Jeder sechste Schaffhauser lebt allein

Serena Schelling (ssc) | 
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Wo früher Grossfamilien zu Hause waren, leben heute Paare oder Einzelpersonen. Geburtenschwache Jahrgänge und die zunehmende Lebenserwartung sind unter anderem Gründe für diese Entwicklung. Folglich gibt es weniger Menschen, die jedoch mehr Wohnfläche benötigen.

Schaffhausen im Jahr 1960: Die klassische Familie besteht aus den Eltern, einer Tochter und einem Sohn. Die Rollenverteilung ist klar: Der Mann arbeitet, die Frau schmeisst den Haushalt. Die schweizweite Haushaltsgrösse betrug damals rund drei Personen im Schnitt.

2016 ist alles anders. Grosse Familien sind eine Seltenheit, die durchschnittliche Schweizer Haushaltsgrösse liegt noch bei 2,24 Personen. Im Kanton Schaffhausen sind die Haushalte sogar noch kleiner. Hier sind es im Schnitt 2,17 Personen. Noch 2010 waren es 2,19. Im schweizweiten Vergleich rangiert der Kanton Schaffhausen damit auf den hinteren Plätzen. Vor den Kantonen Tessin (2,15 Personen/Haushalt), Graubünden (2,16 Personen/Haushalt) und Basel-Stadt (letzter Platz mit 1,95 Personen) belegt Schaffhausen zusammen mit Bern und Neuchâtel den viertletzten Platz. Der Kanton Thurgau belegt im nationalen Vergleich den 7. Platz mit 2,30 Personen pro Haushalt und Zürich den 13. mit 2,20 Personen von insgesamt 17 Plätzen. Am meisten Menschen pro Haushalt leben im Kanton Appenzell Innerhoden mit durchschnittlich 2,49 Personen. Alle statistischen Informationen stammen vom Bundesamt für Statistik.

Die Anzahl der Einpersonenhaushalte steigt

Die am meisten vertretene Haushaltsform im Kanton Schaffhausen ist der Einpersonenhaushalt. Davon gibt es rund 13 300; etwa jede sechste Person im Kanton lebt allein. Die meisten Schaffhauser, etwa 25 000, leben allerdings in Zweipersonenhaushalten. Darunter fallen Ehepaare, aber auch zum Beispiel Alleinerziehende mit einem Kind.

Haushalte, die sechs oder mehr Personen beinhalten, machen lediglich einen Prozentsatz von 1,53 respektive 4,25 Prozent aller Schaffhauser Einwohner aus. Die meisten Haushalte gibt es in der Stadt Schaffhausen (rund 17 000 Haushalte), wobei 40,21 Prozent den Einpersonenhaushalten entsprechen. Am ­wenigsten Haushalte gibt es in der Gemeinde Bargen (136) mit einem Anteil von rund einem Drittel an Einpersonenhaushalten. Was sich herauskristallisiert, ist, dass es in den ländlichen Gegenden durchschnittlich grössere Haushalte gibt als in den grösseren Gemeinden. In Zahlen ausgedrückt sieht der Vergleich wie folgt aus: 2,15 Personen pro Haushalt leben in Diessenhofen, Neuhausen, Stadt Schaffhausen und Stein am Rhein. Der Durchschnitt aller anderen Gemeinden liegt bei 2,36 Personen.

Eine Auswahl der Zahlen zu den Privathaushalten (alle Zahlen zu den Jahren 2016 und 2010 gibt es hier)

Bemerkenswert ist auch, dass die Zahl der Gemeinden, in denen Einpersonenhaushalte die häufigste Haushaltsform sind, zugenommen hat. 2010 waren Single-Haushalte in Diessenhofen, Mammern, Neuhausen und der Stadt Schaffhausen am häufigsten. Sechs Jahre später traf dies auch auf die Gemeinden Feuerthalen, Rheinau und Stein am Rhein zu.

Auf nationaler Gemeindeebene belegte Blitzingen im Kanton Wallis mit 1,67 Personen pro Haushalt den letzten Platz im Jahr 2016. An der Spitze lag die Gemeinde Chancy im Kanton Genf mit durchschnittlich 3,14 Personen pro Haushalt. Im Verteilgebiet der SN befanden sich die grössten Haushalte in Stetten (2,66 Personen) und die kleinsten in Stein am Rhein (2,08 Personen). Die Stadt Schaffhausen lag 2010 sowie 2016 bei 2,09 Personen pro Haushalt.

Geburtenrückgang und hohe Lebenserwartung als Grund

Indikatoren für den Zuwachs der Einpersonenhaushalte seien vor allem der Geburtenrückgang und die Überalterung der Gesellschaft, sagt Andrea Mosimann vom Bundesamt für Statistik. Im Jahr 1970 kamen in der Schweiz 69 529 Kinder auf die Welt, 2015 waren es noch 52 213. Das entspricht einem Rückgang von rund 25 Prozent. Zudem werden die Leute heute tendenziell älter und erreichen ein Durchschnittsalter von 83,4 Jahren, wobei 1981 die Lebenserwartung noch bei rund 76 Jahren lag. Der Mix aus der zunehmenden Lebenserwartung und dem Geburtenrückgang erkläre den Anstieg von Ein- und Zweipersonenhaushalten, sagt Mosimann (siehe dazu auch Interview).

Nachgefragt

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Andrea Mosimann, Bundesamt für Statistik

«Es sind insbesondere ältere Frauen, die allein leben»

Mami, Papi, ein paar Kinder und auch noch die Grosseltern im gleichen Haushalt? Das war früher völlig normal. Noch 1930 lebte mehr als die Hälfte der Schweizer in einem Haushalt mit fünf Personen und mehr. Allein zu leben, war damals eine grosse Ausnahme. Heute sind Grossfamilien eine Seltenheit. Diese Entwicklung der Haushalte wird vom Bundesamt für Statistik (BFS) analysiert. Doch warum gibt es diese Veränderungen? Andrea Mosimann, tätig in der Sektion Demografie und Migration beim BFS, behält im Datendschungel den Überblick.

Weshalb gibt es immer mehr Einpersonenhaushalte?

Der Anstieg der Einpersonenhaushalte hängt unter anderem mit der steigenden Lebenserwartung zusammen. Es sind ins- besondere ältere Frauen, die allein leben. Dies erklärt sich einerseits durch die Kumulation der höheren Lebenserwartung von Frauen und andererseits durch den Altersunterschied bei Paaren; bei der Mehrheit der Paare ist der Mann älter als die Frau. Zudem erfolgt die Familiengründung heute tendenziell später, und junge Leute, die das Elternhaus verlassen, leben oft zuerst allein. Der relativ hohe Anteil von Einpersonenhaushalten hängt auch mit dem ökonomischen Wohlstand in der Schweiz zusammen. Junge sowie ältere Erwachsene können es sich leisten, eine eigene Wohnung zu haben.

Die meisten Menschen leben in Zweipersonenhaushalten. Wie gestalten sich diese Haushalte?

Anhand der Daten der Strukturerhebung aus dem Jahr 2015 ergibt sich für die Zweipersonenhaushalte folgende Verteilung: Die Paarhaushalte machen 82,5 Prozent der Zweipersonenhaushalte aus, und sonstige Lebensformen, wie Wohngemeinschaften, liegen bei 17,5 Prozent.

Warum ist die Zahl der grossen Haushalte rückläufig?

Mosimann: Das hängt mit einem leichten Rückgang der Kinderzahl pro Haushalt zusammen. Zudem trägt auch die steigende Lebenserwartung dazu bei, dass grosse Haushalte anteilmässig weniger ins Gewicht fallen. Wenn das Alter, mit dem die Kinder das Elternhaus verlassen, in etwa konstant bleibt und damit die Lebensphase, in der die Eltern mit ihren Kindern zusammenleben, annähernd gleich ist, gibt es bei steigender Lebenserwartung anteilmässig mehr Paar- und Einpersonenhaushalte von jungen Personen, die noch keine Kinder haben beziehungsweise von Müttern und Vätern, deren Kinder den Haushalt bereits verlassen haben («Empty Nest»).

Weshalb ist eine Statistik zu den Haushaltsgrössen der Schweiz relevant?

Die Haushaltsstatistik bildet eine wichtige Grundlage für die Raumplanung. Der Bedarf an Wohnraum hängt stark mit der Entwicklung der Wohnformen zusammen. Zudem ist sie eine Informationsquelle für die Planung im Gesundheitsbereich. Wichtige Nutzer der Haushaltsstatistik sind Bund, Kantone und Gemeinden. Die Haushaltsstatistik dient ferner auch wissenschaftlichen Zwecken, da sie erlaubt, die Veränderung der Haushaltsstrukturen sowie der Wohnformen über die Zeit hinweg zu analysieren. Diese Resultate können wiederum zur konkreten Behandlung politischer Fragen in den Bereichen Raumplanung, Gesundheit, Familienpolitik und so weiter beitragen.

Interview Serena Schelling

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