19 Firmenansiedlungen im letzten Jahr

Zeno Geisseler | 
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Angesiedelte Unternehmen trugen 2016 massgeblich zu Rekordeinnahmen bei den Unternehmenssteuern bei. Wirtschaftsförderer Christoph Schärrer, Regierungsrat Ernst Landolt und Patrick Schenk, Leiter der Geschäftsstelle für Regional- und Standortentwicklung, gestern vor der Presse. Bild: S. Hoffmann

Die Wirtschaftsförderung verbucht das Jahr 2016 als Erfolg. Mit der Neuansiedlung von 19 Unternehmen sei man auf dem richtigen Weg. Doch aktuell herrscht hier und da Verunsicherung.

Brexit, «America First», Ablehnung der Unternehmenssteuerreform durch die Stimmbevölkerung – das sind nur drei aktuelle Entwicklungen, die im Moment für international tätige Unternehmen ein Klima der Unsicherheit verursachen. Eine instabile Eurozone, die mögliche radikale Senkung der Unternehmenssteuern in den USA durch Trump und die auf 2019 nötig werdende Abschaffung von privilegierten Steuersätzen – das ist ein Mix, der auch in Schaffhausen Folgen zeitigt. «Sowohl ansässige wie auch ansiedlungsinteressierte Firmen sind in diesem Umfeld äusserst zurückhaltend bei ihren Investitionsentscheiden», sagt Christoph Schärrer.

Ansonsten kann der Schaffhauser Wirtschaftsförderer Schärrer auf ein ­erfolgreiches Jahr zurückblicken. 19 Unternehmen konnte die Wirtschaftsförderung vom Standort Schaffhausen überzeugen – gleich viele wie im Vorjahr. Acht Firmen aus den USA, neun aus dem EU-Raum sowie zwei asiatische Unternehmen haben im vergangenen Jahr ihre Zelte im Kanton aufgeschlagen. Es sind Firmen, die zum Beispiel in den Bereichen Medizinaltechnik, Handel oder Chemie tätig sind. Mit den 19 Ansiedlungen gehört Schaffhausen zu den erfolgreichsten Kantonen der «Greater Zurich Area», wie Schärrer gestern vor den Medien sagte. Nicht mitgerechnet ist dabei die Grossbank UBS, die bekanntlich im letzten Jahr entschieden hat, ein Bu­siness Solution Center mit bis zu 500 Arbeitsplätzen in die Region zu bringen. Dies ist ebenfalls der Tätigkeit der Wirtschaftsförderung anzurechnen, die im letzten Jahr zudem aktive Marktberatung auf drei Kontinenten sowie 130 Beratungen für ansässige Firmen übernommen hat, etwa bei Ausbau- und Investitionsvorhaben.

98 Mio. Steuern von Angesiedelten

Denn die allgemein gute Entwicklung der Schaffhauser Unternehmen schlage sich in der Staatsrechnung 2016 nieder. «Für das rekordhohe Ergebnis sind die hohen Erträge aus den Unternehmenssteuern massgeblich verantwortlich. Von den besten 50 Steuerzahlern im Kanton sind rund die Hälfte Unternehmen, die wir in den letzten Jahren hier ansiedeln konnten», sagte Volkswirtschaftsdirektor Ernst Landolt. In Franken ausgedrückt heisst dies: Die Steuereinnahmen, die im Steuerjahr 2015 allein durch angesiedelte Unternehmen und ihre im Kanton wohnhaften Mitar­beitenden – total rund 500 Firmen seit 1997 – erzielt wurden, betrugen 98,2 Millionen Franken und haben damit ein Allzeithoch erreicht (Vorjahr: 82,6 Mio. Fr.).

Ausserdem seien seit den Anfängen der Wirtschaftsförderung im Jahr 1997 rund 2500 Arbeitsplätze im Kanton neu geschaffen worden. Landolt sieht darin die langfristige Wirtschaftsstrategie des Kantons bestätigt, die aus aktiver Standortförderung zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und einer Regional- und Standortentwicklung besteht, mit der innovative Projekte realisiert werden. «An diesem Weg, der in der Krise vor zwanzig Jahren eingeschlagen wurde, hält die Regierung auch weiterhin fest», so Landolt.

Für ansiedlungsinteressierte Unternehmen könne Schaffhausen im zunehmenden Wettbewerb zwischen den ­Regionen in erster Linie mit einer guten Verfügbarkeit von Fachkräften, der günstigen Verkehrslage und einem «attraktiven Kostenmix» (Steuern, Lohnniveau, Mieten) punkten – das geht aus einer Umfrage der Wirtschaftsförderung vom letzten Jahr hervor.

Patrick Schenk, Leiter der Geschäftsstelle Regional- und Standortprojekte, informierte über die Tätigkeiten seiner Stelle. Gegenwärtig sind 19 Projekte zur Verbesserung des Standorts Schaffhausen am Laufen. Neu vom Regierungsrat bewilligt und neu hinzugekommen sind im ver­gangenen Jahr das Projekt Hochschule Schaffhausen, die Konzeptarbeit für die Realisierung eines Dampfschiffs auf dem Rhein sowie der Aufbau einer vir­tuellen Einkaufs- und Erlebnisregion Schaffhausen. Am weitesten fortgeschritten sei das Projekt Hochschule – sie solle schon im Herbst 2017 mit einem Businesslehrgang ihren Betrieb aufnehmen, erklärte Schenk. Gesamthaft sind RSE-Projekte im Umfang von 45 Millionen Franken am Laufen. Beteiligt daran sind der Kanton und der Bund mit je rund 23 Prozent und die Projektträger selbst (54 Prozent). «Diese Werte bringen die grosse Leistungsbereitschaft und das Engagement der Projektträger für die Region zum Ausdruck», sagte Schenk.

Als einen Schwerpunkt für 2017 ­definieren Wirtschaftsförderung und RSE-Stelle die Innovationskraft. Schärrer denkt da an ein Schaffhausen als Anwendungsregion für zukunftsgerichtete Technologien. «Wir müssen auf einen Standort hinarbeiten, wo neue Ideen positiv aufgenommen werden», sagte er. Eine Arbeitsgruppe will dazu das unternehmerische Umfeld und die Start-up-Szene unter die Lupe nehmen.

Vorwärts schauen

Insgesamt 19 Unternehmen haben Wirtschaftsförderer Christoph Schärrer und sein Team im letzten Jahr nach Schaffhausen geholt, gleich viele wie im Jahr davor. Bei diesen Zahlen handelt es sich aber nur um die internationalen Ansiedlungen. Der grösste Coup, gelandet im November, war ein nationaler: Die Schweizer Grossbank UBS bringt in einem ersten Schritt 150 Mitarbeitende nach Herblingen, dort hat es sogar Platz für bis zu 500 Angestellte. Schaffhausen ist also im nationalen und internationalen Vergleich sehr konkurrenzfähig und hat einiges zu bieten. Am deutlichsten wird der Erfolg der Wirtschaftsförderung aber an einer anderen Zahl: Über 83 Millionen Franken an Unternehmenssteuern sind 2016 bezahlt worden, ein ein­samer Rekord. Dank den Beiträgen der Unter­nehmen ist der Kanton weit, weit aus den roten Zahlen gekommen.

Das Geld, dies sei fairerweise gesagt, stammt nicht nur von Firmen, die angelockt wurden, sondern auch von alteingesessenen, zudem spielten Sonderfaktoren wie Nachzahlungen eine Rolle. Und trotzdem: Die Hälfte der 50 besten Steuerzahler unter den Unternehmen wurde aus dem Ausland zu uns gelockt. Es ist eindeutig, dass die Steuererträge ohne die Leistungen der Wirtschaftsförderung deutlich tiefer ausgefallen wären.

Diese Steuereinnahmen erfüllen keinen Selbstzweck. Die Wirtschaftsförderung bezeichnet die Erhöhung der Lebensqualität explizit als eine ihrer Kernaufgaben. Man mag dies als arg schönfärberisch abtun, aber es ist schon etwas dran: Die Steuergelder der Unternehmen und der Privatpersonen sorgen dafür, dass der Kanton seine Leistungen erbringen kann. Wir haben ein sehr gutes Gesundheitssystem, um unsere Schulen werden wir beneidet, und unser soziales Netz ist stark. Das alles ist auch Lebensqualität, und das alles kostet Geld.

Doch nicht nur die Steuereinnahmen sind für den Kanton zentral, sondern auch die Arbeitsplätze. Rund 2500 Arbeitsplätze gingen per Ende 2016 auf das Konto von Ansiedlungen – die UBS, die erst 2017 in Schaffhausen ausbaut, ist da noch nicht mitgerechnet.

Umso unverständlicher ist es, dass linke Parteien mit Ausdauer und Eifer alles nur Erdenkliche tun, um die Firmen zu verjagen und so Steuereinnahmen und Arbeitsplätze zu vernichten. Die – leider erfolgreiche – Attacke auf die Unternehmenssteuerreform III hat das Vertrauen in den Standort Schweiz nachhaltig erschüttert. In einer Umfrage der Wirtschaftsförderung bezeichneten hiesige Unternehmen im letzten Jahr die Steuerbelastung als zweitwichtigsten Standortfaktor überhaupt. Noch wichtiger war nur die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften. Doch dies scheint viele Linke nicht zu kümmern. In Schaffhausen haben sie schon zum nächsten Schuss nachgeladen: Im Mai stimmt das Volk über die SP-Initiative «Keine Steuergeschenke für Grossaktionäre» ab, und dieses Mal sind die KMU die Zielscheibe. Man muss kein Unternehmens­berater mit MBA-Abschluss sein, um sich vorzustellen, wie diese Initiative in Wirtschaftskreisen aufgenommen wird.

Was kann Schaffhausen nun tun, um für die Unternehmen ein freundliches Klima zu schaffen und Abgänge zu verhindern? Die ehrliche Antwort lautet: im Moment nicht viel. Die grösste Unsicherheit liegt bei einer allfälligen neuen Unternehmenssteuerreform, und da liegt der Ball in Bern. Dass Schaffhausen aus eigener Kraft eine kantonale Reform an die Hand nähme, wäre erstens zu teuer und zweitens gar nicht so einfach, weil die Bundesgesetze ja nicht einfach ignoriert werden können.

Sobald der Bund die Eckwerte der nationalen Reform bestimmt hat, wird sich unser Kanton mit seiner Gesamtsteuerbelastung international konkurrenzfähig positionieren müssen. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den USA, seit Jahren eines der wichtigsten Herkunftsländer für Ansiedlungen. Wenn Donald Trump seine Wahlversprechen wahr macht und die Unternehmenssteuern mehr als halbiert – und Schaffhausen dem nichts entgegensetzt –, dann nützt alles Schwärmen von Rhein und Reben nichts mehr. Schaffhausen muss also wachsam bleiben, und eine starke Wirtschaftsförderung ist dafür die beste Garantin.

Unternehmenssteuer: Abwarten ist angesagt

Als einen der Unsicherheitsfaktoren im aktuellen Umfeld bekommen auch die Unternehmensstandorte die Folgen der Ablehnung der Unternehmenssteuerreform III durch das Volk im Januar zu spüren. Die Kantonsregierung hat dargelegt, dass sie die Unternehmenssteuer bei 12 bis 12,5 Prozent festlegen will. Könnte sie dies jetzt, nach dem Nein, nicht in eigener Regie durchsetzen? Volkswirtschaftsdirektor Landolt sagt: «Wir wollen sehen, was auf Bundesebene passiert. Falls da bis Mitte Jahr nichts Schlaues kommt, dann müssen wir tatsächlich überlegen, ob wir halt ohne die Rahmenbedingungen des Bundes auf eigene Faust ein Modell ausarbeiten wollen.» Schwierig wäre dies vor allem, weil der in der Reform vorgesehene höhere Kantonsanteil an der Bundesteuer (21 statt wie heute 17 Prozent) fehlen würde, was den Handlungsspielraum finanziell einschränkt.

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