erfolge nun eine gründliche Analyse. Untersucht werden die Tiere unter anderem auf einen allfälligen Parasitenbefall, eine Vergiftung, den Körperbau – oder ob die Tiere allenfalls einer Seuche, etwa der Vogelgrippe, zum Opfer fielen. Das, so Vögeli, wäre dann der «Worst Case».

Eher zu viele Schwäne

Bis die vollständigen Ergebnisse vorliegen, kann es gemäss Vögeli Wochen dauern. Solche Untersuchungen würden bei Schwänen selten durchgeführt. Viel eher bei Raubvögeln, wo Vergiftungen immer wieder vorkämen. Im Kanton Zürich beispielsweise vergiftete ein Taubenzüchter im Jahr 2011 einen Wanderfalken, indem er das Gefieder einer Taube mit einem Pflanzenschutzmittel bestrichen hatte.

«Die Schwäne haben sich an den Menschen gewöhnt.»

Andreas Vögeli, Leiter kantonale Fischerei- und Jagdverwaltung

Auch der Schaffhauser Jungschwan, der Bissverletzungen aufwies, wird untersucht. «Danach weiss man, von welchem Tier es gebissen wurde und ob es beim Angriff noch lebte.» Dass Hunde Jungvögel angriffen, komme selten vor. Zum einen, weil die meisten Hundebesitzer ihre Tiere im Griff hätten und die Leinenpflicht ­beachten würden. Zum anderen, weil sich die Jungtiere meist ins Wasser retten könnten oder die Eltern schnell zur Stelle seien, um den Feind in die Flucht zu schlagen. «Sollte ein Hund wirklich einen jungen Schwan totgebissen haben, wäre das ein Einzelfall.»

Drei Schwanenarten gibt es in der Schweiz: den Sing-, den Zwerg- und den Höckerschwan. Bei den toten Jungtieren in Schaffhausen handelt es sich wahrscheinlich um Höckerschwäne, so Vögeli. Rund 30 Prozent der Schweizer Population befinden sich in der Region Bodensee. Heimisch war der Höckerschwan in der Schweiz ursprünglich nicht; er wurde einst eingeführt, um Parkanlagen zu verschönern. Wie viele Schwäne es auf dem Rhein bei Schaffhausen gibt, ist nicht bekannt, da die Tiere nicht gefährdet sind und ­deshalb kein Monitoring stattfindet. «Schweizweit sind es aber eher zu viele», sagt Vögeli.

Jungtiere in Ruhe lassen

Grundsätzlich würden die Tiere genügend Brutplätze finden. Nicht unbedingt am Lindli, doch Richtung Bodensee gibt es laut Vögeli ausreichend Nistplätze in Reservaten. «Ausserdem haben sie sich an den Menschen gewöhnt, der Dichtestress hat in den letzten Jahren nicht wirklich zugenommen.» Schwäne seien allerdings wie alle Wildtiere auf Rückzugsmöglichkeiten angewiesen – gerade während der Brutzeit oder wenn sie Nachwuchs hätten.

Vögeli rät, die Schwäne möglichst in Ruhe zu lassen. Dass die Jungtiere aus Erschöpfung gestorben sind, weil sie keine geeignete Ausstiegsstelle im Fluss fanden, kann sich Vögeli kaum vorstellen: «Sollte es aber so sein, müssten wir eventuell Massnahmen einleiten.»

Wer am Rheinufer ein verlassenes oder verletztes Schwanenjunges entdecke, sollte nicht auf eigene Faust aktiv werden, sagt er. Solche Rettungsaktionen seien zwar gut gemeint, aber: «Man sollte den Wildhüter kontaktieren. Er weiss, was zu tun ist.»

Ist dieser Artikel lesenswert?

Ja
Nein

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren