Die strahlenden Kinderaugen belohnen

Tito Valchera | 
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Auch eine Knieoperation kann den Neuhauser Samichlaus nicht bremsen: Pflichtbewusst hilft er heute aus und besucht Kinder.

In weissem Hemd und schwarzer Hose, leicht humpelnd, empfängt uns Stefan Schönauer in seinem Haus am Rande von Neuhausen. So stellen sich Kinder nicht den klassischen Samichlaus vor. In seinen zwanzig Jahren als Samichlaus hat Schön­auer viele Familien, Schulen oder Vereine besucht. Eine Begegnung, die ihn tief bewegt hat und an die er sich noch gut erinnert, war eine Waldspielgruppe, die auch behinderte Kinder dabei hatte. Ein Kind mit Trisomie 21 habe auf der Flöte ein Lied vorgespielt und die anderen hätten dazu gesungen. «Das Stück spielte alles auf dem gleichen Ton, doch alle Anwesenden hatten so Freude, haben geklatscht und waren hellauf begeistert – das hat mich stark beeindruckt», sagt er.

Vier bis fünf Besuche

Der Sekundarlehrer hat gerade eine Knieoperation hinter sich. «Ich war für heute nicht eingeplant, doch der 6. Dezember ist der wichtigste Tag für die Chläuse», sagt er. So werde er da, wo er gebraucht wird, einspringen und einige Familien besuchen. In der Regel bedeutet das vier bis fünf Familienbesuche. Von Haustür zu Haustür rechnet er 45 Minuten ein, davon sei man rund eine halbe Stunde zu Besuch. Da tauche er mit dem Schmutzli bei einer Familie auf, begrüsse alle Anwesenden wenn möglich mit Namen und lobe diejenigen, meist die Mütter, welche die Räumlichkeiten so schön geschmückt haben: «Ich höre dann zuerst zu und unterhalte mich dann mit den einzelnen Kindern. Ich lobe, was sie gut gemacht haben, und tadle, was verbesserungsfähig ist.»

«Ich lobe, was die Kinder gut gemacht haben, und tadle, was verbesserungsfähig ist.»

Schönauer, Samichlaus

Dann folgt die Bescherung, und die Kinder erhalten Nüssli, Lebkuchen, Mandarinen und Schokolade. «Am liebsten schütte ich einen Sack auf ein am Boden liegendes Tuch aus, wo sich die ganze Familie bedienen kann», sagt er. Einzelne, kleine Geschenke sind für die Kinder stets dabei. Mit dem ganzen Kommerz, der heutzutage den Sami-chlaus begleitet, hat Schönauer seine liebe Mühe. «Ich war schon als Sami­chlaus in Häusern, wo ich den Kindern, von der ganzen Familie umzingelt und gefilmt, Dutzende Geschenke überreichen musste», gibt er zu bedenken.

Positiv entwickelt habe sich in den letzten Jahren die abnehmende Furcht der Kinder gegenüber dem Samichlaus und dem Schmutzli. Letzterer ist heut nicht mehr schwarz geschminkt und hat eine braune Kutte. «Die Kinder tragen heute ohne Angst Verse vor, schauen auf dem Schoss vom Chlaus Bücher an – früher haben sie sich noch unter dem Tisch versteckt.» Es gebe allerdings auch Ausnahmen: «Es kommt auch vor, dass sich die Kinder auf ihr Zimmer verkriechen und ich mit ihnen durch die geschlossene Tür kommuniziere», sagt er.

Tradition aufrechterhalten

Er ist als Samichlaus unterwegs, weil die strahlenden Kinderaugen das beste Geschenk seien. Schönauer ist bei der katholischen St.-Nikolaus-Pfarrei Heilig Kreuz Neuhausen dabei. Er gehört somit zu einem Pool von rund einem Dutzend Samichläusen aus der Region um Neuhausen. «Als katholischer Samichlaus trage ich eine Bischofsmütze und habe einen Bischofsstab», sagt er. Bei der Samichlausfeier komme es nicht auf den Glauben an. Es sei ihm aber wichtig zu betonen, dass dieses Fest aus dem katholischen Glauben, nämlich vom heiligen Sankt Niklaus von Myra her stamme. «Wir gehen zu allen Interessierten – egal, woran sie glauben – und möchten diese christliche Tradition aufrechterhalten», sagt er.

Andere Länder, andere Sitten

Elena Castagna

Italien: Kohle gibt’s für die Unartigen

  • In der Lombardei, einer norditalienischen Gegend, ist es Brauch, den ­Samichlaus (italienisch «Santa Lucia») am 13. Dezember zu feiern.
  • Die Vorbereitungen für den Fest­abend beginnen in Italien allerdings schon zwei Wochen früher. Die Kinder schreiben Geschenkwunschlisten an die heilige Lucia und hängen Stroh an ihre Haustür. Am Vorabend stellen sie Milch und Kekse als Willkommensgruss für die Santa Lucia und ihren Esel bereit. ­Jedoch werden nur die Kinder beschenkt, welche das ganze Jahr über brav waren. Die frechen Kinder erhalten lediglich schwarze Kohlenstücke.
  • Der Morgen des 13. Dezembers steht dann im Zeichen grosser Auf­regung. Hat Santa Lucia die Wünsche der Kinder erfüllt? Wenn nicht, stattet die weiss gekleidete Heilige mit ihrem Esel den Kindern einen Besuch in der Schule ab. (ssc)

 

Heidi Bigmore

England: Er kommt durch den Kamin

  • In England gibt es am 6. Dezember keinen Samichlausbesuch . Denn der Chlaus heisst « Father Christmas» und kommt erst in der Nacht vor Heiligabend vorbei. «Als Kinder haben wir immer Socken in oder an den Kamin gehängt», erinnert sich Heidi Bigmore. Die wurden dann mit Süssigkeiten und kleinen Geschenken gefüllt.»
  • Für den Besucher, der durch den Kamin rutschte, wurden Guetsli und ein Glas Sherry oder Brandy bereitgestellt. «Davon haben wir immer selbst noch einen Schluck zurückbehalten», sagt Bigmore. Einen strengen Knecht Ruprecht muss man in Grossbritannien übrigens nicht fürchten.
  • Nach der Bescherung am 25. gibt es das traditionelle Festessen mit gefülltem Truthahn. Am Mittag wird die TV- Ansprache der Queen geschaut, und am 26. erhalten Briefträger, Müllarbeiter etc. kleine Geschenke. (efr.)

 

Margreet Verhoeven

Holland: Unterwegs mit dem Schimmel

  • Der Samichlaus (holländisch Sinterklaas ) kommt laut Tradition bereits Mitte November mit dem Schiff aus Spanien in einem holländischen Hafen an, dieses Jahr ist es Dokkum. Gefeiert wird dann am 5. Dezember.
  • In Holland ist die Bescherung an diesem Tag grösser als an Weihnachten selbst. Der Helfer des Sinterklaas ist der Zwarte Piet . Dieser ist traditionell schwarz bemalt, da er über den Kamin in die Häuser steigt. Seine Hautfarbe ist umstritten und hat in Holland zu vielen Diskussionen geführt. Die Mehrheit der Bevölkerung möchte diese Tradition aber beibehalten.
  • In der Familie von Margreet Verhoeven stellen die drei Kinder am Abend zuvor ihre Zeichnungen, aber auch Rüebli für den Schimmel, mit dem Sinterklaas unterwegs ist, bereit. Am nächsten Morgen stehen dann an ihrer Stelle die ersehnten Geschenke – auch gestern. (tva)

 

Matthias Kübler

Deutschland: Der Stiefel wird gefüllt

  • Am gleichen Tag wie in der Schweiz, also am 6. Dezember, wird in Deutschland der Samichlaus zelebriert. So auch in Jestetten bei der Familie Kübler. Nur heisst der Samichlaus Nikolaus . Er bringt den Kindern Essen und Süsses.
  • Mit dabei hat er anstatt dem Schmutzli seinen Helfer Knecht Ruprecht. Familienvater Kübler erinnert sich noch daran, wie er in seiner Jugend viel Respekt vor dem Besuch des Mannes im rot-weissen Kleid hatte. Die Rollen waren damals klar verteilt: Knecht Ruprecht war eher der Böse und Nikolaus der Liebevolle, Tröstende . Oft organisierten mehrere Familien zusammen einen Nikolausbesuch.
  • Die Kinder von Matthias Kübler stellen jeweils am Vorabend des 6. Dezembers ihre leeren Stiefel für den Nikolaus hin. Dieser kommt dann über Nacht und füllt diese mit Schokolade, Nüssen und Mandarinen. (tva)

 

Pascal Coffez

Frankreich: Ein Glas Wasser für den Esel

  • Vor allem im Norden Frankreichs, woher der SN-Karikaturist Pascal Coffez stammt, wird der Samichlaus (französisch Saint-Nicolas) mit grossen Stras­senumzügen und viel Musik gefeiert. Je nach Region oder Stadt leicht unterschiedlich, aber stets am 5. Dezember.
  • Am Abend des 5. Dezembers stellen die Franzosen vor dem Kamin für den Saint-Nicolas ein Glas Wein und für seinen Esel ein Glas Wasser und ein Rüebli hin. Assistiert wird der Saint-Nicolas vom Père Fouettard. Zusammen verteilen sie traditionell eine Orange, Mandarinen und pain d’épices (Gewürzbrot).
  • In der Familie Coffez ist dieser Festtag wichtig: So heisst eines der drei Kinder von Coffez Nicolas und der Karikaturist selbst hat in seiner Jugend in Lille eine gleichnamige Schule besucht. Für ihn machen das Zusammensein, das Essen und die Gespräche diese Feier so besonders. (tva)

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