Ein halbes Leben an der Theaterkasse

Schaffhauser Nachrichten | 
Noch keine Kommentare

39 Jahre lang war Doris Surbeck an der Theaterkasse im Stadttheater tätig. In Zukunft wird sie die Kasse nur noch von der anderen Seite sehen.

von Ronja Bollinger

Um etwas für sich zu sein, ging Doris Surbeck vor einigen Wochen wie gewohnt nach Zürich. Dort setzte sie sich auf eine Bank am See und nahm ein Buch hervor, um zu lesen. Nach nur fünf Minuten legte sie das Buch wieder hin. Bisher hatte sie Leute beneidet, die die Zeit hatten, am See zu sitzen und zu lesen. Nun hat sie die Zeit ebenfalls, aber es ist ungewohnt für sie.

Fast 39 Jahre lang hat Surbeck beim Stadttheater Schaffhausen gearbeitet, jetzt schaut sie auf die letzten Jahre zurück. Begonnen hat ihr Weg beim Theater bei der «Kleinen Bühne». Bereits als junge Frau stand sie für das Ensemble auf der Bühne. Zu ihrem Job an der Theaterkasse kam sie eigentlich per Zufall. Weil dort Personal fehlte, wurde Surbeck angefragt, ob sie als Aushilfe arbeiten könnte. Die gelernte Kindergärtnerin hatte zu diesem Zeitpunkt drei Kinder zu Hause zu betreuen und arbeitete deswegen nur aushilfsweise im Kindergarten. Da Surbeck im Theater nur am Abend gebraucht wurde, wenn ihr Mann wieder zu Hause war, nahm sie die Anfrage an.

Damals befand sich die Theaterkasse noch im Theaterrestaurant. Erst später wurden die Büroräume ins Thea­ter verlegt. «Das Büro in der Beiz gefiel mir am besten», sagt sie. «So konnten wir Billetts verkaufen, während nebenan Kaffee getrunken und getratscht wurde.»

39 Jahre lang denselben Beruf auszuüben – das kann man sich heute kaum mehr vorstellen. «Ich bin geblieben, da mich das Theater immer faszinierte und weil ich die Abwechslung liebte», sagt die Frau, die jahrelang Theaterkassen-Chefin war. Während der ganzen Zeit hat sie viele Neuerungen miterlebt. «Als ich anfing, tippten wir alle Rechnungen noch auf der Schreibmaschine, und die Billetts und Abokarten wurden von Hand beschriftet», erzählt sie. Selbst während der Schwangerschaft hat sie die Arbeit nicht liegen lassen. «Im Spital hatte ich gar ein extragrosses Zimmer, und das Bett war übersät mit Abokarten, die ich beschriftet habe.» Praktisch war auch, dass ihr Ehemann nach einigen Jahren ebenfalls anfing, im Theater zu arbeiten. Da teilte man sich sogar ein gemeinsames Büro.

«Ich liebe die Atmosphäre, kurz bevor ein Theaterstück beginnt. Egal, ob es vor einem eigenen Auftritt ist oder ob ich Karten verkaufe», sagt Surbeck. Jede einzelne Aufführung sei speziell gewesen, und jedes Mal gab es anderes vorzubereiten. Da Doris Surbeck an der Kasse sass, hatte sie nur selten direkten Kontakt mit den Schauspielern. Dennoch kam es manchmal zu schönen Begegnungen. Eine ist ihr besonders im Gedächtnis geblieben. «In jungen Jahren kam Schauspieler Benedict Freitag zu mir an die Kasse. Ich fand ihn sehr attraktiv und wusste gar nicht, was ich sagen sollte», erzählt sie mit einem Lächeln im Gesicht. Auch der divenhaften Mutter von Freitag, Maria Becker, ist Surbeck begegnet. «Sie durfte man aber keineswegs ansprechen», erzählt sie.

«Eine Person kündigte bei mir ihr Theaterabonnement, weil sie der Parfumgeruch des Sitznachbars störte.»

Doris Surbeck, Ehemalige Leiterin der Theaterkasse

Durch den jahrelangen Kontakt mit den Theaterkunden erlebte Surbeck immer mal wieder lustige Geschichten. «So kündigte eine Person ihr Theaterabo bei mir, weil sie das Parfum des Sitznachbars störte», erinnert sie sich.

An ihren Ruhestand muss sich Doris Surbeck erst einmal gewöhnen. Pläne hat sie aber schon. «Mit fünf Kindern hatten wir früher nicht die Möglichkeit, viel zu reisen. Das möchte ich in den nächsten Jahren nachholen.» Das Theater wird aber auch weiterhin ein wichtiger Teil ihres Lebens bleiben – sowohl als Zuschauerin als auch als Schauspielerin. «Das Theater wird für mich immer etwas Besonderes bleiben», sagt sie.

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren