Über eine Million Umsatz mit Hanfanlage

Daniel Jung | 
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Polizeibild der professionell eingerichteten Hanf-Indoor-Anlage, die am 14. Dezember 2015 in Löhningen ausgehoben wurde. Bild: SHPol

Zwei Schweizer haben in Löhningen einen grossen Hanf-Indoor-Anbau betrieben. Gestern wurden sie vom Kantonsgericht zu teilbedingten Haftstrafen verurteilt.

Am frühen Morgen des 14. Dezembers 2015 hat die Schaffhauser Polizei in Löhningen eine professionell eingerichtete Hanf-Indoor-Anlage ausgehoben. Die Polizei meldete damals, dass über 1200 Hanfpflanzen und rund 5,6 Kilogramm Marihuana sichergestellt wurden. Ausgelöst wurde der Grosseinsatz durch einen anonymen Hinweis, den die Polizei erhalten hatte. Sie setzte darauf eine Wärmebildkamera ein, um das Gebäude zu beobachten, und machte schliesslich eine Hausdurchsuchung.

Die Anlage befand sich im Keller des historischen Hauses zur Blume, verteilt auf drei Räume. Sie wurde noch am selben Tag von der Polizei geräumt. Zwei Männer, die heute 43 und 44 Jahre alt sind, wurden in Untersuchungshaft genommen, für jeweils 41 Tage. Gestern mussten sich die beiden Schweizer vor dem Schaffhauser Kantonsgericht verantworten. Den Männern wurde vorgeworfen, als Bande gewerbsmässigen Drogenanbau und -handel betrieben zu haben. Vor Gericht verweigerten die beiden die Aussage.

Da der Keller gut isoliert war und die Indoor-Anlage über eine professionelle Filter- und Lüftungsanlage verfügte, roch man den Hanf weder inner- noch ausserhalb des Hauses. Die Kellereinrichtung verfügte über Aktivkohlefilter, eine Bewässerungsanlage, eine Trocknungsanlage und ein Notstromaggregat.

Monatsmiete von 7000 Franken

Wann sie mit dem Betrieb des illegalen Hanfanbaus begonnen haben, konnte die Staatsanwaltschaft nur indirekt ermitteln. Die beiden Männer hatten das Haus in Löhningen im Sommer 2013 gemietet und danach auch dort gewohnt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass spätestens im November 2013 mit dem Hanfanbau gestartet wurde. «Die Miete für das Haus belief sich auf 7000 Franken im Monat», sagte Staatsanwältin Aska Ebizuka gestern. Diese hohen Kosten hätten die beiden Männer nur deshalb tragen können, weil sie den Hanfanbau betrieben hätten. Denn gemäss Staatsanwaltschaft waren beide Männer im Sommer 2013 sowohl mittel- als auch arbeitslos. «Sie beschlossen, künftig mit der Produktion von grossen Mengen Marihuana ein gewinnbringendes Geschäft aufzuziehen, um so ihren Lebensunterhalt zu finanzieren», erklärte Ebizuka.

Beide Männer waren gemäss Anklage gleichmässig am Hanfanbau, am Unterhalt der Anlage und am Drogenhandel beteiligt. Das Duo erzielte gemäss Staatsanwaltschaft mindestens sechs Hanfernten von je rund 900 Pflanzen und produzierte so mindestens 360 Kilogramm Marihuana. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Bruttoumsatz von mindestens 1,08 Millionen Franken aus.

Illegal Strom abgezweigt

Der Strom für den Betrieb der Anlage wurde auf illegale Weise bezogen – er wurde vom öffentlichen Stromnetz abgezweigt, und zwar vor dem Stromzähler der Liegenschaft in Löhningen. «Es ist klar, dass hier Leute tätig ­waren, die ihr Handwerk verstehen», sagte Ebizuka. So konnten die Männer einerseits die Stromkosten sparen, andererseits fiel ihr hoher Verbrauch nicht auf. Bis zum Dezember 2015 haben die zwei Hanfproduzenten gemäss Schätzungen rund 375 000 Kilowattstunden Strom abgezweigt und so das Elektrizitätswerk des Kantons Schaffhausen (EKS) um rund 65 000 Franken geschädigt. Im Verfahren trat das EKS als Privatkläger auf und forderte entsprechenden Schadenersatz.

Der jüngere der beiden Männer wurde zudem wegen Besitz und Konsum von illegalen Betäubungsmitteln angeklagt. An seinem Wohnort waren im Dezember 2015 insgesamt 35 Psilocybinpilze, drei Snifferröhrchen mit Kokainanhaftungen sowie Marihuana und Haschisch gefunden worden.

Die Staatsanwaltschaft beantragte für beide Männer eine teilbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren. Davon sollten sie je ein Jahr absitzen, zwei Jahre wurden bedingt aufgeschoben. Ebenfalls beantragte die Staatsanwältin bedingte Geldstrafen für beide sowie eine Busse für den Drogenkonsum des jüngeren Manns.

«Keine Beweise»

Ganz anders wurde die Situation von den Anwälten der Beschuldigten dargestellt: Der jüngere der beiden Männer hatte noch in Untersuchungshaft gestanden, eine gewisse Menge Hanf angebaut zu haben. Jedoch sei die Anlage, wie sie die Polizei angetroffen habe, erst wenige Wochen zuvor in Betrieb genommen worden. Davor habe er in viel kleinerem Umfang Marihuana produziert. Er räumte ein, insgesamt rund 12 Kilo Rauschgift produziert zu haben. «Die Staatsanwaltschaft meint, dieses Geständnis sei nicht glaubwürdig», sagte Rechtsanwalt Bernard Rambert. Dabei gebe es keinerlei handfeste Beweise, welche die Behauptungen der Anklage über die lange Dauer und die hohen Erntemengen stützen würden. «Kein einziges Faktum belegt die Rechnungen der Staatsanwaltschaft», sagte Rambert, «es sind alles nur Mutmassungen.» Der Anwalt beantragte eine bedingte Haftstrafe von höchstens sechs Monaten für seinen Mandanten.

«Kein einziges Faktum belegt die Rechnungen der Staatsanwaltschaft – es sind alles nur Mutmassungen.»

Bernard Rambert, Rechtsanwalt

Rechtsanwältin Barbara Wille, die den 44-jährigen Mann verteidigt, beantragte für ihren Mandanten einen Freispruch, eine Genugtuung für die Untersuchungshaft sowie eine Entschädigung für entstandene Kosten. Sie erklärte, dass die beiden Männer geplant hatten, in Löhningen eine Gastronomieberatungsfirma aufzubauen, womit sie aber nicht erfolgreich waren. «Es war dieses Projekt, das die beiden nach Löhningen führte», sagte sie. Danach übernahmen die zwei Männer im Frühling 2015 einen Gastronomiebetrieb in der Stadt Schaffhausen. Wille kritisierte die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft: Sie sprach von spärlichen Abklärungen, fehlenden Belegen und falschen Schlussfolgerungen. «Die Staatsanwaltschaft bleibt die Beweise für die Anklage schuldig», sagte sie.

Die zweite Strafkammer des Kantonsgerichts (Vorsitz Andreas Textor, Kantonsrichterinnen Manuela Hardmeier und Eva Bengtsson) folgte in ihrem Urteil weitgehend der Anklage: Beide Männer wurden zu dreijährigen Haftstrafen verurteilt, wobei ein Jahr vollzogen und zwei Jahre bedingt aufgeschoben werden. Ebenfalls erhielten beide Männer bedingte Geldstrafen über 180 Tagessätze à 110 Franken, und sie müssen je 25 000 Franken Ersatzforderung an die Staatskasse abliefern – «als Ersatzforderung für den unrechtmässig erzielten Vermögensvorteil». Daneben werden ihnen auch Gerichtskosten und Barauslagen verrechnet.

In seiner Urteilsbegründung sah es Richter Textor als erwiesen an, dass die Männer den Hanfanbau gewerbsmässig und als Bande betrieben und damit mehr als eine Million Franken Umsatz erzielten. Zwar sei es fraglich, welche Mengen an Hanf tatsächlich produziert worden seien – jedoch erachtete das Gericht die von der Staatsanwaltschaft berechneten Erträge als Schätzung am unteren Rand, die von zahlreichen Indizien gestützt werde.

Auch wegen des Stromklaus wurden die beiden Männer verurteilt. Jedoch wurde die Schadenersatzforderung des EKS auf den Zivilweg verwiesen – auch weil das Gericht die Höhe des erlittenen Schadens tiefer einschätzte. Der Jüngere wurde auch ­wegen Drogenkonsum verurteilt.

Unmittelbar nach der Urteilseröffnung kündigten die Verteidiger an, das Urteil an die nächste Instanz weiterzuziehen. So wird sich also bald das Schaffhauser Obergericht mit dem Fall befassen.

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